Das 13. Arrondissement ist bekannt als ein Zentrum der Street-Art in Paris. Es sind vor allem die XXL-Formate entlang des Boulevard Vincent Auriol, die ein großes Freilicht-Museum der Street Art bilden. Die dort meist an Fassaden von Hochhäusern präsentierten Werke sind in Abstimmung mit der Stadtverwaltung und auch den betroffenen Hauseigentümern und Bewohnern angebracht. Sie erfüllen die eher einförmigen neueren Bauten des Arrondissements mit Leben, Farbe, Bewegung. Oft werden damit auch Botschaften transportiert, die zum Nachdenken anregen.
Der Spot 13 hat einen anderen Charakter: Es ist ein an der Seine gelegener unwirtlicher, unbewohnter Bereich vor allem an der Porte de la Gare und zwischen dem Boulevard du Général Jean Simon, der zum Pont National führt, und dem Boulevard Périphérique an der Grenze zu Ivry-sur-Seine.
Auf der anderen Seite des Boulevard Péripherique stehen die beiden markanten Hochhaustürme (Tours DUO) von Jean Nouvel. So kann man den Spot 13 nicht verfehlen.
Der schon länger existierende Spot 13 wird verwaltet von der im März 2021 gegründeten gleichnamigen Assoziation: Sie eröffnet Street-Art-Künstlern die Möglichkeit, dort zu arbeiten und -für eine begrenzte Zeit- ihre Werke zu präsentieren. Der Spot 13 ist also einem ständigen Wandel unterworfen. Insofern werden auch manche/viele der im Lauf des Jahres 2023 von Frauke und Wolf Jöckel aufgenommenen Bilder inzwischen nicht mehr existieren und sie werden anderen Produkten der Street Art Platz gemacht haben.
In dem ständigen Wandel liegt aber auch eine besondere Attraktion des Spots: Man kann fast sicher sein, bei jedem Besuch Neues zu entdecken und Street-Artisten bei der Arbeit zuzusehen:
Dabei kann man beobachten, wie unterschiedlich die verwendeten Techniken sind.
Hier sind es zum Beispiel Blätter und Zweige, die auf die Wand gelegt und dann besprüht werden: Eine spezielle Art der pochoir-Technik.
Bianca dagegen arbeitet ganz traditionell mit Palette und Pinsel – und freut sich, wenn man sich für ihre Arbeit interessiert und ihr dabei zusieht.
Einen Rundgang durch den Spot 13 beginnt man am besten mit der Galerie Itinerrance (24b Boulevard du Général d’Armée Jean Simon), gut erreichbar mit der Straßenbahnlinie T 3, Haltestelle Avenue de France. Von dort aus sind es nur wenige Schritte (Richtung Seine) zur Galerie.
Die Galerie itinerrance
Diese Galerie hat für die Street-Art des 13. Arrondissement besondere Bedeutung, weil sie, in Zusammenarbeit mit dem Rathaus des Arrondissements den Parcours der großen Formate entlang des Boulevard Vincent Auriol entwickelt hat und noch weiter entwickelt.
Die Galerie verfügt über einen großen Ausstellungsraum, in dem Künstler der Street-Art ausgestellt werden, die aber auch Werke zum Verkauf anbieten.
Retrograffitism, Acryl auf Leinwand. Der 1974 geborene und 2023 in der Galerie präsentierte Street-Art-Künstler hat hier offensichtlich eine Anleihe bei den Papierschnitten des späten Matisse gemacht….
Am Boulevard du Général d’Armée Jean Simon
Bevor man die Treppe zum „Untergrund“ der porte de la gare heruntergeht, sollte man sich etwas vor der Urban Arts Butik (20, Boulevard du Général d’Armée Jean Simon) umsehen, weil auch/schon dort Street-Artisten am Werk waren.
Den bunten Urwald-Traumbildern der Künstlergruppe Louyz sind wir auch schon im kleinstädtischen Idyll des Viertels Buttes aux Cailles im 13. Arrondissement begegnet. Dort konnten wir sie sogar bei der Arbeit an einem großem Wandbild beobachten.
Dieser alte Mann hat offenbar aufgehört zu träumen: Erinnerungen und Traurigkeit fallen auf ihn herab wie tote Blätter – so wie in dem beigefügten melancholischen Gedicht von Jacques Prévert….
Die Treppe abwärts
Diese enge lange Treppe mit den hohen Wänden an der Seite scheint ein wahres Eldorado für Street-Artisten zu sein. Hier gibt es kaum ein Fleckchen, das noch nicht entsprechend genutzt wurde.
