Wie man eine Revolution feiert: der 14. Juli in Paris

Frankreich feiert am 14. Juli die Erstürmung der Bastille  am 14. Juli 1789,  für Victor Hugo die Geburtsstunde der Freiheit,  „l’éveil de la liberté.“  Seit 1880 ist der 14. Juli der französische Nationalfeiertag. Damals allerdings bezog man sich nicht allein auf den 14. Juli 1789, sondern auch bzw.  eher auf den 14. Juli des darauf folgenden Jahres: An diesem Tag  wurde zur Erinnerung an den Sturm auf die Bastille das sogenannte Föderationsfest gefeiert, bei dem der König  Ludwig XVI. vor Vertretern aller Provinzen und Stände einen feierlichen Eid auf die Nation ablegte: Eine große Kundgebung nationaler Einheit, während der Sturm auf die Bastille  für viele konservative/monarchistische  Abgeordnete  der Nationalversammlung als Bezugspunkt eines  Nationalfeiertags nicht infrage kam.   Der 14. Juli 1790 ist inzwischen allerdings weitgehend aus dem kollektiven Gedächtnis der Franzosen verschwunden, und so war es auch nur konsequent, dass die großen Feiern zum 200-jährigen Jubiläum der Französischen Revolution 1989 stattfanden und nicht ein Jahr später. Im angelsächsischen Bereich ist die Sache sowieso klar: Da ist der 14. Juli der „Bastille-day“.[1]

Seit 1880 hat sich ein Ritual der Feiern zum 14. Juli herausgebildet.  In seinem Paris-Roman schreibt  Edward Rutherford dazu:

„Was für ein Glück für die nachfolgenden Generationen, dass die Sansculottes, als sie die Französische Revolution im Jahr 1789 mit der Erstürmung der Festung einläuteten, sich dafür ausgerechnet einen Sommertag ausgesucht hatten. Die perfekte Wahl für einen Feiertag mit Festlichkeiten, Paraden und Feuerwerk“.[2]

Rutherford hat hier den Dreiklang der Feiern des 14. Juli in ganz Frankreich und natürlich auch und vor allem in Paris bezeichnet:

  • Die Festlichkeiten, das  sind Konzerte und Tanz, in Paris vor allem der Tanz in den Kasernen der Feuerwehr
  • Die Paraden, in Paris natürlich die große Parade auf den Champs – Élysées
  • Das große Feuerwerk am Eiffelturm, das die Feierlichkeiten zum 14. Juli abschließt.

In diesem Jahr ist allerdings (fast) alles (ganz) anders. Die nach wie vor geltenden Beschränkungen aufgrund der CV-Pandemie verbieten, dass die Feierlichkeiten so wie üblich ablaufen:

  • Der Tanz in den Kasernen der Feuerwehr wird ausfallen, weil da das geforderte Abstandsgebot nicht durchsetzbar ist.
  • Die große Parade auf den Champs-Élysées wird ebenfalls ausfallen: Eng nebeneinander marschierende Soldaten und ein dicht gedrängtes Publikum stehen natürlich auch im Widerspruch zu den nach wie vor geltenden Verhaltensregeln. Statt dessen wird es eine  Zeremonie mit begrenzter Teilnehmerzwahl auf der place de la Concorde geben. Da sollen die Soldaten und vor allem das medizinische Personal geehrt werden, die am „Krieg“ gegen den Virus beteiligt waren, möglicherweise auch- wie von vielen Seiten gefordert- Vertreter der „Alltagshelden“, der „héros du quotidien“, die in den Zeiten des confinements/shutdowns dafür gesorgt haben, „systemrelevante“ Bereiche des öffentlichen und wirtschaftlichen Lebens aufrecht zu erhalten. Die Luftwaffe wird sich allerdings wie gewohnt präsentieren, und damit werden auch die Farben der Tricolore in den Himmel über der place de la Concorde gezeichnet werden.
  • Das Feuerwerk am Eiffelturm findet auch unter Corona-Bedingungen statt. Da es allerdings nicht mehrere hunderttausend  Schaulustige auf dem Champ de Mars und anderen bevorzugten Schauplätzen geben darf, wird das Gebiet um den Eiffelturm weiträumig abgesperrt.

