Die Freiheitsstatue von New York und ihre Schwestern in Paris (Teil 2): Bartholdi und Eiffel, die Väter von Miss Liberty

Anlass des ersten Teils dieses Beitrags war die Rolle, die die Freiheitsstatue von New York in der Darstellung und Beurteilung des neuen US-Präsidenten und seiner Administration spielte: Das Bild der weinenden „Miss Liberty“, die Freiheitsstatue hinter Gittern bzw. von Trump in Stücke gehauen. Ein Aspekt  dabei war die mögliche „Repatriierung“ der Statue nach Paris, dorthin also, wo Miss Liberty entstanden ist.

https://paris-blog.org/2017/02/01/die-weinende-freiheitsstatue-von-new-york-und-ihre-drei-schwestern-in-paris-teil-1/

In diesem zweiten Teil wird erläutert, wieso ausgerechnet Paris Geburtsort von Miss Liberty ist und wer ihre Väter waren – zu denen übrigens auch niemand Geringeres als Gustave Eiffel gehört. In einem  nachfolgenden dritten und letzten Teil werden schließlich ihre kleineren Pariser Schwestern vorgestellt.

https://paris-blog.org/2017/03/01/die-freiheitsstatue-von-new-york-und-ihre-schwestern-teil-3-die-freiheitsstatuen-von-paris/

 Man muss also gar nicht nach New York fahren, um eine „echte“ Freiheitsstatue zu sehen…

Die Idee für das Projekt der Freiheitsstatue geht auf eine Bemerkung zurück, die der französische Jurist und Politiker Édouard René de Laboulaye im Jahr 1865 machte:  „Sollte ein Denkmal in den Vereinigten Staaten errichtet werden, das an ihre Unabhängigkeit erinnert, dann denke ich, dass es nur natürlich ist, wenn es durch vereinte Kräfte entsteht – ein gemeinschaftliches Werk unserer beiden Nationen.“[1] 

Eine solche Überlegung war auch Ausdruck der Gegnerschaft des Republikaners Laboulaye zum  Seconde Empire, dem Kaiserreich Napoleons III. Und im monarchistischen Frankreich, das  -anders als Loboulaye-  im Sezessionskrieg auf Seiten der Südstaaten gestanden hatte, bestand natürlich keine Chance auf Umsetzung eines solchen Projekts. Allerdings inspirierte Laboulayes Idee den mit ihm befreundeten jungen elsässischen Bildhauer Auguste Bartholdi zu einem anderen Projekt, gewissermaßen der Vorgängerin der Statue of Liberty.  Bartholdi schlug nämlich dem osmanischen Statthalter von Ägypten vor, zur Eröffnung des Suez-Kanals an dessen nördlichem Ende einen riesigen Leuchtturm zu errichten.  Er sollte die Gestalt  der römischen Göttin Libertas im Gewand einer ägyptischen Fellachin haben und so wie einst der Koloss von Rhodos  mit einer Fackel in der erhobenen Hand. Auch einen Namen hatte Bartholdi schon vorgesehen: „La liberté éclairant l’Orient“. Allerdings blieb dieses Projekt sozusagen im Sand stecken.

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Dann kamen der deutsch-französische Krieg 1870/71, das Ende des zweiten Kaiserreichs und die Annexion des Elsaß und eines Teils von Lothringen durch das Deutsche Reich. Bartholdi, der im Krieg auf Seiten der republikanischen Truppen und Garibaldis gegen die deutschen/badischen Truppen gekämpft hatte, gehörte zu den Elsässern, die nach 1871 das zum „Reichsland“ gewordene Elsass-Lothringen verließen. Die junge Dritte Republik war in dem damaligen, überwiegend monarchischen Europa eher isoliert, beste Voraussetzungen  für eine französisch-amerikanische, die gemeinsame republikanische Tradition und die Waffenbrüderschaft von Washington und Lafayette im Unabhängigkeitskrieg verkörpernde Freiheits-Statue in New York. Dazu konnte die monumentale Statue –wie schon der geplante Suez-Leuchtturm- der Welt  „le génie français“ vor Augen führen.[2]