Links oben einer der weißen Männer von Jerôme Mesnager. Die schwarz-weiße Skelett-Katze am unteren Bildrand von Mr Byste (vielen Dank, Heike, für den Hinweis) jagt die Ratten die Treppe hinunter.
In den Gläsern spiegeln sich Bilder von der anderen Seite des Treppenabgangs. Hier ist es zum Beispiel ein bunter Schmetterling – vielleicht ein Werk von Gérard Laux und Michel Allemand (Mosko), die mit ihren bunten Tieren viele Orte in Paris farbig und phantasievoll bereichern.
Der Krieg in der Ukraine ist in den französischen Medien nur ein peripheres Thema. Das ist nicht weiter erstaunlich, weil Frankreich -anders als Deutschland- bei der Aufnahme von ukrainischen Flüchtlingen und bei der Unterstützung des Landes -selbst bei Waffenlieferungen- einen hinteren Platz einnimmt. Bei der Street-Art ist das anders….
Aus Bomben können nur Gräber entstehen.
Im „Untergrund“ der Porte de la Gare
Auf beiden Seiten des Quai d’Ivry gibt es unterhalb der Straßenüberführung und Brücke große Räume, die -mit Gittern provisorisch abgesperrt, aber tagsüber geöffnet- zur Gestaltung wie geschaffen sind.
Allerdings sind diese Räume so düster, dass im Allgemeinen nur mit künstlichem Licht gearbeitet werden kann. Umso bemerkenswerter sind die Ergebnisse.
Dies ist ein Werk von ROA, einem belgischen Street-Artisten, dessen Name nicht bekannt ist. ROA hat schon in allen Erdteilen gearbeitet, auch in Deutschland (Köln und Berlin). Es ehrt natürlich den Spot 13, dass er hier gleich mehrfach vertreten ist.
Und ganz in der Nähe, am den Jardins Abbé-Pierre/Grands-Moulins, gibt es ein großes Wandbild von ihm, das allerdings nicht ephemer sein soll – auch wenn es im (hier nicht abgebildeten) unteren Teil schon mit Plakaten gegen die Rentenreform überklebt ist…
Eine Hommage an die 2022 verstorbene Miss Tic, die „princesse du graffiti“
… und eine weitere an Josephine Baker, deren sterbliche Überreste 2021 ins Pantheon aufgenommen wurden.
Als wir dieses Bild aufgenommen haben, bezog es sich auf den Krieg in der Ukraine, inzwischen hat es auf tragische Weise neue Aktualität erhalten….
Nelson Mandela: It is in your hands to make a better world für all who live in it.
Unter den Fahrbahnen des Boulevard Périphérique
Der hauptsächliche Aktionsraum des Spot 13 ist das weite und weitgehend freie Gelände unterhalt des Boulevard Périphérique und seiner Auffahrten. Ein Vorteil dieses Gelände besteht auch darin, dass hier eine Arbeit ohne künstliche Beleuchtung möglich ist.
Frauen der Welt. Mit einem Zitat von Simone Beauvoir: „On ne naît pas femme on le devient“. (Man kommt nicht als Frau zur Welt, man wird es)
Ein Werk des in Paris sehr präsenten Street-Artisten Fred le Chevalier
Unter dem Pflaster liegt der Strand – oder: geht es zum Strand….
Weitere Bilder zum Spot 13 in dem Street-Art-Blog: https://streetartgallery.eu/2023/01/19/paris-silvester-2022/
Weitere Blog-Beiträge zur Pariser Street Art
Hallo. Ich habe mich sehr gefreut einen Beitrag über den Spot 13 lesen zu können. Eine kleine Korrektur kann ich beitragen: Katz und Mäuse stammen von Mr Byste und nicht von Roa. Vielleicht haben Sie Interesse mal bei meinen Paris-Street-Art-Blog-Beiträgen vorbeizuschauen. https://streetartgallery.eu/category/street-art-paris/
Vielen Dank für den netten Post, ich freue mich immer von Ihnen zu lesen.
Grüße aus Bonn
Heike Larisch
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Vielen Dank für die Mail und die Korrektur, die ich entsprechend berücksichtigt habe. Am Schluss gibts jetzt einen Verweis auf die schöne street-art-gallery. bien cordialement Wolf Jöckel
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Lieber Wolf, wie immer sehr informativ! Steht auf der Liste für unseren nächsten Besuch! Herzlichen Dank! Liebe Grüße und vielleicht ja bis morgen. Mathias
Gesendet mit der Telekom Mail App http://www.t-online.de/service/redir/emailmobilapp_ios_smartphone_footerlink.htm
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Schön, überraschend und vielgestaltig – Lutetia moderna mehr als ein Tipp Christoph-M. Stegers
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Vantastische Phielfalt, Danke fürs Einfangen.
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