„Die Renaissance einer Ikone“:  Noch ein Jahr bis zur Wiedereröffnung von Notre-Dame de Paris (8.12.2023/8.12.2024)

Der Brand von Notre – Dame am 15. April 2019 war ein gewaltiger Schock.

Der Dachstuhl in Flammen, der Dachreiter kurz vor dem Einsturz.[1]

Immerhin ist es eines der bekanntesten und meistbesuchten Bauwerke der Welt und es repräsentiert wie kein anderes die Geschichte Frankreichs. Das erklärt auch die überwältigend große und breit gestreute Bereitschaft, den Wiederaufbau der Kathedrale zu unterstützen. Insgesamt kamen Spenden in Höhe von 846 Millionen Euro aus 150 Ländern zusammen. Und es veranlasste den französischen Präsidenten zu dem kühnen Versprechen, innerhalb von 5 Jahren Notre-Dame wieder aufzubauen.[2]  Und tatsächlich: Am 8. Dezember 2024, dem Tag, an dem Katholiken die unbefleckte Empfängnis der Gottesmutter Maria feiern (Mariä Empfängnis), soll die Kathedrale wieder für die Öffentlichkeit zugänglich sein; auch wenn die Bauarbeiten dann noch nicht ganz abgeschlossen sein werden.

Der Wiederaufbau erfolgt, so wurde es 2020 beschlossen, in der ursprünglichen Form. Dass genau der Zustand der Kathedrale aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wiederhergestellt werden soll, wurde u.a. mit den Anforderungen der UNESCO begründet, zu deren Welterbestätten Notre-Dame gehört. Es gab deshalb auch keinen Architektenwettbewerb für alternative Lösungen. [3] Brandschutz, Akustik und Beleuchtung werden allerdings auf dem aktuellen Stand der Technik sein. Und mit der von der Kirche ausgewählten Inneneinrichtung hält auch das Design der Gegenwart Einzug in die Kathedrale.[4]

Lesepult für Notre-Dame, nach dem Entwurf des Designers Guillaume Bardet

Der Wiederaufbau der Kirche erfolgt mit den ursprünglichen Materialien, also mit Stein für das Gewölbe, Eichenbalken für den Dachstuhl und Bleiplatten für das Dach.  

An den Tagen des offenen Denkmals (journées européennes du patrimoine) am 16. und 17. September 2023 auf dem Vorplatz von Notre – Dame wurde die Arbeit an und mit diesen Materialien demonstriert.

Bei dem Brand stürzten etwa 15% des Gewölbes ein, weitere Teile wurden durch die große Hitze erheblich beschädigt. Die noch verwendbaren Steine des eingestürzten Gewölbes werden restauriert, es werden aber zusätzlich 1000 Kubikmeter neue Steine benötigt. Sie stammen, wie auch die Steine des mittelalterlichen Baus, aus dem Pariser Becken (Bassin géologique du Lutétien).

Für den Neubau des zerstörten Dachstuhls hat man sich ebenfalls wieder für eine Rekonstruktion aus Holz entschieden- anders als etwa beim Kölner Dom, bei dem im 19. Jahrhundert eine Metallkonstruktion verwendet wurde, durch die der Dom die Bomben des 2. Weltkriegs einigermaßen leidlich überstanden hat.[5] Bei dem größtenteils im 13. Jahrhundert errichteten und vollständig zerstörten Dachstuhl von Notre-Dame dagegen blieb man beim Holz. Für die   Rekonstruktion wurden Stämme von 2000 200-300-jährigen Eichen aus verschiedenen Regionen Frankreichs ausgewählt. [6]  Die Hälfte davon -für Querschiff und Dachreiter- wurde in modernen Sägewerken zurechtgeschnitten, die auf solche riesigen Stämme eingerichtet sind.

Bei den Stämmen für den Dachstuhl von Chor und Langhaus verwendete man dagegen überwiegend traditionelle Techniken.[7] An den Tagen des offenen Denkmals wurden die alten Techniken der Bearbeitung mit traditionellen Sägen und Beilen vorgeführt.

Eingedeckt wird das Dach wie im Mittelalter mit Bleiplatten.

Die bei Notre-Dame angewandte Technik ist typisch für die  Dächer von Paris. Allerdings wird bei den toits de Paris nicht Blei, sondern das billigere Zink verwendet.  Das Blei ist aber wesentlich leichter zu bearbeiten, es trotzt dank seines Gewichts auch heftigen Stürmen und es ist haltbarer: bei drei Millimetern Dicke sind das, wie mir ein Notre-Dame-Dachdecker erklärte, mindestens 300 Jahre Lebensdauer… Allerdings ist das Blei ein höchst umstrittenes Schwermetall, gilt er doch als gesundheitsschädlich: Beim Brand gingen über 400 Tonnen Blei in Rauch auf. Der Bleistaub setzte sich in großen Menschen auf Gehwegen, Brücken, in öffentlichen Gärten und Schulhöfen und auf den Fensterbänken der Anwohner in der Nähe der Kathedrale ab. Nach dem Feuer dauerte es rund vier Monate, bis die Umgebung um Notre-Dame gründlich gereignigt war. Sie damals die Gesundheitsbehörde erklärte, waren bei zwölf Kindern erhöhte Bleiwerte im Blut nachgewiesen worden.“ Bedenken gibt es auch, weil bei Regen das vom Dach abfließende Wasser erhebliche Menschen an Blei enthalte. [7a] Es gab deshalb auch Klagen von Umweltverbänden und betroffenen Familien, die aber wohl keine Chancen haben, einen Baustopp und damit eine Verschiebung des prestigeträchtigen geplanten Eröffnungsdatums zu erreichen.