Die Freiheitsstatue in New York sollte ja auch Ausdruck des technischen Erfindungsgeistes und des Fortschritts sein. Es gab in diesen Jahren in Frankreich eine Revue mit dem Titel „le génie français“, in der 1883 der Ingenieur Charles Talandier einen ausführlichen Artikel über die Konstruktion der Freiheitsstatue veröffentlichte.[3] Und da konnte durchaus auch ein gewisser nationalistischer Beigeschmack dabei sein  – so wie das ja auch das schöne Kalligramm  Apollinaires verdeutlicht, auf dem der Eiffelturm die Welt grüßt und den Deutschen –die so ein grandioses Bauwerk eben nicht hinbekommen- die Zunge rausstreckt.[4]

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Für die Einweihung der New Yorker Freiheitsstatue konnte es keinen besseren Zeitpunkt geben als den 100. Jahrestag der amerikanischen Unabhängigkeitserklärung 1876. Bartholdi reiste also in die USA und warb für sein Projekt: Franzosen sollten die Statue finanzieren, Amerikaner den Sockel.  Bartholdi erhielt  zwar schon die Zustimmung des amerikanischen Präsidenten, die Statue auf Bedloe’s Island in der Bucht von New York zu errichten, aber eine breite Spendenkampagne auf beiden Seiten des Atlantiks lief erst 1875 an– viel zu spät also für das geplante Einweihungsdatum.  Zur amerikanischen Kampagne gehörte, wie in Teil 1 berichtet, das Gedicht von Emma Lazarus. In Frankreich wurde das endgültige Modell der Statue, das sogenannte „Komitteemodell“ 200-fach verviefältigt und numeriert, von Bartholdi eigenhändig  retuschiert und signiert,  zum Verkauf angeboten. (4a)

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Zur Propagierung und Finanzierung des Projekts ließ das Comité de l’Union franco-américaine auch ein Diorama oder Panorama herstellen. Das war ein damals sehr populäres und modisches Medium, woran noch heute der Name der Passage des Panorama in Paris erinnert. Unter der Aufsicht von Bartholdi wurde ein 11 Meter langes Gemälde angefertigt. Es vermittelte dem Besucher den Eindruck, auf dem Heck eines Ozeanriesens zu stehen, der gerade den Hafen von New York verläasst und die fertige Freiheitsstatue an sich vorbeiziehen sieht. Ein kleines Modell dieses Dioramas ist im musée des arts et métiers in Paris zu sehen. (siehe dazu den dritten Teil des Beitrags über die Freiheitstatuen von Paris: https://wordpress.com/posts/my/paris-blog.org)

Teil der  französischen Kampagne war auch die Aufführung einer Kantate von Charles Gounod in der Pariser Oper am 25. April 1876 mit dem Titel „La Liberté éclairant le monde“  – dies  auch der offizielle Name der New Yorker Statue.[5]

La  Liberté éclairant le Monde            

J’ai triomphé! J’ai cent ans! Je m’appele la Liberté!

Mais un nom c’est trop peu:

Le monde a fait, me voulant forte et belle,

Mon corps de bronze et mon âme  de feu!

Je port au loin dans la nuit sombre,

Quand tous me feux sont allumés,

mes rayons aus vaissaux qui sombre

Et ma lumière aux opprimés!

J’ai triomphé! Wahington, Lafayette

Sont mes sauveurs qu’on bénit à genoux…. 

Der Entwurf Bartholdis für die Freiheitsstatue von New York entspricht in hohem Maße seinem Entwurf für den Suez-Kanal. Miss Liberty ist vollständig bekleidet, sie steht ruhig auf ihrem Podest – ganz anders also als die Darstellung der revolutionären Freiheit im Gemälde „Die Freiheit führt das Volk“ von Delacroix. Dort stürmt die halbentblößte Verkörperung der Freiheit wild voran, in der einen Hand die Trikolore, in der anderen ein Gewehr mit Bajonett.

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Miss Liberty dagegen hält in der erhobenen Hand die Fackel des Fortschritts. Das revolutionäre Pathos widersprach ja auch den politischen Tendenzen von Bartholdi und Laboulaye, die beide keine Sympathisanten von Revolutionen waren und auch der Pariser Commune kritisch gegenüberstanden.[6] Im Grunde war und ist die Darstellung der Freiheit, wie sie Bartholdi konzipierte, höchst konventionell und banal. Bartholdi bekannte selbst, dass es sich „nicht um ein großes Kunstwerk“ handelte.[7] Die Bedeutung lag in ihrer politischen Botschaft und  ihrer, den Glauben an den technischen Fortschritt verkörpernden Monumentalität, die dem damaligen Zeitgeist entsprach.  „Im Kolossalen steckt Anziehung, ein spezieller Reiz, auf den die Theorie des Gewöhnlichen kaum anwendbar ist. Glaubt man etwa, daß die Pyramiden die Vorstellungskraft der Menschen wegen ihres ästhetischen Werts angeregt haben?“ schrieb  Gustave Eiffel 1880[8]. Gustav Eiffel wird hier nicht nur deshalb zitiert, weil ihn mit Bartholdi der gleiche Hang zur Monumentalität und der gleiche Glaube an den technischen Fortschritt verbindet – insofern sind in gewisser Weise auch die Freiheitsstatue und der Eiffelturm Schwestern; Eiffel wird auch deshalb hier genannt und darf nicht fehlen, weil er am Bau der Freiheitsstatue ganz direkt beteiligt war.