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Karikatur von Plantu in Le Monde vom 14. Juli 2020

Der diesmal völlig andere 14. Juli ist für mich Anlass, darzustellen, wie der Nationalfeiertag sonst in Paris begangen wird und wie er -hoffentlich-  im nächsten Jahr wieder gefeiert werden kann, vielleicht dann sogar in einer Form, die die Erfahrungen dieses besonderen Jahres berücksichtigt….

  1. Musik und Tanz

Als zentraler Ort von Festlichkeiten bietet sich natürlich aus historischen Gründen der Bastille-Platz an. Allerdings erinnert dort  nur noch wenig an den 14. Juli 1789. Die Bastille wurde ja bald nach ihrer Erstürmung bis auf die Grundmauern abgetragen.  Kleine, fast versteckte Erinnerungen gibt es noch: So die Plakette mit dem Plan der Bastille an einem der angrenzenden Häuser (Place de la Bastille Nummer 5), die anlässlich der Proklamation des 14. Juli zum Nationalfeiertag dort angebracht wurde.

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Plan der Bastille – begonnen 1370, erobert vom Volk am 14. Juli 1789 und abgerissen im gleichen Jahr. Der Umriss der Festung ist auf dem Boden dieses Platzes markiert. 14. Juli 1880.

Diese Umrisse waren bis vor kurzem sehr klar erkennbar und eindrucksvoll im Kopfsteinpflaster des Platzes und einiger auf ihn hinführender Straßen markiert.

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Nach dem  Umbau des Platzes 2019/2020 gibt es kein Kopfsteinpflaster mehr, sondern Asphalt und eine neue Form der Markierung. Dieser Umbau ist städtebaulich sehr überzeugend und ein Segen für Fußgänger und Radfahrer. Aber dem alten Kopfsteinpflaster mit seinen schön abgesetzten Bastille-Markierungen trauere ich dennoch etwas nach….

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Die Säule in der Mitte des Platzes mit dem glänzenden Génie de la liberté erinnert übrigens nicht an die Revolution von 1789, sondern an die Revolution von 1830.

Errichtet ist sie über den Gräbern der während der drei  Aufstandstage, den „Trois Glorieuses“, getöteten Revolutionären.

Hier ist die Säule im Fahnenschmuck für den 14. Juli 2020 zu sehen.

Und auch das berühmte Revolutionsbild von Delacroix bezieht sich auf die Julirevolution von 1830, nicht aber auf die Erstürmung der Bastille.

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Wurfbude an der place de la Bastille

Aber am 14. Juli wurden schon an der place de la Bastille  Freiluftbühnen für Pop-Konzerte aufgebaut, die sich allergrößter Beliebtheit erfreuten.

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Glücklich, wer da noch einen Platz auf den Stufen der Bastille-Oper ergattern konnte!

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In diesem Jahr geht das natürlich nicht – nicht nur wegen der Corona-Pandemie (da betrachtet  man solche Bilder mit einiger Wehmut), aber es wäre wegen der aktuellen Umgestaltung des  Platzes sowieso kaum möglich gewesen.

Ball 14. Juli

Zur Feier des 14. Juli gehört vor allem der Tanz.  Das hat  Joseph Roth  in einem  Manuskript mit dem Titel „Wie man eine Revolution feiert“ (den ich für diesen Blog-Beitrag übernommen habe) hervorgehoben. „Man tanzt auf den Straßen von Paris“ beginnt dieser im Juli 1925 in Paris geschriebene Text. „Seit drei Tagen tanzte man. In der Mitte der Straßen und Plätze spielten Musikkapellen. Großväter tanzten mit Enkeln, Mütter mit Töchtern, Väter mit Söhnen. Eine ungeheure Weltstadt wollte keine Weltstadt sein, sondern eine Weltfreude.(…) Auch der Bürgersteig gehörte den Tänzern und nicht den Passanten. Wer wäre da nicht Tänzer geworden?““[3]

Getanzt wird am 14. Juli seit 1790, wie uns Heinrich Heine ganz wunderbar berichtet:  „…. als am 14 Julius 1789 das Wetter sehr günstig war, begann das Volk das Werk seiner Befreiung, und wer am 14. Julius 1790 den Platz besuchte, wo die alte, dumpfe, mürrisch unangenehme Bastille gestanden hatte, fand dort, statt dieser, ein luftig lustiges Gebäude, mit der lachenden Aufschrift: Ici on danse.“ [4] (Hier wird getanzt).