Vielen Menschen- auch mir- erschien, selbst ohne Berücksichtigung der Blei-Problematik, das 5-Jahres- Versprechen Macrons ziemlich kühn. Und beim Betrachten der Baustelle konnte man sich lange nur schwer vorstellen, wie der geplante Termin der Wiedereröffnung am 8.12.2024 eingehalten werden könnte, zumal die Bauarbeiten durch die Covid-Epidemie und durch eine hohe Blei-Belastung der Baustelle (und der Umgebung) teilweise zum Stillstand kamen.

Hier einige zwischen Mai und September 2023 entstandene Fotos von den Bauarbeiten:

Blick vom Pont de la Tournelle 1.8.2023

Blick  vom Quai de Montebello (südliches Seineufer): Zu den ersten Sicherungsmaßnahmen nach dem Brand gehörte die Stabilisierung der Strebebögen, die mit Holzkonstruktionen unterfüttert wurden.

Das Gerüst für den neuen Dachreiter, la flèche, wird aufgebaut. Der bei dem Brand zerstörte Dachreiter wurde zwar erst im 19. Jahrhundert aufgesetzt, gehört aber auch zu dem Wiederaufbauprogramm von Notre-Dame. 

Blick vom rechten Seineufer auf die Baustelle (16.9.2023). Hier ist gut zu erkennen, dass das Gerüst für den Dachreiter über der Vierung der Kirche platziert ist, also der Schnittstelle zwischen Langschiff und Querschiff. Der Dachstuhl des Langhauses ist hier erst ansatzweise rekonstruiert.

Die auf dem Vorplatz der Kirche aufgestellte Kopie der mittelalterlichen Marienstatue

Von einer Tribüne aus kann man den Fortgang der Bauarbeiten verfolgen

… vom Turm sehen die Chimären zu, die den Brand unbeschadet überstanden haben.

… und wir können sogar von unserer Pariser Wohnung aus beobachten, wie es auf der Baustelle vorangeht: rechts die beiden Türme von Notre- Dame, in der Mitte, im Hintergrund vor dem Mont Valérien, ein Turm von Saint-Sulpice, links die Kuppel von Saint-Paul im Marais. (Foto vom 28. Juli 2023)

Um die Zeit bis zur Neueröffnung von Notre-Dame zu überbrücken und das große Interesse an der Rekonstruktion zu befriedigen, gab und gibt es eine ganze Reihe von Ausstellungen:

So die Ausstellung in der Cité de l’Architecture et du Patrimoine im Palais de Chaillot, die auch wegen ihrer aus nächster Nähe zu bestaunenden Modellen von Meisterwerken der französischen Architektur einen Besuch lohnt.

Blick in den zentralen Saal der Cité mit einem Modell des Portals der romanischen Klosterkirche von Saintes (Charente-Maritime).  Es war Viollet-le-Duc, der die Replik des Portals hier aufstellen ließ und der auch bei der in diesem Saal präsentierten Notre-Dame-Ausstellung eine wesentliche Rolle spielt..

Den Mittelpunkt dieser Ausstellung bildet nämlich der Dachreiter, dessen Herabstürzen einen wesentlichen Teil der Schäden an der Kathedrale verursachte.  

Aus einem in der Cité gezeigten Film: Einsturzstelle des Dachreiters in der Vierung der Kathedrale

Der Dachreiter in seiner charakteristischen, die Kirche insgesamt überragenden Gestalt wurde erst im 19. Jahrhundert aufgesetzt. Damals erhielten die Architekten Jean-Baptiste Lassus und Eugène Viollet-le-Duc den Auftrag, die arg heruntergekommene Kirche zu restaurieren. Viollet-le-Duc bemühte sich einerseits, den ursprünglichen mittelalterlichen Charakter des Baus wiederherzustellen, nahm sich andererseits aber auch die Freiheit, durch eigene „Zutaten“ das Idealbild einer mittelalterlichen Kirche, wie er es sah, zu erschaffen. 

Dazu gehörte auch la flèche, der hohe spitze Dachreiter. Es hatte zwar im Mittelalter schon einen Dachreiter gegeben, allerdings einen wesentlich bescheideneren, der aufgrund seiner Baufälligkeit zwischen 1786 et 1792 demontiert worden war.  

Bauzeichnung Viollet-le-Ducs für den neuen Dachreiter.[8]

Dekoriert war der Dachreiter mit 16 Statuen der Evangelisten und Apostel – einer völligen Neuschöpfung Viollet-le-Ducs.

Angefertigt wurden die Statuen von dem Bildhauer Adolphe Victor Geoffroy-Dechaume: Auf ein Metallgestell befestigte und modellierte er 2mm starke Kupferplatten. Um eine gewisse Homogenität, aber auch Vielfalt zu gewährleisten, fertigte er vier verschiedene Modelle für die 12 Apostel an, die dann -wie auch die Evangelisten- jeweils durch ihre unterschiedlichen Attribute und Köpfe individualisiert und erkennbar gemacht wurden.

Hier der Adler des Johannes.

Besonders bemerkenswert ist die Figur des Thomas, weil er die Gesichtszüge Viollet-le-Ducs trägt. Das ist auch ausdrücklich auf dem Stab vermerkt, den der Apostel in der Hand hält.

