Vor einem Jahr habe ich den Leserinnen und Lesern dieses Blog ein gutes und friedlicheres neues Jahr gewünscht. Daraus ist leider nichts geworden- eher im Gegenteil. Ein kleines Symbol der Hoffnung und Zuversicht gab es immerhin: Am 8. Dezember, fünf Jahre nach dem verheerenden Brand, ist Notre-Dame wiedereröffnet worden, „in aller Pracht und Schönheit“, vielleicht sogar noch prächtiger als zuvor (Gero von Randow).
Foto vom 21.12.2024
Seit dem Brand gab es insgesamt neun Beiträge zu Notre-Dame, zuletzt zwei im Dezember. Vielleicht werden noch weitere folgen. Aber zunächst gibt es viele andere Projekte für das nächste Jahr:
Zum 100. Geburtstag des Surrealismus: Eine Ausstellung über eher unbekannte Facetten des Werks von Jacques Prévert im Musée de Montmartre
Die beiden Zirkusbauten von Hittorff in Paris (vor allem der cirque d’hiver)
„Fort mit dir nach Paris“: Mozarts Aufenthalte in Paris. Vom gehätschelten Wunderkind zum gedemütigten Außenseiter
Dünkirchen, die Hochburg des französischen Karnevals
Die Bauten Le Corbusiers in und um Paris I (Doppelhaus La Roche und Jeanneret, Miets- und Atelierhaus Porte Molitor und Schweizer Pavillon in der Cité Universitaire)
Le Corbusier II: Villa Savoye und Plan Voisin, viel Licht und viel Schatten
Das königliche Kloster Brou in Bourg-en-Bresse: Die europäische Geschichte einer außerordentlichen Frau um Liebe, Macht und Tod
Wem „gehört“ er? Die Gutenberg-Denkmäler in Straßburg und Mainz
Malmaison: „Das allerliebste Landhaus“ Napoleons und Josephines
Der frisch restaurierte Arc de Triomphe du Caroussel
„Kathedralen des Handels“: Die großen Kaufhäuser von Paris
Das Palais Idéal du Facteur Cheval in Hauterives/Drôme
und natürlich die beiden schon für 2024 vorgesehenen Beiträge über Courbet in Ornans und das Schloss und den Park von Vaux-le-Vicomte
Dazu wird sicherlich -wie im letzten Jahr- noch einiges Weitere hinzukommen, was sich im Lauf des Jahres ergeben wird. Ich hoffe, dass für jede und jeden etwas Interessantes dabei sein wird. Insgesamt jedenfalls entwickelt sich der Blog weiter sehr positiv: Mehr Abonnenten, mehr Besucher, 30 neue Beiträge im letzten Jahr (eigentlich hätten es höchstens 24 sein sollen…), davon auch einige schöne Gastbeiträge, für die der Blog immer offen ist. Das soll sich auch im neuen Jahr so fortsetzen.
Außerdem wird es ein 2025 ein neues Format geben: Nämlich ein „Bild des Monats“ (was vielleicht auch einmal zwei oder drei sein können). Wir finden in Paris und Frankreich oft schöne Fotomotive, die aber nicht zu einem geplanten Blog-Beitrag passen. Für solche Bilder soll nun auch Platz auf dem Blog sein – eine hoffentlich schöne Ergänzung und vielleicht auch ein kleiner Ausgleich zu den ja oft sehr ausführlichen Blog-Beiträgen…
Mit vielen guten Wünschen für das neue Jahr und natürlich auch weiterhin Interesse und Freude an dem Paris- und Frankreich-Blog
Seit dem 8. Dezember 2024 ist Notre-Dame de Paris, 5 Jahre nach dem verheerenden Brand, wieder für die Öffentlichkeit zugänglich und erstrahlt in neuem Glanz: Da wird gerne von renaissance, miracle (Wunder) oder gar von einer résurrection (Wiederauferstehung) gesprochen.[1]
