Im November 2014 haben wir eine neue Wohnung im 11. Arrondissement bezogen. Sie ist sehr klein und manche Freunde fragen sich, wie wir es auf so engem Raum zusammen aushalten. Aber dafür gibt es eine kleine Terrasse, von der aus man einen schönen Blick auf Paris hat. Leider wurde ein Teil des Panoramas in den 1970-er Jahren durch einen massiven 08/15- Wohnblock verstellt, so dass wir vom Eiffelturm nur noch nachts die kreisenden Lichtstrahlen sehen, aber es gibt immerhin doch noch genug zu sehen:
Die Dächer von Paris „les toits de Paris“ , der Turm des Gare de Lyon und die Hochäuser des „Chinesenviertels“ im 13. Arrondissement
Hier noch einmal im Februar 2018- einem für Paris außergewöhnlich schneereichen Monat. Die „Dächer von Paris“ möchten sich übrigens im Jahr 2021 bewerben, ins immaterielle Welterbe der UNESCO aufgenommen zu werden. Allerdings müssen sie sich vorher noch im Frankreich-internen Wettbewerb u.a. gegen das baguette durchsetzen.
Die Dächer von Paris eignen sich auch als Ambiente für Modefotografie
La Défense (ohne Fotobearbeitung!)
Die Türme und der Dachreiter von Notre Dame, dazwischen ein Turm von Saint Sulpice und links die Kuppel von St Paul
Notre Dame im Farbenspiel des Sonnenuntergangs ist immer faszinierend:
Sonnenuntgergang über den Türmen von Notre Dame März 2023 – noch Baustelle und ohne neuen Dachreiter
Hier noch einmal das abendliche Panorama – wie es vorher war- rmit dem Fesselballon vom Parc André Citroen
Der Wohnblock, der uns den Blick auf den Eiffelturm versperrt, ist uns natürlich ein großes Ärgernis (dazu auch noch ein Kasten ohne den geringsten architektonischen Anspruch), wenn dann aber der Rauch im Schein der untergehenden Sonne glüht, ist das ein kleiner, aber auch schnell vergänglicher Trost.
Die Bibliothèque Nationale in der Abendsonne
Seit 2021 gibt es im Osten von Paris eine neue Attraktion: Das schräge Hochhaus des französischen Star-Architekten Jean Nouvel. Allerdings finde ich den Bau eher etwas effekthascherisch. Ich finde jedenfalls, dass er keine Bereicherung der Pariser Silhouette ist. Aber wer weiß….
Am 14. Juli kann man die Militärflugzeuge sehen, die an der großen Militärparade auf den Champs Elysées teilgenommen haben
In der Mitte -unübersehbar-der Tour Montparnasse, links die Julisäule auf der Place de la Bastille mit dem bei Sonne leuchtenden goldenen Génie de la Liberté und dahinter die Kuppel des Pantheons, hier noch während der Restaurierungsarbeiten mit Kran
Nachts sieht das etwa so aus- jetzt ist die Kuppel renoviert und nachts beleuchtet:
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Hier ist der Tour Montparnasse blau beleuchtet, manchmal aber auch rot.
Das große Feuerwerk am Eiffelturm am 14. Juli können wir leider von unserer Terrasse nicht sehen – das verhindert der Wohnblock der 70-er Jahre, der uns den Blick versperrt. Aber dafür bekommen wir etwas mit von dem jährlichen Riesenfeuerwerk der Domaine de St. Cloud. (https://www.le-grand-feu.com/)
Es ist nach Angaben der Veranstalter „das größte Feuerwerk Europas“ und dauert zwei Stunden.
Auch wenn St. Cloud im Westen der Stadt liegt – 25 km von uns entfernt- kann man doch etwas von dem Spektakel sehen.
Manchmal ist der Blick auf die Stadt ziemlich getrübt, wie im März 2016:
Da konnte man die Kuppel des Pantheons nur noch erahnen, der Tour Montparnasse war völlig im Dunst verschwunden. Ursache war die massive Feinstaubbelastung -verursacht vor allem durch die in Frankreich mehrheitlich benutzten Dieselfahrzeuge und eine längere ungünstige Wetterlage. Am 16.3. soll Paris sogar -nach Information von Les Echos vom 19.3.2016- weltweit die Stadt mit der größten Luftverschmutzung gewesen sein. Nach langem Hinhalten sah sich sogar die „Umweltministerin“ genötigt, endlich der von der Stadt Paris geforderten Einführung von Verkehrsbeschränkungen zuzustimmen.