Die Kupfer-Figuren des Dachreiters waren zur Zeit des Brandes gerade zur Restaurierung ausgelagert.

Die Statue des Heiligen Thomas in der Restaurationswerkstatt. Fotoausstellung auf dem Bauzaun von Notre-Dame

Insofern konnte ihnen der Brand nichts anhaben. Inzwischen sind sie restauriert und bereit, auf dem neuen Dachreiter wieder aufgestellt zu werden. Arg ramponiert wurde allerdings bei Brand und Sturz der Wetterhahn an der Spitze des Dachreiters. In den Hahn waren drei Heiligtümer eingelassen: ein Stück der Dornenkrone Jesu, eine Reliquie des heiligen Dionysius und eine Reliquie der heiligen Genoveva, der Schutzpatronin von Paris.

Für den Hahn gibt es inzwischen sicherlich schon längst einen Nachfolger. Ob allerdings die Reliquien Brand und Sturz überstanden haben, weiß ich nicht….

Ausstellung Notre-Dame de Paris, Des bâtisseurs aux restaurateurs. Cité de l’architecture et du patrimoine. Palais de Chaillot. Trocadéro.[9]

Öffnungszeiten: Bis 31. Dezember 2023:  Mo, Mi, Fr, Sa und So 11-19h; Do 11-21h 

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Informationen und Anschauungsmaterial zur Geschichte und zum Wiederaufbau der Kathedrale gibt es auch auf und unter dem parvis Notre-Dame, dem Vorplatz der Kirche.

Die in der archäologischen Krypta kostenlos zugängliche Ausstellung ist auf die Bedeutung von Victor Hugo und Viollet-le-Duc für die Wiedergeburt der Kathedrale im 19. Jahrhundert konzentriert.

Eugène Giraud, Eugène Viollet-le-Duc. 1861 BnF Paris

Ausstellung Notre-Dame de Paris, au choeur du chantier (im Herzen der Baustelle)

In der Ausstellung geht es um die durch den Brand verursachten Schäden und die Arbeiten am Wiederaufbau, die auch durch einen Film und ein Modell der Kirche anschaulich gemacht werden.[10]

Ein verkohltes Stück des Dachstuhls

Von den zerstörten steinernen Elementen werden zunächst Tonmodelle angefertigt, danach auf dieser Grundlage die steinerne Version. Hier ein rekonstruierter neuer Wasserspeier.

Dieser Engelskopf scheint Brand und Sturz vom Gewölbe unbeschadet überstanden zu haben. Vier solcher Köpfe gab es in der Kathedrale, von denen einer die Katastrophe überstand. Er diente als Vorlage für detailgenaue Kopien, von denen eine in der Ausstellung zu sehen ist.

„Notre-Dame de Paris: au coeur du chantier“ unterhalb des Vorplatzes der Kathedrale ist Dienstag bis Sonntag von 10 bis 20 Uhr geöffnet, der Eintritt ist frei, Broschüren in deutscher Sprache liegen aus.

Die Renaissance einer Ikone: Eine Foto-Ausstellung am Bauzaun

Seit der Einrichtung der Baustelle diente der Bauzaun auch als Ausstellungsfläche. Da gab es beispielsweise eine Ausstellung mit Zeichnungen von Kindern zu Notre-Dame oder eine Ausstellung von Comics zu den Bauarbeiten. Und dazu jetzt auch die Ausstellung „Renaissance einer Ikone“ mit eindrucksvollen Bildern zu Brand und Wiederaufbau.[11] Hier einige Beispiele:

Ein Jahr ist nun noch Zeit bis zur offiziellen Neueröffnung von Notre-Dame.

Die Rekonstruktion des forêt, des mittelalterlichen Dachstuhls, nimmt Gestalt an. Sie soll Anfang 2024 abgeschlossen sein.

Fotos vom 24.10.2023

Hinter dem Gewirr von Gerüsten ist die Kirche an manchen Stellen kaum noch zu erkennen.

Das Gerüst für den neuen/alten Dachreiter wächst in den Himmel. Wieweit im Innern der Dachreiter schon Gestalt annimmt, ist von außen noch nicht erkennbar.  Ende 2023 soll er jedenfalls aufgebaut sein und zu den Olympischen Spielen Juli/August 2024 in Paris auch in seiner ganzen Höhe wieder weithin sichtbar.[12]

Blick von der rue de Renard. Foto: Wolf Jöckel 11.11.2023

Blick von der Île Saint-Louis. Foto: 11.11.2023 Der neue Dachreiter ist im Gewirr der Gerüste nun schon deutlich zu erkennen.

Rechtzeitig ein Jahr vor der Wiedereröffnung von Notre Dame wurde auch das Kreuz auf die Spitze des neuen Dachreiters gesetzt.