Eine solche monumentale Statue von über 45 Metern Höhe konnte ja keinen Falls aus massivem Metall gegossen werden. Außerdem sollte die Statue von innen zugänglich sein. Man benötigte also ein Gerüst, das so stand- und wetterfest war, dass es die „Außenhaut“ aus 300 gehämmerten Kupferplatten mit einem Gewicht von 80 Tonnen tragen konnte. Mit der Lösung dieser Aufgabe wurde zunächst der renommierte Architekt Viollet-le-Duc betraut, berühmt geworden u.a. durch die Renovierung bzw. gotische Renaissance von Notre Dame de Paris. Viollet-le-Duc hatte eine traditionelle Holzkonstruktion im Auge. Nach seinem Tod erhielt das Ingenieurbüro Gustave Eiffels  den Auftrag. Eiffel war damals noch ein jüngerer Mann – den nach ihm benannten Turm in Paris gab es noch nicht.  Er konstruierte ein –wesentlich weniger gewichtiges- neuartiges Trägersystem mit vier massiven gusseisernen Pfeilern, von denen aus ein feines Fachwerk aus Eisenstangen die kupferne Außenhaut so stabilisiert, dass die elastischen Verbindungen große Temperaturschwankungen ebenso aushalten wie kräftige Windstöße.[9]

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Kein Wunder also, dass die Statue zum 100. Jahrestag der Unabhängigkeitserklärung noch lange nicht  fertiggestellt war. Immerhin konnte Bartholdi ihren rechten, die Fackel haltenden Arm von 12,80 m Länge 1876 auf einer Ausstellung in Philadelphia präsentieren und  den Kopf  1878 auf der Pariser Weltausstellung.[10]

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Die Herstellung der Statue dauerte noch bis zum Sommer 1884. Bei der Werkstatt handelte es sich um die Firma Gaget- Gauthier, die sich schon vorher durch mehrere prominente Großaufträge  einen entsprechenden Ruf und ein großes know-how erworben hatte. Beispielsweise wurde dort der (beim Brand der Kathedrale 2019 zerstörte) neugotische Dachreiter von Notre Dame hergestellt und die Säule der place de Vendôme restauriert, die 1871 von den Kommunarden umgestürzt worden war.  Außerdem war Gaget-Gauthier auch geschäftstüchtig. So vertrieben sie zur Finanzierung des Projekts kleine Ausgaben der Statue, vielleicht ähnlich wie die  Eiffeltürmchen, die heute überall in Paris angeboten werden. Und daraus soll sich dann –so die schöne etymologische Anekdote- entsprechend der amerikanischen Aussprache von Gaget  das Wort „gadget“ entwickelt haben.[11]

Die Räume der Firma in der Rue de Chazelles waren so hoch, dass selbst der Kopf der Statue dort an einem Stück gefertigt werden konnte.

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Herstellung der linken Hand der Freiheitsstatue in der Firma Gaget

Als dann alle Einzelteile fertig waren, fand  neben der Werkstatt die vorläufige Endmontage statt.  Die über die Dächer der Stadt hinauswachsende Statue wurde zu einem bevorzugten Ausflugsziel der Pariser. „C’est une des curiosités les plus intéressantes de Paris“, schrieb ein Journalist im Juli  1883. Auch Victor Hugo ließ es sich nicht nehmen, der Freiheitsstatue einen Besuch abzustatten und die Treppen in ihrem Inneren hochzusteigen. Er nahm sogar ein kleines Stück der Statue mit  „en souvenir de sa glorieuse visite“, hinterließ dafür aber die starken Worte:   „Das ist der Freiheitsengel, das ist der Aufklärungsriese“.[12]

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Victor Darbaud, La statue de la Liberté de Bartholdi dans les ateliers Gaget-Gauthier, rue de Chazelles. Musée Carnavalet, Paris.