Die Kathedrale wurde umfassend renoviert, die Inneneinrichtung modernisiert, die Bausubstanz aber wieder in den Zustand vor dem 15. April 2019 zurückversetzt, gewissermaßen so, als habe der Brand nie stattgefunden. Präsident Macron als Repräsentant des für das Bauwerk zuständigen Staates hätte sich durchaus eine „geste architecturale“ vorstellen können, also einen Wiederaufbau im Geiste unserer Zeit. [2] Beschlossen wurde dann aber eine Rekonstruktion „à l’identique“, wozu vielleicht auch der von Macron selbst erzeugte 5-Jahres-Zeitdruck beigetragen hat. Die wiederaufgebaute Kathedrale entspricht damit im Wesentlichen wieder dem grundlegenden Werk Viollet-le-Ducs, der Mitte des 19. Jahrhunderts aus dem damals arg heruntergekommenen Bau eine idealtypische gotische Kathedrale formte. Symbol dieser ersten „résurrection“ ist der mächtige Dachreiter, der 2019 bei dem Brand einknickte und das Dach der Kirche durchschlug. Auch dieser Dachreiter mit dem Abbild Viollet-le-Ducs wurde exakt wiederhergestellt: Die kurze Debatte zwischen den Anciens, den Vertretern eines getreuen Wiederaufbaus, und den Modernes, Vertretern einer wie auch immer gestalteten und ggf. an den Brand erinnernden Einbeziehung neuerer Elemente war damit beendet, noch ehe sie recht begonnen hatte.
Statue des Heiligen Thomas vom Dachreiter mit dem Abbild Viollet-le-Ducs[3]
Die entscheidende Rolle Viollet-le-Ducs für Notre-Dame wurde gerade nach dem Brand der Kathedrale immer wieder hervorgehoben. Erst er habe, so wurde da sogar hymnisch festgestellt, aus Notre-Dame ein „chef-d’oeuvre“, ein Meisterwerk gemacht. [4] Dabei nahm sich der Architekt einige Freiheiten und stattete die Kirche mit Elementen aus, die es vorher in dieser Form noch nie gegeben hatte. Dazu gehört vor allem der mächtige Dachreiter, der seit Viollet-le-Duc und jetzt wieder nach dem Brand die Silhouette der Kathedrale prägt.
Blick von unserer Terrasse auf Notre-Dame (2.12.2024 – links die Kuppel von Saint-Paul, rechts neben dem hoch aufragenden Dachreiter einer der Türme von Saint-Sulpice)
Der aktuelle Fensterstreit von Notre-Dame
Die eminente Rolle Viollet-le-Ducs für Notre-Dame erklärt die Heftigkeit, mit der aktuell die Auseinandersetzung um neue Kirchenfenster in der Kathedrale geführt wird. Diese Auseinanderesetzung, für die Worte wie Streit oder sogar Kampf verwendet werden, beendet eine Phase des Wiederaufbaus, die von einer weitgehenden nationalen Geschlossenheit geprägt war. Philipp Jost, der Nachfolger des verunglückten Generals Gorgelin als Chef der Rekonstruktions-Arbeiten an Notre-Dame, verwendete dafür sogar den Begriff der „union sacrée“, (geheiligte Einheit), der im Ersten Weltkrieg geprägt wurde, um die nationale Einheit im Kampf gegen das Deutsche Reich zu beschwören. [5] Gegenstand der aktuellen Auseinandersetzung sind die Fenster in sechs der sieben südlichen Seitenkapellen.