Die Vorbereitungen sind in vollem Gange: Foto, aufgenommen auf dem Platz vor dem hôtel de Ville am 6.12. 14 Uhr

Hier schwebt das Kreuz ein – allerdings noch ohne den neuen Wetterhahn auf der Spitze… © Lise BOLLOT AFP [13]

Foto: Wolf Jöckel 6.12.2023 16 Uhr

Im Abendlicht ist der Dachreiter schon deutlich zu erkennen. Es ist aber noch viel zu tun, manchmal wird sogar in der Nacht gearbeitet…

Blick von unserer Terrasse auf das Gerüst der flèche von Notre Dame. 4.12.2023 22.30h

Jetzt ist die Spitze komplett und der Hahn freut sich über die Frühjahrsonne. Foto: Wolf Jöckel 13.3.2024

So darf man sich darauf freuen, ab Dezember 2024 die Wiederauferstehung von Notre-Dame bewundern zu können.  Man habe sich, so der für den Wiederaufbau verantwortliche Ingenieur Philippe Jost, an eine vom Rauch geschwärzte Kathedrale gewöhnt. Beim Eintritt in den restaurierten Bau mit gereinigten und neuen Steinen, restaurierten Gemälden und wieder leuchtenden Glasfenstern werde man begeistert und geblendet sein von der Helle und vom neuen Glanz.[14]

Hier eine Simulation der „neuen“ Notre-Dame, präsentiert an den Tagen des offenen Denkmals 2023 auf dem Parvis de Notre Dame:

Und dann können auch der Vorplatz und die Umgebung von Notre-Dame entsprechend den Plänen des belgischen Landschaftsarchitekten und Wettbewerbssiegers Bas Smets zur Umgestaltung des Vorplatzes und der Umgebung von Notre-Dame verwirklicht werden: Ein freier Platz, geradezu eine Lichtung, umgeben von Bäumen und im Sommer leicht mit Wasser berieselt… [15]

Unter dem Parvis soll anstelle des Parkplatzes ein zur Seine hin geöffneter Empfangsbereich geschaffen werden.[16]

Auch die Gärten im Süden und Osten der Kirche sollen umgestaltet und unbeschränkt zugänglich gemacht werden.[17]

Die dafür zuständige Stadt Paris plant den Beginn der Bauarbeiten für 2024 und deren Ende 2028. Aber es gibt noch erhebliche Widerstände: Von einem Paris-plage-Syndrom ist da beispielweise die Rede und von einem Bruch des Versprechens der Wiederherstellung des alten Zustands, das sich allerdings auf die Kirche und nicht ihre Umgebung bezog. [18]. Das letzte Wort ist da wohl noch nicht gesprochen…

Die Restaurierung von vier Glasfenstern von Notre-Dame durch die Kölner Dombauhütte: Ein schönes Beispiel der deutsch-französischen Zusammenarbeit und Freundschaft.

An der Restaurierung von Notre-Dame war übrigens auch die Kölner Dombauhütte beteiligt. [19] Sie verfügt nämlich über eine Glasrestaurierungswerkstatt, die in enger Zusammenarbeit mit mehreren Werkstätten vier Glasfenstern aus dem Langhaus-Obergaden von Notre-Dame restaurierte. Bei den vier Fenstern handelt es sich um Kunstwerke des französischen Glasmalers, Grafikers und Kupferstechers Jacques Le Chevallier von 1965. Sie zeigen abstrakte Formen, in denen neben hellen Gläsern Blau- und Rottöne dominieren, die sich eng an die Farben mittelalterlicher Fenster anlehnen. Die Fenster hatten den Brand leidlich überstanden, mussten im Zuge der Restaurierung der Kathedrale aber ausgebaut werden, so dass sie vom Bleistaub gereinigt und Beschädigungen beseitigt werden konnten.

Schadenskartierung eines Glasmalereifeldes

Bei der Vorstellung der Restaurierungsarbeiten erklärte der französische Botschafter François Delattre: „Der Brand von Notre Dame de Paris hat uns ins Herz getroffen. Wir sind glücklich und dankbar, dass wir beim Wiederaufbau der Kathedrale auf die Unterstützung unserer Freunde aus Deutschland zählen können. Die Kooperation zwischen französischen und deutschen Kunsthandwerkern, die dank der großzügigen deutschen Spenden entstanden ist, ist einmalig.“  [20]

Anmerkungen

[1] Foto aus dem Notre-Dame-Film der Ausstellung Notre-Dame de Paris, au choeur du chantier (siehe unten)

[2] Aufgrund der strengen Trennung von Kirche und Staat in Frankreich sind es staatliche Instanzen, die für den Wiederaufbau der Kirche zuständig sind.  Die Kirche (Erzbistum Paris) entscheidet über die Inneneinrichtung, die im Juni 2023 vorgestellt wurde und die nach den Worten des Pariser Erzbischofs von einer „noblen Einfachheit“ geprägt ist. Siehe: Mgr Ulrich: „J’ai recherché une noble simplicité pour le  mobilier de Notre-Dame.“ In: Le Figaro 24./25. Juni 2023

[3] Die unaufgefordert von verschiedenen Seiten vorgeschlagenen Modelle (z.B. Schwimmbad unter dem Dach) waren allerdings i.a. auch wenig dazu angetan, Neuland zu betreten.

[4] Die Kirche (Erzbistum Paris) entscheidet über die Inneneinrichtung, die im Juni 2023 vorgestellt wurde und die nach den Worten des Pariser Erzbischofs von einer „noblen Einfachheit“ geprägt ist. Siehe: Mgr Ulrich: „J’ai recherché une noble simplicité pour le  mobilier de Notre-Dame.“ In: Le Figaro 24./25. Juni 2023

[5]   Kölner Domradio vom 17.08.2010:  Das Dach des Kölner Doms ist 150 Jahre alt. Eisern gegen die Bomben

https://www.domradio.de/artikel/das-dach-des-koelner-doms-ist-150-jahre-alt

[6] Siehe Frankfurter Rundschau vom 15.4.2021: 2000 Eichen für den Wiederaufbau von Notre Dame in Paris.

[7] Siehe: Rebâtir Notre-Dame de Paris. Village du chantier. Journées européennes du patrimoine. Livret de visite.