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„Der Ball des 14. Juli“, den uns der seit 1781 in Montmartre lebende Schweizer Théophile Steinlein auf diesem Gemälde schildert, ist ein echtes Volksfest: Die Straßen sind mit Lampions und Fahnen geschmückt, alle Schichten der Bevölkerung, jung und alt, sind dabei, und es wird nach Herzenslust getanzt.[5]

 Heutzutage wird allerdings nicht mehr auf der place de la Bastille oder auf den Straßen und Bürgersteigen getanzt, sondern vor allem in den Feuerwehrkasernen der Stadt. Es ist nicht ganz klar, seit wann dies so ist. Es gibt dafür aber eine von der Pariser Feuerwehr verbreitete sympathische Version: Am 14. Juli 1937 habe der Sergent Cournet spontan die Tore seiner Feuerwehrkaserne in Montmartre  geöffnet. Seine Kollegen hätten Knallfrösche und bengalische Feuer gezündet und sogar einen Notfalleinsatz simuliert. Es sei dann auch etwas Musik gemacht und ein Ball improvisiert worden- und zwar mit so großem Erfolg, dass dies  die Tradition der Feuerwehrbälle begründet habe.[6]  Heute gibt es diese Bälle in allen Arrondissements,  sie sind kostenlos (es wird nur um eine freiwillige Kollekte gebeten), sie dauern von abends bis in den frühen Morgen (4 Uhr) und die eingeladenen Bands spielen fetzige Musik zum Tanzen.

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Hier der Eingang zur Feuerwehrkaserne des 12. Arrondissements, wo gerade der Ball vorbereitet wurde.

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Als wir das letzte Mal  dort waren, war allerdings das Gedränge so groß, dass man nur stehen und zuhören konnte. An Tanzen war da überhaupt nicht zu denken. Die Stimmung war aber trotzdem bestens.

  1. Die Parade auf den Champs-Élysées

Die Militärparade auf den Champs-Élysées wird gerne als der Höhepunkt der Feierlichkeiten des Nationalfeiertags bezeichnet.[7]  Selbst für die linke Tageszeitung „Libération“ gehört die Militärparade auf den Champs-Élysées neben der Marseillaise, der blau-weiß-roten Flagge und der Büste der Marianne zu den republikanischen Symbolen Frankreichs.[8]  Dies entspricht einer Lesart, nach der die Militärparade ein Ritual ist, das die Kontrolle der Nation über die Armee symbolisiert. Die Armee zeige sich auf den Champs-Élysées als republikanische  Institution. [9]

Joseph Roth hat allerdings in seinem begeisterten Text „Wie man eine Revolution feiert“  gerade diesen Schwerpunkt der Revolutionsfeierlichkeiten übergangen. Denn diese  Militärparade entsprach wohl doch nicht seinem verklärten Bild des 14. Juli.

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Am Vorabend des 14. Juli  proben die Formationen der armée de l’air  ihren großen Auftritt. Den Abflug  konnten  wir öfters von unserer Pariser Wohnung beobachten.

Immerhin ist Frankreich eines der wenigen demokratischen Länder, die am Nationalfeiertag  „un giganteste défilé militaire“ veranstalten[10], die größte Militärparade Europas!  (Überboten wird das wohl nur noch von Ländern wie Russland und China). 2019 nahmen daran 4299 Soldaten, 169 Fahrzeuge, 67 Flugzeuge, 40 Hubschrauber und 237 Pferde der republikanischen Garde teil.[11]