Diese ornamentalen Fenster – insgesamt gibt es davon zwölf, hier eines der Kapelle Saint-Éloi auf der rechten Seite[6]– waren im Zuge der Restaurierung von Viollet-le-Duc entworfen und von verschiedenen Ateliers ausgeführt worden: Von den mittelalterlichen Glasfenstern waren im 19. Jahrhundert nur noch die großen Fensterrosen im Westen, Süden und Norden übrig geblieben: Im 18. Jahrhundert, dem Zeitalter der lumières (Aufklärung), hatten die Kanoniker es für notwendig befunden, die farbigen mittealterlichen Glasfenster des Kirchenschiffs durch helle, lichtdurchlässigere Scheiben zu ersetzen – aus heutiger Sicht ein vorrevolutionärer Vandalismus…
Bei der Rekonstruktion nach dem Brand wurde auf jedwede zeitgenössische Veränderung und Neuerung des Baus verzichtet. Dies gilt auch für die Fenster, einschließlich der Viollet-le-Ducs. Aber es gab und gibt trotzdem auch das Projekt moderner Fenster- eine ziemlich verwickelte Geschichte, die nach Le Monde gut und gern den Stoff für ein Theaterstück bietet. [7] Teile der Geistlichkeit sehen im Brand von Notre-Dame die Chance, die Kirche für moderne Kunst und eben auch für moderne Glasfenster zu öffnen. Viele Epochen, so Erzbischof Ulrich, hätten in der Kathedrale ihre Spuren hinterlassen: „Es gibt in Notre-Dame Glasfenster aus dem 13. Jahrhundert, dem 17., dem 19. und dem 20, warum nicht auch auch aus dem 21.“, der Epoche also, die „die verwundete Kathedrale“ restauriert habe Die Idee wurde von Präsident Macron begeistert aufgenommen. Nach der Wiedereröffnung solle -wenigstens mit den sechs Fenstern -von insgesamt 120- das 21. Jahrhundert (la marque du XXIe siècle) in die Kathedrale einziehen. Viollet-le-Duc sei 29 Jahre alt gewesen, als er den Dachreiter von Notre-Dame entworfen habe, Renzo Piano, der Architekt des Beaubourg/Centre Pompidou, 33. Man müsse auch Vertrauen in die (jungen) Künstler unserer Zeit haben.
Am 8 Dezember 2023, ein Jahr vor der Wiedereröffnung von Notre-Dame, kündigte Präsident Macron an, es werde ein Wettbewerb für den Entwurf von 6 zeitgenössischen Fenstern ausgeschrieben. Natürlich sollen die Fenster von französischen Ateliers hergestellt werden, made in France oblige.[8] Und es soll sich um figurative Darstellungen handeln.[9] Deshalb war auch eine der südlichen Seitenkapellen ausgenommen, weil es dort schon eine figürliche Darstellung gibt, nämlich die der Wurzel Jesse/des Jessebaums.
Die ausdrückliche Beschränkung der Ausschreibung auf figürliche Darstellungen war ein Wunsch von kirchlicher Seite. So wunderbare Glasfenster wie die von Pierre Soulages in Conques…
Fotos: Wolf Jöckel
…. von Gerhard Richter im Kölner Dom oder die von Imi Knoebel in der Kathedrale von Reims sind damit ausgeschlossen.
Insofern ist auch die nachfolgend abgebildete Gegenüberstellung, wie sie am 7.12. 2024 von franceinfo:culture veröffentlicht wurde, irreführend. [10]
Der Widerstand gegen neue Fenster in Notre-Dame war und ist aber erheblich. Eine breite Oppositionsfront von „klerikalen Traditionalisten und antiklerikalen Bewahrern des Alten“ (Le Monde) versuchte schon im Anfangsstadium der Diskussionen das Projekt zu blockieren. So die damalige Kultusministerin Roselyn Bachelot unter Verweis auf die Charta von Venedig. Diese 1964 auf einem Kongress internationaler Denkmalschützer verabschiedete Resolution sieht vor, dass bei der Restaurierung von Gebäuden der letzte bekannte Stand maßgeblich sei. Allerdings hat diese Charta keinen rechtsverbindlichen Charakter, wie Nicolas Dohrmann von der Cité du vitrail in Troyes betont. Es drohten also keine Sanktionen, wenn einige Fenster von Notre-Dame ausgewechselt würden. [11]