[7a] Aus: Sabine Glaubitz, Tonnenweise Blei. Bislang lief beim Wiederaufbau der Pariser Kathedrale alles nach Plan: Doch ein Jahr vor der geplanten Wiedereröffnung wird die Unterbrechung der Bauarbeiten gefordert. In: Schwäbisches Tagblatt vom 30. Dezember 2023. (Beilage: Wie Paris sein Herz zurückbekommt)

[8] Die Zeichnung ist ausgestellt in der Krypta unter dem parvis von Notre Dame präsentierten Ausstellung Notre-Dame de  Paris, de  Victor Hugo à Viollet-le-Duc

[9] https://www.paris.fr/evenements/notre-dame-de-paris-des-batisseurs-aux-restaurateurs-31489  und

Exposition Notre-Dame de Paris : des vestiges de l’incendie et des souvenirs du chantier montrés pour la première fois (connaissancedesarts.com)

[10] Birgit Holzer, Sieh mal, wer da baut. In: Frankfurter Rundschau vom 8.3.2023  

https://www.fr.de/hintergrund/sieh-mal-wer-da-baut-92132646.html

[11] https://rebatirnotredamedeparis.fr/activite-culturelle/renaissance-d-une-icone

[12] Die in der Literatur genauen Höhenangaben schwanken. Philippe Jost (siehe Anmerkung 13) spricht von 100 Metern, andere Angaben liegen etwas darunter.

[13] La croix de Notre-Dame de Paris posée au sommet de sa flèche (msn.com)

[14] https://www.bfmtv.com/paris/notre-dame-de-paris-les-renovations-et-nettoyages-interieurs-quasiment-acheves-la-fleche-installee-avant-les-jo

[15 Bild aus: Quartier de Notre-Dame de Paris : du vert et de l’eau pour son réaménagement

L’architecte et paysagiste belge Bas Smets est le lauréat de la compétition sur la transformation des abords de la cathédrale de Paris. Le Monde vom 28.6.2023   https://www.lemonde.fr/economie/article/2022/06/28/du-vert-et-de-l-eau-pour-le-reamenagement-du-quartier-de-notre-dame-de-paris_6132302_3234.html  STUDIO ALMA POUR LE GROUPEMENT BBS

[16] Bild aus: https://www.paris.fr/pages/les-abords-de-notre-dame-vont-faire-peau-neuve-17332

[17] Bild aus: https://www.lemoniteur.fr/photo/les-abords-de-notre-dame-repenses-par-bas-smet.2213007/vue-ae-rienne-du-parvis.1

[18] https://www.lefigaro.fr/vox/societe/paris-les-squares-de-notre-dame-bientot-victimes-du-syndrome-paris-plage-20230510

[19] Ich danke Herrn Ulrich Schläger für den Hinweis auf die Mitarbeit der Kölner Dombauhütte an der Restaurierung von Notre-Dame.

[20] https://www.koelner-dombauhuette.de/aktuelles/detail/restaurierung-von-vier-glasfenstern-aus-dem-langhausobergaden-der-pariser-kathedrale-notre-dame

Im Internet kann man einen Film zur Restaurierung der Glasfenster durch die Dombauhütte Köln sehen: https://www.koelner-dombauhuette.de/wissenswertes/film-zur-restaurierung-von-glasfenstern-aus-notre-dame

Bisherige Blog-Beiträge zu Notre- Dame de Paris

Eine in der Brandnacht zusammengestellte Serie eigener Notre-Dame-Bilder:


Endlich spritzt, sprudelt und dreht er sich wieder:  Der Strawinsky-Brunnen von Jean Tinguely und Niki de Saint Phalle am Centre Pompidou

Nach 18-monatiger Renovierung präsentiert sich der Strawinsky-Brunnen in Paris zu seinem 40. Geburtstag wieder in seiner vollen farbenfrohen, wassersprühenden Pracht. Der Brunnen besteht aus einer großen rechteckigen Wasserfläche, 33 Meter lang und 17 Meter breit und 16 beweglichen Skulpturen. Er wird deshalb auch Fontaine des Automates genannt.  Die Skulpturen haben alle einen Namen und  eine Verbindung zur Musik im Allgemeinen und zu der Igor Stravinskys im Besonderen.

Am bekanntesten und auffälligsten ist sicherlich die Skulptur des Feuervogels, der sich auf Strawinskys gleichnamiges Ballett bezieht. Es ist ein Werk von Niki de Saint Phalle, die den Brunnen zusammen mit Jean Tinguely gestaltet hat.

Alle Fotos dieses Beitrags, wenn nicht anders angegeben, von Wolf Jöckel

Der Kuss: wohl eine Anspielung an den Kuss der Erde aus dem 1913 in Paris uraufgeführten Ballett Le Sacre du Printemps

Im Gegensatz zu Niki de Saint Phalles farbigen Figuren bestehen die Jean Tinguelys aus  schwarzem Metall.