Sehr gefreut haben wir uns im Frühjahr 2016 allerdings über das „Starenbalett“, das wir von unserer Terrasse aus beobachten konnten. Die abendlichen Flugvorführungen der Starenschwärme waren ein grandioses Schauspiel. (Siehe dazu den Blogbeitrag „Die Stare vor unserem Fenster: deutsch-französische Sichtweisen“ vom Juni 2016 /Wir in Paris: https://paris-blog.org/2016/06/24/unsere-freunde-die-stare/ ) Die deutsch-französischen Sichtweisen, von denen im Titel des Blogbeitrags die Rede ist, könnten übrigens, wie ich zu meiner Überraschung festgestellt habe, kaum unterschiedlicher sein: des einen Freund ist des anderen Feind…
Seitlicher Blick auf den Square de la Roquette mit den beiden Torhäusern des ehemaligen Frauengefängnisses „La petite Roquette“ – Wir wohnen da, wo einmal das Gefängnis der Männer und der zum Tode Verurteilten stand… Man kann sogar (allerdings nicht auf diesem Bild) die meist zugeparkten fünf Basaltplatten erkennen, auf denen die Guillontine aufgebaut wurde. (siehe dazu den Blog-Beitrag: Wohnen, wo einmal die Guillotine stand, La Grande et La Petite Roquette)
Zwei Häuser weiter wurde inzwischen ein Studentenwohnheim eingerichtet. Dazu gehört auch ein komfortabler Dachgarten mit Plastikcouchs und drei kapitalen Olivenbäumen, die mit einem Kran hochgehievt wurden. Die Studenten lieben offensichtlich -wie wir- den freien Blick und den hat man vor allem von den beiden Ausgängen der Aufzugsschächte.
Manchmal wird auch etwas gefeiert, aber das hält sich eher in Grenzen. Manche Bewohner/innen unseres immeuble oder der benachbarten -Wohnblocks sind da wesentlich rücksichtsloser. Trotzdem haben wir es aber noch nie erlebt, dass die Polizei wegen ruhestörenden Lärms eingeschritten wäre.
Angestellte des benachbarten Verlags So Press spielen in der Mittagspause Fußball: Die Spieler, die den Kreis bilden, müssen sich den Ball so zuspielen, dass der Spieler in der Mitte ihn nicht berühren kann. Ich beobachte das sehr gerne, weil sie das auch sehr gut machen. Der Verlag, ein erfolgreiches Start-up, hat seinen Sitz im Erdgeschoss des gegenüber liegenden Wohnblocks. Es ist, wie Le Monde schreibt, „un ancien théâtre du 11e arrondissement de Paris, quartier branché de la capitale.“ (Le Monde, 6.3.2018, médias & pixels, S. 8) Manchmal wird dort auch gefeiert, natürlich bei geöffneten Fenstern. Aber das muss man wohl in Kauf nehmen, wenn man in einem „trendigen Viertel“ lebt.
Und manchmal gibts auch Musik, dann freuen sich nicht nur die jungen Leute des Verlags, sondern auch die Bewohner der Häuser daneben und gegenüber, die dann auch nicht mit Trinkgeld geizen, das der Trompetenspieler zugeworfen bekommt.
Hier dient die Straßenecke leider als Müllabladeplatz. Müll und Dreck sind in Paris -gerade auch in unserem 11. Arrondissement- ein sehr wichtiges kommunalpolitisches Thema. Aber wirklich gebessert hat sich nach unseren Beobachtungen leider wenig. Immerhin: Als ich einem bei der Mairie unseres Arrondissements angerufen und mich über den vor unserer Haustür verstreuten Abfall beklagt habe, wurde ich durchaus Ernst genommen: Einen Tag später war ein Reinigungstrupp da.
Die Straßenecke diesmal ohne Fußballspieler, aber mit einer Mülltonne, die die jungen Fußballer ab und zu für Zielübungen verwenden; und mit Markierungen für die zu erwartenden Verlegungen neuer Leitungen- eine besonders Art der Street-art…
… wie auch diese Maus am Haus gegenüber….
Nach abgeschlossener Leitungsverlegung werden die Gehsteige wieder asphaltiert. Das machen Arbeiter mit einem schwarzafrikanischen Migrationshintergrund.
immerhin haben hier die Arbeiter genügend Platz zwischen zwei geparkten Autos hindurchzulaufen. Das ist etwas Besonderes, denn meistens sind die Autos Stoßstange an Stoßstange geparkt. Einmal hörten wir drunten ein lautes Krachen und Lachen: Wir liefen auf die Terrasse und sahen, wie zwei junge Männer gerade dabei waren, einen kleinen Lieferwagen in eine enge Parklücke zu manövrieren. Dabei rammten sie jeweils das davor- und das dahinter geparkte Auto, um die Parklücke so zu erweitern, dass für ihr Auto genügend Platz war. Und jedes Mal, wenn es dabei krachte, war die Freude gro0.