Im Juli 2024 lehnte dann aber die Commission nationale du patrimoine et de l’architecture (CNPA), die allerdings nur konsultative Befugnisse hat, das Projekt ab. Selbst der Rektor der Kathedrale distanzierte sich vorsichtig von der Initiative des Erzbischofs, indem er feststellte, es handele sich um ein Projekt des Staates.[12] Staat und Kirche scheinen sich da jeweils etwas schamhaft hinter der anderen Seite zu verstecken: Umgekehrt hatte Präsident Macron nämlich schon früh gefordert, die Kirche müsse für die zeitgenössischen Fenster die Patenschaft übernehmen. Wenn er sich da zu weit aus dem Fenster lehne, habe das Projekt keine Chance…
Wie heftig die aktuelle querelle beziehungsweise bataille des vitraux ist, zeigt auch dieses In den sozialen Medien kursierende Bild: Es handelt sich angeblich um ein für Notre-Dame ausgewähltes Glasfenster: natürlich völliger Unsinn – eine reine Erfindung! [13]
Es gibt in den sozialen Medien auch mit Künstlicher Intelligenz -bzw. in diesem Fall eher: unkünstlerischer Dummheit- erstellte Bilder angeblicher zukünftiger Fenster, mit denen Macron sich verewigen wolle… [14]
„Unsinnig“ und „Irrsinn“ sind Prädikate, die nicht nur für solche Machwerke gelten, sondern auch von durchaus seriöser Seite für das Projekt der neuen Fenster verwendet wurden. In einem Beitrag für die FAZ vom 9. Dezember 2024 rühmt Marc Zitzmann die neu renovierten Seitenkapellen: Sie „entfalten eine Strahlkraft sondergleichen- ihr bloßer Anblick sollte die Unsinnigkeit des Vorstoßes von Macron und Ulrich vor Augen führen, Kirchenfenster von Viollet-le-Duc durch zeitgenössische Kreationen ersetzen zu lassen.“ Die für „diesen Irrsinn“ erforderlichen Gelder sollten besser dafür verwendet werden, den nach dem Krieg von „Vandalen im Klerikergewand“ zerstörten Wanddekor Viollet-le-Ducs wiederherzustellen.
Und dann gibt es eine Petition auf change.org, initiiert von dem streitbaren Kunsthistoriker und Herausgeber der Zeitschrift La Tribune de l’Art Didier Rykner [15] mit der Forderung, die von Viollet-le-Duc inspirierten Fenster nicht zu ersetzen. Die Petition richtet sich vor allem an bzw gegen Präsident Macron. Niemand habe ihn autorisiert, solche wesentlichen Veränderungen in der Kathedrale vorzunehmen, die ihm nicht gehöre. Etwas mehr Bescheidenheit sei da angebracht, umso mehr, als der Staat doch eine wesentliche Verantwortung für den Brand und seine katastrophalen Folgen trage. Die Petition bezieht sich dabei indirekt auf Rykners Buch „Notre-Dame, une affaire d’état“ (Paris 2023), in dem im Einzelnen die Versäumnisse aufgelistet werden, die zu dem Brand, zu seiner schnellen Ausbreitung und zu den Problemen bei seiner Bekämpfung geführt haben. Auffällig ist übrigens, dass von den Gegnern moderner Glasfenster gerne Präsident Macron als Spiritus rector angesprochen wird: Der stark geschwächte und unpopuläre Präsident eignet sich das natürlich besser als der Erzbischof…
In der Petition wird ausdrücklich festgestellt, man habe keine grundsätzlichen Einwände gegen Elemente moderner Kunst in historischen Bauwerken. Bei Notre-Dame sollten aber Fenster ersetzt werden, die genauso unter Denkmalschutz stünden wie der gesamte Bau. Die Fenster hätten immerhin den Brand überstanden, seien danach aber, wie die gesamte Kathedrale, mit Spendengeldern restauriert worden.