Hier sein wassersprühender Notenschlüssel

Den Auftrag für den Brunnen erhielt zunächst allein Jean Tinguely. Während der Arbeit bat er aber darum, dass neben seinen dunklen Maschinen auch bunte Skulpturen von Niki de Phalle in das Ensemble aufgenommen werden sollten. Das stieß zunächst auf erheblichen Widerstand seitens der Auftraggeber. Dass schließlich dann doch der Brunnen als Gemeinschaftswerk akzeptiert wurde, war nicht zuletzt der Fürsprache von Madame Pompidou, der Witwe des früheren Staatspräsidenten, zu verdanken. In einem Interview mit dem Beaux-Arts Magazine en 1983 erläuterte Jean Tinguely die Beziehung der dunklen und der bunten Skulpturen: In der Nacht seien es vor allem die bunten Elemente, die beleuchtet würden, das sei dann eine Fontäne Nikis, während seine Maschinen verschwänden, wie Geister wirkten. Tagsüber dagegen sei das Schwarz deutlich zu erkennen, vor allem bei schlechtem Wetter, und dann könne man genau die Einzelheiten der Maschinen sehen. [1]

 Insgesamt ein wunderbares Gesamtkunstwerk an einem ganz besonderen Platz: Zwischen der spätgotischen Kirche Saint Merri aus dem 15. Jahrhundert auf der einen Seite….

…. und der „futuristischen“ Architektur des Centre Pompidou auf der anderen- die allerdings ja doch auch etwas Gemeinsames haben: Dass nämlich stützende bzw. tragende Elemente – bei Saint Merri die Strebebögen und Strebepfeiler, beim Centre Pompidou das stählerne Korsett- deutlich sichtbar sind.

Hier einen solchen Brunnen zu errichten war ein äußerst kühnes Projekt. Man muss sich nur einmal vorstellen, wie es davor hier aussah: „Tot!… triste Einöde, die sich zwischen zwei Bauwerken hindehnt, wovon eines- die Kirche Saint-Merry- der -Geschichte angehört und das andere -das Centre Pompidou eben in sie eingeht… Schmucklos-unpersönliche Betonplatten, gerade noch für Fußball geeignet, geschätzt nur von herumirrenden Kötern.  … Ein völlig leerer Platz also, eine leblose Wüste. Und es war recht unerfreulich, dieses Vakuum tagtäglich vor Augen zu haben!“.[1a]

Wer dies schrieb und wer das Vakuum dieses Platzes tagtäglich vor Augen hatte, war der französische Komponist Pierre Boulez, der erste Direktor des Institut de Recherche et de Coordination Acoustique / Musique(IRCAM), das an diesem Platz seinen Sitz hat. Deshalb wurde dieser auch nach Igor Strawinsky benannt. Pierre Boulez schätzte Strawinsky als Wegbereiter der modernen Musik sehr, und zudem war Strawinsky Paris auch in besonderer Weise verbunden: 1910 reiste er erstmals nach Paris, dort wurden die Ballette  Der Feuervogel (1910) und die Nachfolgewerke Petruschka (1911) und  Le sacre du printemps (1913) uraufgeführt. Von 1920  bis 1940 lebte Strawinsky in Frankreich; 1934 wurde er französischer Staatsbürger.

Die Idee, den tristen Strawinsky-Platz mit einen Brunnen zum Leben zu erwecken, kam Boulez in Basel: Dort gibt es den großen Fassnachts-Brunnen von Jean Tinguely.[2]

Noch einmal Pierre Boulez: „Ach, es sei gestanden: aus einem Brunnen kam der Brunnen, und aus Basel wurde Paris. Hatte man den zauberhaften Brunnen in Basel einmal gesehen, so konnte man sich den Platz hier gar nicht mehr anders vorstellen als belebt von ebensolchen zauberhaften, im Wasser mechanisch angetriebenen Körpern, schwarz und bunt, geometrisch und figürlich.“  Schwarz und bunt: Also ein Gemeinschaftswerk von Jean Tinguely mit seinen schwarzen und seiner Lebensgefährtin Niki de Saint Phalle mit ihren bunten Figuren.

Und dass die beiden gemeinsam Wunderbares hervorbringen konnten, zeigten sie ja am Rande des Waldes von Fontainebleau in Milly- la-Forêt.[3]

Die Cyklop-Fotos stammen aus den Jahren 2010, 2015 und 2021

Dort errichteten sie damals den gewaltigen Cyklopen, ein 22 Meter hohes begehbares Ungetüm aus 350 Tonnen Stahl…

…. einäugig wie der Cyklop aus der Odyssee und bedrohlich, vor allem, wenn sich die rostigen Maschinen mit ohrenbetäubendem Lärm in Bewegung setzen…

… aber gleichzeitig auch blitzend, bunt und verspielt.  Und in der Wasserfläche ganz oben: Ein faszinierendes Spiel reflektierender Farben.

Beste Voraussetzungen also für den gemeinsamen Brunnen auf dem Strawinsky-Platz. Und Tinguely hatte ja  in den Jahren davor schon zahlreiche Wassermaschinen gebaut, auch in Kombination mit Riesen-Nanas seiner Partnerin. [4]

Das für die Weltausstellung 1967 in Monreal angefertigte und danach endgültig in Stockholm aufgestellte  Paradis fantastique von Jean Tinguely und Niki de Saint Phalle

Auch von Seiten der Stadt Paris waren die Voraussetzungen bestens:  Denn zu Beginn der 1980-er Jahre beschleunigte die Stadt ihre Politik zugunsten monumentaler zeitgenössischer künstlerischer Schöpfungen: Prominente Beispiele dafür sind die Glaspyramide von Ieoh Ming Pei  im Hof des Louvre oder die Säulen Les deux plateaux von Daniel Buren im Ehrenhof des Palais Royal. Dazu passte  durchaus das Projekt des Strawinsky-Brunnens.