Die fertige Statue wurde dann aber wieder zerlegt,  in zweihundert Kisten verpackt und über den Atlantik verschifft. Ihre bevorstehende Ankunft wurde auch in Amerika publik gemacht. Die Zeitschrift The Scientific American veröffentlichte im Mai 1884 eine Radierung der zur Verschiffung bereiten Statue – mit der gleichen Perspektive und vielen Details wie bei dem Bild von Darboud. Allerdings fehlt in der amerikanischen Version das Gerüst um Kopf, Arm und Fackel. Das ist kaum realistisch, aber der Gesamteindruck ist damit sicherlich eindrucksvoller, und es ging ja hier darum, die Amerikaner auf die Ankunft der Statue einzustimmen.

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Das musée Bartholdi in Colmar

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Das musée Bartholdi in der rue des Marchands 

Einen schönen Überblick über die Geschichte der Freiheitsstatue erhält man im Bartholdi-Museum im Zentrum von Colmar.

Es wurde 1922 im Geburtshaus des Bildhauers eingerichtet.

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Im Hof des Anwesens befindet sich die große Figurengruppe Les trois soutiens du monde: Die Weltkugel wird von drei Atlanten getragen, Allegorien der Arbeit, der Gerechtigkeit und des Patriotismus.

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Die Figurengruppe Bartholdis wurde 1902 auf dem Salon in Paris ausgestellt und 1909 hier aufgestellt, eine bemerkenswerte demonstrative Geste: Der heimatverbundene Elsässer und französische Patriot Bartholdi, der sich 1871 geweigert hatte, deutscher Untertan zu werden und der deshalb nach Paris übergesiedelt war, fertigte gleichwohl für seine nun zum Deutschen Reich gehörende Heimat Arbeiten an.  Und man kann wohl davon ausgehen, dass die Allegorie des Patriotismus, ein junger Mann mit gezücktem Schwert und Fahne, von Bartholdi als Aufruf zur Rückgewinnung des „Reichslandes“ verstanden wurde

Ausgestellt werden zahlreiche Dokumente,  Entwürfe und kleinere Nachbildungen von Arbeiten des Bildhauers wie zum Beispiel des berühmten Löwen von Belfort. Im zweiten Stock, der den amerikanischen Denkmälern Bartholdis gewidmet ist, steht natürlich die Freiheitsstatue im Mittelpunkt.

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Wenn man sich also für die Freiheitsstatue und ihre Geschichte interessiert, ist das musée Bartholdi genau der richtige Ort.

Bartholdis Freiheitsstatue  ist aber nicht nur in dem  ihm gewidmete Museum in Colmar präsent. Unübersehbar thront eine mächtige Nachbildung der Statue auf einem rond point am nördlichen Ortseingang.

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Und der vom office de tourisme vorgeschlagene Stadtrundgang ist mit kleinen in den Boden eingelassenen Dreiecken mit der Abbildung der Freiheitsstatue markiert…

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Bartholdi in Paris

Auch in Paris gibt es Orte, die an Bartholdi erinnern:

  • Der Friedhof Monparnasse, wo sich sein Grabmal befindet
  • Der Friedhof Père Lachaise mit dem Denkmal für den Serganten Hoff
  • und der Platz Donfert-Rocherau mit einer verkleinerten Nachbildung des Löwen von Belfort.

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Der Löwe von Belfort ist nach der Freiheitsstatue sicherlich das bekannteste Werk Bartholdis. Es handelt sich um eine riesige Skulpur aus rotem Vogesensandstein, das an den Widerstand der von Colonel Denfert-Rocherau befehligten französischen Truppen während der Belagerung der Stadt im deutsch-französischen Krieg von 1870/71 erinnert. In Paris steht eine auf ein Drittel verkleinerte, aber immer noch imposante Version des Belforter Löwen aus getriebenem Kupfer mitten auf dem Platz Denfert-Rocherau im 14. Arrondissement. Der Platz hieß ursprünglich place d’enfer und erhielt 1878 den Namen des „heldenhaften Obersten“.[13] Insofern war es nur konsequent, dass das Standbild Bartholdis dort aufgestellt wurde.