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Die Zurschaustellung militärischer Macht hat ihre  Wurzeln  in der Situation Frankreichs nach der Niederlage von 1871: Françoise Marcard schreibt in ihrem Buch über Frankreich zwischen 1870 und 1918, dass das Trauma der Niederlage ganz eindeutig zur Herausbildung eines revanchistischen Nationalismus vor allem im Erziehungsbereich und auf der linken Seite des politischen Spektrums geführt habe. Der „Kult der Armee“, einer „armée de revanche“ (Quétel),  habe die gesamte öffentliche Meinung  bestimmt. [12] Mit der Militärparade sollte vor allem dem Deutschen Reich gezeigt werden, dass mit Frankreich militärisch wieder zu rechnen sei und dass man –entsprechend den Mahnungen Gambettas und Clemenceaus- den Verlust von Elsass-Lothringen nicht vergessen werde.[13] Natürlich ist diese Zeit überwunden und inzwischen haben  schon mehrfach deutsche Soldaten (im Rahmen übernationaler Einheiten und zuletzt wieder 2019) an der Militärparade auf den Champs-Élysées teilgenommen.

Bis zum Ersten Weltkrieg fand die Truppenparade in Longchamp statt. Grund dafür war das  große Hippodrom, das beste Voraussetzungen für die Präsentation der Kavallerie bot. 1919 wurde die Militärparade dann auf die Champs-Élysées verlegt, wo wesentlich mehr Zuschauer die siegreichen Truppen feiern und –  nach dem Vorbild  römischer Triumphzüge- erbeutete Kanonen bewundern  konnten:  etwa  zwei  Millionen Menschen sollen das damals  gewesen sein![14]

Heutzutage werden es sicherlich nicht mehr ganz so viele sein, aber die Truppenparade ist für viele Menschen immer noch eine große Attraktion.

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Für die Champs-Élysées als Ort der Parade sprach auch  der symbolische Beginn am Arc de triomphe, dem Monument der militärischen Siege (des napoleonischen) Frankreichs.

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Und die Champs Élysées eignen sich natürlich auch besonders gut für motorisierte Einheiten  und  die armée de l‘air, die sich auf bzw. über  der Pariser West-Ost-Achse optimal präsentieren können.

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Der Ablauf der Truppenparade ist immer minutiös geplant. Es beginnt damit, dass von der Plattform des Arc de Triomphe mit Trompetenschall die Ankunft des Präsidenten der Republik verkündet wird. Dann folgt das défilé der einzelnen Einheiten – ein Schauspiel, das über zwei Stunden dauert!

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Ein von allen erwarteter und mit vielen Ahs und Ohs und  Beifall bedachter spektakulärer  Höhepunkt der Parade sind natürlich die Alphajets  der patrouille de France, die die Farben der Tricolore in den Himmel über den Champs-Élysées zeichnen.

Das beeindruckte  offenbar den amerikanischen Präsidenten Trump, der 2017 aus Anlass des 100. Jahrestags des Kriegseintritts der USA als Ehrengast Macrons an der Militärparade des 14. Juli teilnahm – das gehörte zu der allerdings völlig fehlgeschlagenen Charmeoffensive Macrons. Danach wollte auch Trump „seinen 14. Juli“ haben. Allerdings gab es erhebliche  Widerstände, selbst von seinen Parteifreunden. Der republikanische Senator von Louisiana, John N. Kennedy, meinte, Amerika sei das mächtigste Land der gesamten Menschheitsgeschichte, das wisse jeder und das müsse man nicht zur Schau stellen.[15]  Wer über ein solches –sicherlich arg überhebliches- nationales Selbstbewusstsein verfügt, braucht in der Tat keine spektakuläre Militärparade – aber vielleicht liegt hier auch eine Erklärung dafür, warum es nicht einfach nur die Fortführung einer Tradition ist, wenn die „grande nation“  am 14. Juli ihre Truppen auf den Champs-Élysées aufmarschieren lässt.