Die Herausforderungen waren allerdings gewaltig: Denn der Strawinsky-Platz war ja nichts anderes als ein Dach, unter dem höchst kostspielige und empfindliche Geräte des IRCAM gelagert waren. Auf keinen Fall durften da Geräusche oder gar Wasser eindringen. Die Tragfähigkeit des Daches war also zu berücksichtigen. Das bedeutete: Die Wasserfläche des Brunnens musste in ihrer Höhe begrenzt werden, das verwendete Material in seinem Gewicht: Für die Kunststoff- Figuren Niki de Saint Phalles kein Problem, für die Konstruktionen Tinguelys schon: Stahl wie in Milly-la-Forêt schied aus, stattdessen baute er seine Installationen aus dem leichteren Aluminium….

Bis das endgültige Konzept entwickelt war, wurde eine Vielzahl von Entwürfen hergestellt; für die einzelnen Figuren wie den Feuervogel…

…. oder die Nachtigall, auch eine Fontäne, die sich auf das Werk Strawinskys bezieht, nämlich die Märchenoper Le Rossignol, die 1914 ebenfalls in Paris,  in der Opéra Garnier,  uraufgeführt wurde.

… vor allem aber für die gesamte Anlage: Denn die einzelnen Figuren sollten sich ja aufeinander beziehen, sollten ein harmonisches Ganzes bilden, gewissermaßen ein Wasserballett zu Ehren Strawinskys.

Aber schließlich war es so weit: Am 16. März 1983 war die enflottage de la fontaine, wurde der Brunnen eingeweiht.  

Einladungskarte von Jean Tinguely und Niki de Saint Phalle für die Eröffnung

Jean Tinguely, Jaques Chriac, damals Bürgermeister von Paris, mit seiner Frau Bernadette und Niki de Saint Phalle bei der Eröffnung des Brunnens. Crédit photo : Marc Verhille / Ville de Paris [5]

Und Pierre Boulez war begeistert: „es sprudel, spritzt und schäumt, dreht sich in Kreisen und Spiralen, taucht ein ins Wasser und lässt im Hochkommen tausend Tropfen stieben, sprüht in gewundenen Strahlen und hohen Bögen in alle Himmelsrichtungen, zaubert im Tanz irisierende Regenbögen zu den leuchtenden Eigenfarben der mechanischen Körper hinzu: sprühendes, überschäumendes Leben, eine Pracht, wonach es diesen Platz schon immer gedrängt hat.“

Pierre Boulez konnte mit Recht begeistert sein. Denn mit dem Strawinsky-Brunnen wird auf ganz wunderbare Weise die Tradition der Wasserkunst fortgesetzt, die in den Brunnen- und Gartenanlagen des 17. und 18. Jahrhunderts triumphierte.  Gerade auch in Paris wurde diese Tradition im 19. Jahrhundert wieder aufgenommen.[6]  Monumentalbrunnen wie die auf der Place de la Concorde hatten die Funktion, wichtige Plätze und Verkehrsknotenpunkte zu markieren – allerdings mit dem traurigen Resultat, dass sie, verkehrsumbraust, für die Menschen kaum noch zugänglich waren und sind. Anders der Strawinsky-Brunnen: Dort gibt es keine Autos, keinen Verkehrslärm, auch kaum wilde Radfahrer; stattdessen aber oft zwischen Brunnen und Centre Pompidou Straßenspektakel mit Akrobatik und Musik, oft zum Mitmachen für alt und jung…

Und der Brunnen lädt dazu ein, zu verweilen, dem Spiel der Farben und des Wassers zuzuschauen, sich auf seinen Rand zu setzen oder in eines der benachbarten Cafés. Er ist also, wie Bürgermeister Chirac bei der Einweihung des Brunnens hervorhob, vom demokratischen Geist beseelt.

Ein Schandfleck des Platzes waren allerdings die traurigen,  geschlossenen Häuserfronten auf einer Längsseite des Platzes. Die wurden dann aber bald von bekannten Künstlern der Street-Art gestaltet.

Den Anfang machte ein Werk von  Jean-François Perroy, alias Jef Aérosol (Aérosol= Sprühlack), einem  der bekanntesten Street-Art-Künstler in Paris,  „ein Protagonist der urspünglichen französischen pochoir-Bewegung“. 

 Es handelt sich um ein  Selbstportrait des Künstlers mit dem Titel „chuuuttt!!!“ (Pssst!!!), ein Auftragswerk des Centre Pompidou. Mit seinen 350 qm² war es lange eines der größten Wandbilder der Welt.

Und zu seinen Füßen die Sirene von Niki de Saint Phalle.[7]

Foto von 2019 aus dem Instagram-Account von Obey[8]

Daneben gibt es seit 2019 ein großes Wandbild von Shepard Fairey alias Obey. In Paris ist er bekannt durch seine Installation unter dem Eiffelturm zur Weltklimakonferenz 2015 und durch seine Beiträge zur open-air-Ausstellung der XXL-Formate im 13. Arrondissement, vor allem seine Aufsehen erregende weinende Marianne.

Foto: Wolf Jöckel September 2022

Obey vermittelt gerne mit seinen Wandbildern und Werken auch politische Botschaften. Das Wandbild am Strawinsky-Brunnen steht unter dem Motto: Knowledge + Action= power.