1880, als zum ersten Mal der 14. Juli offiziell als Nationalfeiertag begangen wurde, spielten der Platz und der Löwe ein wichtige Rolle. In dem offiziellen Festprogramm hieß es ausdrücklich, dass vor allem der Bastille-Platz und der Platz Denfert geschmückt werden sollten, „wo man den berühmten Löwen von Belfort sehen wird, der dieses Jahr auf dem Salon ausgestellt war, ein zur glorreichen Erinnerung an den Obersten Denfert-Rocherau errichtetes Denkmal“.[14]

Zu dem offiziellen Festprogramm gehörte auch eine große Militärparade. Es sollte damit die Einheit der Nation ausgedrückt und die Schmach der Niederlage von 1870/1871 ausgelöscht werden. Die Symbolik von Militärparade und  des Pariser Löwen von Belfort bei der Einführung des 14. Juli als Nationalfeiertag ist unverkennbar:  Frankreich wollte, wie es in einem Artikel von Libération heißt, seine wiedergewonnene militärische Macht demonstrieren und seine Nachbarn, vor allem natürlich das Deutsche Reich beeindrucken, das nun Elasss-Lothringen besaß[15]– ganz im Sinne der berühmten Devise Gambettas: „Pensons-y toujours, n’en parlons jamais“denken wir immer daran, sprechen wir niemals davon.

Auf dem Friedhof Père Lachaise befindet sich die Statue von Ignace Hoff, eine bemerkenswerte Arbeit von Bartholdi. Während der Belagerung von Paris durch preußische Truppen im deutsch-französischen Krieg hatte sich der „sergent Hoff“ mehrfach ausgezeichnet. Bei dem Ausbruchsversuch der eingeschlossenen französischen Truppen im Gefecht von Champigny an der Marne geriet er in deutsche Gefangenschaft. Nach dem Frankfurter Friedensschluss vom Mai 1871 wurde er aber entlassen, in die Armee der Versailler aufgenommen und beteiligte sich an der blutigen Niederschlagung der Pariser Commune.[15] Aufgrund seiner zahlreichen Verletzungen und seines bravourösen Einsatzes im Krieg gegen die Preußen entwickelte sich noch zu seinen Lebzeiten der Mythos des sergent Hoff als des patriotischen Elsässers, der die Ehre des durch die Abtretung Elsass-Lothringens erniedrigten Frankreichs rettet.

So ist es zu erklären, dass ein einfacher Unteroffizier ein von der Stadt Paris finanziertes lebensgroßes Standbild erhielt. Und so ist es auch zu erklären, dass zu Füßen des Sergeanten Hoff ein Mädchen mit elsässischer Haartracht kniet, das Frankreich -und den  Betrachter-  auffordert, sich zu erinnern: an die Tapferkeit des Verstorbenen im Kampf gegen die Preußen und natürlich auch an die Schmach der Abtretung von Elsass-Lothringen- ganz im Sinne der berühmten Devise Gambettas: „Pensons-y toujours, n’en parlons jamais“denken wir immer daran, sprechen wir niemals davon

                      Grabmal Bartholdis auf dem Friedhof Montparnasse   (28. Division)                                und Modell aus dem musée Bartholdi

Der 1904 in Paris verstorbene Bartholdi hat selbst sein Grabmal entwurfen:  einen Obelisken mit einem weiblichen Genius, die rechte Hand -wie die Freiheitsstatue- zum Himmel emporgestreckt. Auf dem Obelisken befindet sich ein Portrait Bartholdis und die Inschrift

Auteur/ du lion de Belfort/ et de la statue de la Liberté/éclairant le monde

Gustave Jundt div. 17 petit

Bartholdi hat auch noch ein weiteres Grabmal auf dem Friedhof Montparnasse gestaltet, nämlich das des Malers und Grafikers Gustav Jundt, der wie Bartholdi aus dem Elsass stammte und die Rückgewinnung der verlorenen Provinzen erhoffte. (17. Division). Das macht verständlich, dass Bartholdi nicht nur eine  Büste des verstorbenen Künstlers anfertigte, sondern darunter auch hier eine junge Elsässerin mit dem landestypischen Kopfschmuck.

Anmerkungen

[1] https://de.wikipedia.org/wiki/Freiheitsstatue

[2] http://www.statue-de-la-liberte.com/Origine-de-la-statue-de-la-Liberte.php

Sehr sehenswert ist  übrigens das Musée Bartholdi in Colmar. (30, rue des Marchands). Die Geschichte der Freiheitsstatue von New York wird jedenfalls, folgt man der FAZ, „nirgendwo schöner nacherzählt als hier“. (FAZ 8. Juni 2017, Reiseblatt R 4. Michael Bengel, Comar, drei Tage, zwei  Nächte).