2011 hatte die damalige grüne Präsidentschaftskandidatin Eva Joly den Vorschlag gemacht, die Militärparade durch ein  défilé citoyen zu ersetzen, an dem die Zivilgesellschaft die gemeinsamen Werte der Republik feiern solle.  Dieser Vorschlag hat damals einen Sturm der Entrüstung ausgelöst. Diesmal wird es aufgrund der Corona-Pandemie  ein solches défilé citoyen geben. Und vielleicht ist das Notprogramm dieses Jahres doch so überzeugend, dass es ein Modell für die Zukunft wird. Das wäre sicherlich auch im Sinne Joseph Roths…   (15a)

 

  1. Das Feuerwerk am Eiffelturm

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Das Feuerwerk am Eiffelturm gibt es seit 1887 – damals war die „dame de fer“  noch im Bau. Und wie man auf der zeitgenössischen Darstellung sieht, war das schon damals ein spektakuläres Ereignis.[16]

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Immerhin war es auch die „société de pyrotechnie Ruggieri“, die das Feuerwerk veranstaltete. Die Gebrüder Ruggieri, die aus Italien stammen, organisierten seit der Mitte des 18. Jahrhunderts große Feuerwerke in Frankreich: Zum ersten Mal eines in Paris 1739 in Paris, um die Hochzeit der ältesten Tochter Ludwigs XV. zu feiern. Und nach dem 14. Juli 1897 feierten sie zwei Jahre später am 14. Juli 1889 die rechtzeitige  Fertigstellung des Eiffelturms zur Weltausstellung  und zum 100. Jubiläum des Beginns der Französischen Revolution. Insofern ist der Eiffelturm auch aus historischen Gründen der ideale Ort für das Feuerwerk zum Nationalfeiertag.

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Die Firma Ruggieri, inzwischen mit einer französischen Feuerwerksfirma fusioniert, ist übrigens immer noch für die Feuerwerke des 14. Juli zuständig.

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Der gewissermaßen klassische Ort für die Betrachtung des Feuerwerks ist natürlich der Champ de Mars. Denn dort wurde am 14. Juli 1790 das Föderiertenfest gefeiert, das ja gewissermaßen der zweite Bezugspunkt des französischen Nationalfeiertags ist.  Am besten ist es, sich schon rechtzeitig einen Platz  zu sichern, denn der Andrang ist groß, auch wenn das riesige Champ de Mars selbst dem  üblichen Massenansturm von mehr als 500 000 Schaulustigen gewachsen ist. Man kann es sich dann –den Sansculotten sei Dank für den günstigen Zeitpunkt des Nationalfeiertags- auf dem Boden gemütlich machen bei einem zünftigen Picknick mit Baguette, Rotwein und Käse. Um 21.15 gibt es dann ein großes Konzert: 2019 mit Beethovens Ode an die Freude und natürlich der Marseillaise am Schluss, bevor schließlich das Feuerwerk beginnt, auf das man von hier aus eine hervorragende Aussicht hat. Etwas schwierig ist dann allerdings der Weg zurück in die Unterkunft, weil alle Metro- und RER-Stationen in der Nähe gesperrt sind. Aber das nimmt man danach gerne in Kauf.

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Natürlich gibt es noch andere –auf den entsprechenden Internet-Seiten empfohlene-  Aussichtspunkte für das Feuerwerk. Wir hatten einmal das Glück, am 14. Juli auf eine Dachterrasse in der Nähe des auf einem Hügel gelegenen Pariser Observatoriums eingeladen worden zu sein. Dort befindet man sich gewissermaßen auf nobler Augenhöhe mit dem Eiffelturm und dem Feuerwerk.

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Lassen wir zum Schluss noch einmal Joseph Roth zu Wort kommen:

„Am Abend des vierzehnten Juli ereignete sich das Feuerwerk. (…) Bunte, knallende Raketen gebar der Horizont. Auf den Schultern der Väter jubelten die Kinder. Diese Kinder, die niemals aufhören werden, Republikaner zu sein, auch wenn sie einmal Opfer der Politik werden müssten. Denn sie haben in einem Alter, in dem ein Feuerwerk erhaben erscheint, den fernen, aber verwandten Glanz einer Flamme gesehn, die Revolution heißt!…“  

Damit schließt Roths Text „Wie man eine Revolution feiert“ und damit soll auch dieser Blog-Beitrag enden.