Fairey schreibt dazu:  The Knowledge + Action mural is inspired by Art Nouveau but with a very currently relevant message. Apathy and ignorance have promoted a decline in civility and quality civic engagement, giving rise to forces who promote fear, division, and nationalism. We all need to understand the importance of both educating ourselves and taking action as we shape the future.[9]

Das Wandbild fordert also die Betrachter dazu auf, das offene Buch der Zukunft durch eine Kombination von Wissen/Erziehung und Aktion zu beschreiben. Es ist eine Auftragsarbeit der Stadt Paris.

Und schließlich gibt es noch ein drittes Werk der Street-Art an dem Strawinsky-Brunnen, nämlich ein monumentales (halbes) Mosaik des Invaders. Der hat hier durchaus seinen legitimen Platz,  bereichert er  doch mit seinen inzwischen weit über 1000 meist kleinen Mosaiken an den Hauswänden von Paris das Bild der Stadt.

Und an der Längsseite gegenüber gibt es mehrere Cafés, von denen aus man in Ruhe die Wandbilder, vor allem aber die Wasserspiele beobachten kann…

Der Elefant

Die sich drehende wasserspritzende Schlange

Zum Leben gehört auch der Tod:  Er ist im Werk Strawinskys präsent ebenso wie in dem von Niki de Saint Phalle und Jean Tinguely. Also hat er auch hier seinen Platz.

Die Klanginstallationen Ircam circus

Anlässlich der Restaurierung des Brunnens hat das IRCAM  zwei Klangkreationen  in Verbindung mit den farbenfrohen Skulpturen des Brunnens und dem Künstlerpaar Niki de Saint Phalle und Jean Tinguely  geschaffen. In der ersten erzählt Hélène Frappart, begleitet von Musik,  sieben Geschichten zu ausgewählten Fontänen des Brunnens; die zweite ist eine elektronische Musik zu Ehren der beiden Künstler.

Die Werke sind zugänglich mit Hilfe eines QR-Codes, der auch neben dem Brunnen am IRCAM befestigt ist, und über Ircam Circus.

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Das nachfolgende Gedicht hat Jean Tinguely 1982 Madame Pompidou geschickt: Die Vision eines wunderbaren Brunnens, der einmal auf einem Platz in Paris sprudeln werde: Eine Vision, die Jean Tinguely und Niki de Saint Phalle mit dem Strawinsky-Brunnen am Centre Pompidou Wirklichkeit werden ließen. Der Autor des Gedichts, Robert Desnos (1900-1945), war in der französischen Résistance engagiert, wurde 1944 verhaftet und starb einen Monat nach seiner Befreiung aus dem Konzentrationslager Theresienstadt an Typhus.

La Prophétie von Robert Desnos

D’une place de Paris jaillira une si claire fontaine
Que le sang des vierges et les ruisseaux des glaciers
Près d’elle paraîtront opaques.
Les étoiles sortiront en essaim de leurs ruches lointaines
Et s’aggloméreront pour se mirer dans ses eaux près de la Tour Saint-Jacques.

D’une place de Paris jaillira une si claire fontaine
Qu’on viendra s’y baigner, en cachette, dès l’aurore.
Sainte Opportune et ses lavandières seront ses marraines
Et ses eaux couleront vers le sud venant du nord.

Un grand marronnier rouge fleurit à la place
Où coulera la fontaine future,
Peut-être dans mon grand âge
Entendrai-je son murmure ;

Or le chant est si doux de la claire fontaine
Qu’il baigne déjà mes yeux et mon cœur.
Ce sera le plus bel affluent de la Seine,
Le gage le plus sûr des printemps à venir, de leurs oiseaux et de leurs fleurs.

Auch nachts spritzt und sprudelt der Brunnen:


Anmerkungen

[1] https://www.paris.fr/pages/la-fontaine-stravinsky-retrouve-son-eclat-decouvrez-ses-secrets-24204

[1a] Pierre Boulez, Vorwort zu: Jean Tinguely, Niki de Saint-Phalle, Strawinsky-Brunnen Paris. Bern: Benteli-Verlag 1983

[2] https://commons.wikimedia.org/wiki/Category:Tinguely-Brunnen_%28Basel%29?uselang=de#/media/File:Basel2004_img_3157.jpg

[3] https://paris-blog.org/2016/04/11/milly-la-foret-jean-cocteau-niki-de-saint-phalle-und-jean-tinguely/

[4] Nachfolgendes Bild aus: https://www.schirn.de/magazin/kontext/2023/niki_de_saint_phalle/einmal_um_die_welt_mit_niki_de_saint_phalle/

[5] Bild aus: https://www.paris.fr/pages/la-fontaine-stravinsky-retrouve-son-eclat-decouvrez-ses-secrets-24204?utm_source=newsletter&utm_medium=email&utm_campaign=s44

[6] Franz Meyer, Wasseraktion und Wasserspektakel. Zur Vorgeschichte der Pariser ‚Fontaine‘. In: Jean Tinguely, Niki de Saint-Phalle, Strawinsky-Brunnen Paris, S. 13/14

[7] Nach https://actu.fr/ile-de-france/paris_75056/limage-une-nouvelle-oeuvre-geante-peinte-par-street-artiste-obey-coeur-paris_25641544.html handelt es sich um ein Portrait von Salvador Dali

[8] Bild aus: https://www.instagram.com/p/BzB74oglKW_/?utm_source=ig_embed&ig_rid=9453f39b-eec2-4b76-850f-f7074d44a663

[9] Zit aus Faireys Instagram-Seite in:  https://actu.fr/ile-de-france/paris_75056/limage-une-nouvelle-oeuvre-geante-peinte-par-street-artiste-obey-coeur-paris_25641544.html