[3] http://www.statue-de-la-liberte.com/Construction-de-la-statue-de-la-Liberte.php

[4] http://www.plume-escampette.com/de-la-tour-eiffel-a-apollinaire-quand-la-modernite-touche-le-ciel/   Interessant ist in diesem Zusammenhang vielleicht auch, dass  es  nur französische Wissenschaftler und Ingenieure sind, deren Namen in den Eiffelturm  eingraviert sind – und übrigens auch keine Frauen….

(4a) Marianne und Germania 1789-1889. Frankreich und Deutschland. Ausstellungskatalog Berlin 1996, S. 468/469

[5] http://www.laplanteduval.com/Bruno_Laplante/fr_Bruno_Gounod_Liberte.shtml

https://blogs.mediapart.fr/agnes-kerr/blog/261016/miss-liberty-130-ans

[6] Siehe: https://de.wikipedia.org/wiki/Freiheitsstatue

Was den Bezug zu Delacroix angeht, stimme ich übrigens mit der schönen Darstellung  Rudolf Walthers  nicht überein, der ich ansonsten viel verdanke. („und sein Pathos orientierte sich an Eugène Delacroix‘ berühmtem Freiheitsbild“) In: Rudolf Walther:  Frédéric Auguste Bartholdi – ist die Freiheitsstatue eine Ägypterin? Die ZEIT vom 30.9.2004 und in: R.W.:  „Aufgreifen, angreifen, begreifen“ , Bd 3 , Münster 2013, S. 96 ff.

[7]  S. Edward Berenson, La statue de la Liberté: Histoire d’une icône franco-américaine. 2012. Zuerst, ebenfalls 2012,  englisch bei Yale University Press: The Statue of Liberty. A Transatlantic Story.

[8] Zit. von Rudolf Walther in:  Frédéric Auguste Bartholdi – ist die Freiheitsstatue eine Ägypterin? a.a.O.

[9] Siehe Rudi Walther,  Frédéric Auguste Bartholdi – ist die Freiheitsstatue eine Ägypterin? a.a.O.

Allerdings wird z.T. die Konstruktion auch Maurice Koechlin,  dem leitenden Ingenieur Eiffels, zugeschrieben. Siehe  https://de.wikipedia.org/wiki/Maurice_Koechlin  oder beiden gemeinsam.

Was das Gewicht der Kupferplatten angeht, schwanken die Angaben. Bei Walther sind es 80 Tonnen, an anderer Stelle  werden 100 Tonnen genannt: https://blogs.mediapart.fr/agnes-kerr/blog/261016/miss-liberty-130-ans

[10] http://www.laplanteduval.com/Bruno_Laplante/fr_Bruno_Gounod_Liberte.shtml

[11] https://fr.wikipedia.org/wiki/Rue_de_Chazelles  Dort auch das Foto des Bildes von Darbaud.

http://lafabriquedeparis.blogspot.fr/2013/04/la-liberte-eclairant-la-rue-de-chazelles.html   https://de.wikipedia.org/wiki/Gadget

[12] Zitiert von Rudolf Walther,   Frédéric Auguste Bartholdi – ist die Freiheitsstatue eine Ägypterin? a.a.O. und  im hervorragenden Blog des Le Monde-Journalisten Denis Cosnard über das industrielle Paris:

http://lafabriquedeparis.blogspot.fr/2013/04/la-liberte-eclairant-la-rue-de-chazelles.html

[13] http://www.paris1900.fr/paris-rive-gauche/place-denfert-rochereau-lion

[14] https://www.gouvernement.fr/les-14-juillet-emblematiques-1880-1890-1919-1945

[15] Insofern müsste bei dem Rundgang über den Père Lachaise auf den Spuren der Commune auch das Standtbild des Sergent Hoff berücksichtigt werden – zumal es ganz in der Nähe des bombastischen Mausoleums seines Versailler Oberkommandierenden Adolphe Thiers aufgestellt ist. Siehe: https://wordpress.com/post/paris-blog.org/2912

Zum Weiterlesen

Jacques Betz,, Bartholdi. Paris 1954

La statue de la Liberté. L’exposition du centenaire. Musée des Arts décoratifs. Paris 1986

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