Restauration eines der Fenster von Viollet-le-Duc. Aus einer Werbeanzeige von L’Oréal (Le Monde vom 1./2. Dezember 2024: l’Oréal sei glücklich, dazu beigetragen zu haben, dass Notre-Dame wieder seinen Glanz erhalten habe…)
Die Befürworter neuer Glasfenster hätten offensichtlich nichts mitbekommen von der neu gewonnenen großen Wertschätzung Viollet-le-Ducs durch die Kunst- und Architekturgeschichte. [15a]
Präsident Macron hatte allerdings angekündigt, die Fenster Viollet-le-Ducs, die durch neue Kreationen ersetzt würden, in das geplante Notre-Dame-Museum (musée de l’œuvre de Notre-Dame de Paris) im Hôtel Dieu neben der Kathedrale zu überführen. Das sei aber, so die Petition, nur ein schwacher Trost und auch kaum vollständig umsetzbar. Didier Rykner hat jedenfalls weiteren entschiedenen Widerstand angekündigt. Gegebenenfalls werde man auch mit juristischen Mitteln gegen das Projekt Macrons vorgehen. [16]
Dass ca 250 000 Personen diese Petition unterschrieben haben, konnte aber am Gang der Dinge nichts ändern; auch die nicht Ablehnung des Projekts durch die Denkmalschutzkommission, deren Votum Staat und Kirche hier offenbar zum ersten Mal nicht folgten. Es gab 110 Bewerbungen von Künstlern, von denen acht von einer Jury unter Vorsitz von Bernard Blistène, dem ehemaligen Leiter des Centre Pompidou, für die „Endrunde“ ausgewählt wurden. Am 21. November begutachtete die « commission artistique » die vorgelegten Entwürfe. Nach den von Didier Rykner weitergegebenen Informationen „aus gut unterrichteten Kreisen“ konnte allerdings keiner von ihnen voll überzeugen, offenbar auch nicht der von Daniel Buren, dem angeblichen „Favoriten“ Macrons. [17]Monseigneur Ulrich hat also darauf verzichtet, so wie ursprünglich vorgesehen, am 8. Dezember einen Preisträger bekanntzugeben und seine Entwürfe vorzustellen. Dadurch wäre sicherlich ein Schatten auf die feierliche Eröffnung von Notre-Dame gefallen. Der Fensterstreit ist damit erst einmal vertagt. Fortsetzung folgt…. Ende offen….
Der historische Bilderstreit von 1935 ff
Der aktuelle Bilderstreit ist geradezu die Neuauflage der Auseinandersetzung um ein früheres, ebenfalls hochumstrittenes Projekt, neue Glasfenster in Notre-Dame zu installieren, une histoire qui se répète (Le Monde). Entstanden ist das frühere Projekt anlässlich der Internationalen Ausstellung von 1937 in Paris. Zu ihr gehörte auch ein kirchlicher Pavillon, der mit modernen Glasfenstern ausgestattet werden sollte. Die zwölf dafür ausgewählten Glaskünstler waren aber daran interessiert, die von ihnen geschaffenen Fenster nach der Ausstellung auch dauerhaft zu präsentieren. Sie wandten sich also an die commission des monuments historique, die im Grundsatz bereit war, die zwölf Glasfenster im Kirchenschiff von Notre-Dame zu installieren – anstelle der auch dort angebrachten ornamentalen Glasfenster Viollet-le-Ducs. Allerdings entbrannte darüber ein sehr heftiger Streit, der in einer Ausstellung der Cité du Vitrail in Troyes thematisiert wird.[18]
Anlass dieser Ausstellung ist allerdings nicht der aktuelle Fensterstreit von Notre-Dame, sondern die Wiederentdeckung von 7 der in Vergessenheit geratenen Fenster im Jahr 2019 in einem abgelegenen Winkel von Notre-Dame.
Dargestellt sind auf den Fenstern, in Absprache mit der Kirche und mit wohlwollender Zustimmung des damaligen Erzbischofs von Paris, zwölf mit Paris besonders verbundene Heilige. Einige davon wurden inzwischen restauriert und unter Denkmalschutz gestellt.[19]
Dies sind von Jacques le Chevallier entworfene Glasfenster mit den Heiligenfiguren von Saint Marcel und Sainte-Geneviève (um 1937). Die Stadtheilige ist erkennbar an dem Schiff, das auch -zusammen mit dem Wahlspruch fluctuat nec mergitur– das Wappen der Stadt bildet. Saint Marcel gilt als 9. Bischof von Paris. Mit Hilfe seines Bischofsstabs, den er in seinen Händen hält, soll er, so die Legende, einen furchtbaren Drachen gezähmt haben, der zu seiner Zeit die Stadt in Angst und Schrecken versetzt habe.
Über den Lanzettfenstern mit den beiden Heiligen ein Rundfenster mit dem Lamm Gottes und den Symbolen der vier Apostel, ebenfalls von Jacques le Chevallier. Zwei Lanzettfenster und ein Rundfenster bildeten jeweils zusammen eine von einem Künstler gestaltete Einheit.