Anmerkungen:

[1]  Zur Geschichte des 14. Juli siehe u.a. Olivier Ihl, La Fête républicaine. Paris: Gallimard 1996; Claude Quétel, Le mythe du 14 juillet ou la méprise de la Bastille Paris: JC Lattès;  Christian Amalvi,  Le 14 Juillet. Du dies irae à Jour de fête. In:  Les Lieux de mémoire (sous direction de P. Nora), Paris: Gallimard  1997, S. 383-422 und:  Le 14 juillet,  naissance  d’une fête nationale (http://www.cndp.fr/fileadmin/user_upload/POUR_MEMOIRE/14_juillet/PM_14juillet.pdf)

Zu diesem Thema  ist auch ein weiterer Blog-Beitrag geplant.

[2] Paris, Roman einer Stadt.  Heyne 2016, S. 213

[3] Aus: Joseph Roth, Im Bistro nach Mitternacht. Ein Frankreich-Lesebuch herausgegeben von Katharina Ochse. Köln 1999, S. 24

[4] Düsseldorfer Heine-Ausgabe  Band XII, S. 144.

[5] Théophile Steinlen (1859-1923), Le bal du 14 juillet, Paris, musées de la Ville de Paris, © RMN / Agence Bulloz

http://www.cndp.fr/entrepot/index.php?id=1278

[6] https://www.liberation.fr/societe/2014/07/13/pourquoi-les-pompiers-font-ils-la-fete-le-14-juillet_1063232

[7] http://www.parisinfo.com/decouvrir-paris/les-grands-rendez-vous/paris-fete-le-14-juillet

[8] http://www.liberation.fr/france/2017/07/14/pourquoi-les-militaires-defilent-ils-le-14-juillet_1583675

[9]  So Olivier Ihl in:  La Fête républicaine.  Paris: Gallimard 1996

[10]  Das Zitat stammt von Eva Joly, Kandidatin der Grünen bei den französischen Präsidentschaftswahlen von 2011. Zit. in http://www.liberation.fr/france/2017/07/14/pourquoi-les-militaires-defilent-ils-le-14-juillet_1583675

[11] http://www.lefigaro.fr/conjoncture/parades-feux-d-artifice-ce-que-coute-le-14-juillet-aux-francais-20190714

[12] Françoise Marcard,  La France de 1870 à 1918: L’ancrage de la République

Siehe auch: Francis Démier, La France du XIXe siècle. 1814-1914. Paris: Éditions du Seuil 2000, S. 348f

https://www.paris-normandie.fr/actualites/societe/changements-de-dates-controverses-et-delocalisation–un-historien-normand-raconte-le-14-juillet-DF15326665

und: https://www.caminteresse.fr/histoire/pourquoi-defile-militaire-14-juillet-armee-fete-nationale-champs-elysees-soldats-1146254/

[13] Allerdings war dieser Revanchismus auch direkt nach 1871 nicht unumstritten –er wurde z.B. nicht von den Monarchisten geteilt. Und es gab im Verlauf der Dritten Republik deutliche Veränderungen. Siehe dazu:  Jean-Jacques Becker und Gerd Krumeich, Les opinions françaises et allemandes, fin XIXe siecle- début XXe siècle. In: Becker/Krumeich, La Grande Guerre, une histoire fanco-allemande. Paris: Tallandier 2012, S. 17ff

[14] Le 14 juillet,  naissance  d’une fête nationale, S. 55  ,(http://www.cndp.fr/fileadmin/user_upload/POUR_MEMOIRE/14_juillet/PM_14juillet.pdf

[15] Le Monde 11./12.Februar 2018: „La parade militaire de Donald Trump piétine“

(15a)  https://www.leparisien.fr/elections/presidentielle/suppression-du-defile-du-14-juillet-eva-joly-provoque-un-tolle-15-07-2011-1533808.php  https://www.liberation.fr/france/2020/06/05/defile-du-14-juillet-emmanuel-macron-dans-les-pas-d-eva-joly_1790405

[16] Bild aus: https://www.toureiffel.paris/fr/actualites/evenements/le-feu-dartifice-du-14-juillet

Weitere geplante Beiträge:

  • Pariser Erinnerungsorte an den Holocaust (Einleitung) 
  • Der Garten des Palais-Royal (1): ein Garten der Literatur und eine Oase der Stille mitten in Paris
  • Der Garten des Palais-Royal (2): Die „wilden Jahre“ (1780-1830)

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