Dieses Bild ist in der Nacht vom 2. auf den 3. April 2020 aufgenommen, also während des Corona-Virus- Ausgangssperre. So viele freie Parkplätze gibt es da noch nicht einmal während der Sommerferien, wenn viele Pariser ausgeflogen sind. Aber kurz vor Beginn der Ausgangssperre haben ja etwa 1 Million Menschen des Großraums Paris fluchtartig die Stadt verlassen und sich in ihre Ferienhäuser auf dem Land abgesetzt – ein Prozess, der sogar mit dem gewaltigen Exodus vieler Pariser 1940 beim Anrücken der deutschen Wehrmacht verglichen wurde: Also freie Parkplätze in Hülle und Fülle.
Abends Punkt 8 Uhr wird es aber in der Zeit des Corona-Virus- confinements in der Straße lebendig. Da gehen viele Fenster auf und es wird laut Beifall geklascht für das medizinische Personal, das in Frankreich, und gerade auch in der wesentlich betroffenen Region Île-de-France an „vorderster Front“ bei der Bewältigung der Krise steht. Der militärische Ausdruck nimmt die offizielle und weit verbreitete -aber auch mit Recht kritisierte- Terminologie auf: Danach befindet sich Frankreich im Kriegszustand und es wird die „union sacrée“ aus den Zeiten des Ersten Weltkriegs beschworen. Das Klatschen und Topfschlagen ist aber eine schöne und auch nachbarschaftliche Geste, an der wir uns gerne beteiligen. Da winkt man sich auch untereinander zu und kommt- wenn auch über die Straße hinweg- mit Leuten in Kontakt, die man bisher noch nie wahrgenommen hat. (5. April 2020)
Und in Zeiten der massiven Ausgangsbeschränkungen (confinement) ist es natürlich ein Glück, wenn man -wie wir- eine kleine Terrasse hat oder wenigstens -wie die junge Dame im Haus gegenüber- wenigstens ein winziges Balkönchen- das normalerweise nur -wenn überhaupt- für ein paar Blumentöpfe verwendet wird.
Manchmal haben wir auch auswärtigen Besuch auf unserer Terrasse:
Vögel sitzen auch gerne auf dem (für uns ärgerlichen) Funkmast gegenüber. Im Oktober 2021 haben wir dort zum ersten Mal auch einen Papagei gesehen. Der kam vermutlich vom Père Lachaise, wo er inzwischen heimisch ist.
Ganz selten gibt es auch mal Schnee auf der Terrasse, wie im Februar 2018:
Aber dann ist der Frühling umso willkommener.
Wenn man aufs Dach steigt, hat man eine besonders schöne Aussicht: sogar die Sptze des Eiffelturms und vor allem das Panorama von Montmartre mit der Kirche Sacre Coeur (im Morgendunst)
… und seitlich sieht man die Kirchen Notre Dame du Perpetuel Secours am Boulevard de Ménilmontant und Notre Dame de la Croix in Ménilmontant.
Aber um diese Blicke genießen zu können, müssen schon Handwerker da sein, die auf dem Dach zu tun haben. Bei den Reparatur-anfälligen Pariser Zink-Dächern kann das allerdings öfters mal vorkommen…. Diese Zink-Dächer sind zwar -seit dem Stadtumbau des Barons Haussmann- typisch für die Pariser Bauten, aber im Blick auf die Klimaveränderungen und die ansteigenden Temperaturen gerade auch in einer so eng bebauten Stadt wie Paris. Ein französischer Experte für klimagerechtes Bauen und Fan des Barons sieht in diesem Bereich jedenfalls Veränderungsbedarf und schlägt vor, die Zink-Dächer weiß anzusteichen. (Le Parisien vom 31.3.2023)….. Das werden wir aber wohl kaum noch erleben, dass es so weit kommt. In unserem Immeuble -wie in vielen anderen- ist man ja immer noch nicht so weit, die Heizkosten entsprechend dem individuellen Verbrauch abzurechnen….
Eine reizvolle Perspektive… (Bild von Evelyne Picard im Sept. 2016)
Traurig ist seit April 2019 der Blick auf Notre Dame: Jetzt ohne Dachreiter und mit Notdach.
Und schade ist, dass die Türme von Notre Dame nachts nicht mehr angestrahlt sind. Dabei wäre das doch ein trotziger Ausdruck der Zuversicht: Wir lassen uns nicht unterkriegen!
Statt des Dachreiters gibt es seit Dezember 2019 einen riesigen Kran, der zunächst zur Beseitigung des im Brand zerstörten Gerüsts benötigt wird. Man ist also immer noch mit Aufräumungs- und Sicherungsmaßnahmen beschäftigt. Dass, wie von Macron vollmundig angekündigt, Notre Dame schon 2024 zu den Olympischen Spielen wieder in neuem Glanz erstrahlen wird, ist da kaum vorstellbar….