Jean-Hébert Stevens, Kirchenfenster für den heiligen Martin (um 1937), an den in Paris in vielfältiger Weise erinnert wird: Es gibt die rue Saint-Martin, eine der ältesten der Stadt, den Canal Saint-Martin, die porte Saint-Martin… Das Boot zu Füßen des Heiligen bezieht sich auf eine Legende, nach der Martin einen fürchterlichen Sturm beruhigt haben soll.
Nach dem Ende der Ausstellung wurden die Fenster 1938 provisorisch in Notre-Dame installiert, was eine heftige Auseinandersetzung auslöste: Die sogenannte querelle des vitraux, die auch als Titel der Ausstellung firmiert. Im Figaro schrieb Raymond Lecuyer am 22. April 1939, es sei doch bemerkenswert, dass in der Pariser Öffentlichkeit in einer Zeit der wirtschaftlichen Krise und der Gefahr eines Krieges noch ein solcher Kunststreit ausgetragen werde. Und dieser Streit wurde von beiden Seiten, den Anciens und den Modernes, mit großer Erbitterung geführt.
Einige in der Ausstellung präsentierte Beispiele:
Die Harmonie des Raumes werde, so Christian Megret in Le Jour, durch die unruhigen, oft ätzenden Farbtöne und die heftigen, krampfhaften Formen gestört.
Alles zusammen ergebe, so Achille Carlier in Les Pierre de France, eine Kakophonie, ähnlich einer Jazzband, die von einem total betrunkenen Chef dirigiert werde.
Dagegen der Möbeldesigner und Architekt Robert Mallet-Stevens, prominenter Vertreter der Moderne der 1920-er und 1930-er Jahre: „Modern zu sein, auf der Höhe der Zeit zu sein, erschien, zumal in Frankreich, schon immer als kriminell.“
Die Erbitterung der Auseinandersetzung mag erstaunlich erscheinen, weil es sich um figurative und eher an der klassischen Moderne orientierte Entwürfe handelte. Sie ist aber vor allem damit zu erklären, weil es nicht nur um die konkreten zwölf neuen Fenster ging, sondern vor allem, weil es sich um einen Grundsatzstreit handelte, der auch noch eines der bedeutendsten und prominentesten Bauwerke Frankreichs betraf: Zum ersten Mal wurde hier darüber diskutiert und gestritten, inwieweit moderne Kunst ihren Platz in historischen Bauwerken haben dürfe bzw.solle.
Da fragte beispielsweise Christian Megret in Le Jour vom 27. Februar 1939, warum die modernen Glaskünstler sich nicht mit dem ihnen angebotenen Rahmen moderner Kirchen zufriedengeben könnten.
Die Gegenposition vertrat niemand Geringeres als der damalige Erzbischof von Paris, Kardinal Verdier im Figaro vom 23. Dezember 1938: Eine Kathedrale, und gerade ein nationales Heiligtum wie Notre-Dame von Paris, sei kein Grab und kein Museum. Verdier war ein entschiedener Befürworter der Einbeziehung moderner Kunst in historische Kirchengebäude und er engagierte sich persönlich für die vorgesehenen neuen Kirchenfenster von Notre-Dame.
Zur endgültigen Installierung der Fenster kam es nicht. Die provisorisch eingebauten neuen Fenster wurden nach Kriegsausbruch abgenommen, teilweise den Glaskünstlern zurückgegeben, teilweise in Kisten verstaut und in der Kirche gelagert… Es wird auch nicht mehr erwogen, die wiederentdeckten und restaurierten Fenster nun doch noch in Notre Dame zu installieren. Dagegen sprechen offenbar auch ästhetische Bedenken. Vor allem wird da auf die fehlende Homogenität der von 12 verschiedenen Künstlern geschaffenen Fenster verwiesen.[21]
Heute ist immerhin unumstritten, dass jedes Jahrhundert in historischen Bauwerken, auch in Kirchen, seine Spuren hinterlassen hat und dass es keinen Grund gibt, warum dieser Prozess ständiger Erneuerung in unserer Zeit nicht fortgesetzt werden solle. Es gibt hervorragende Beispiele dafür, dass die moderne Kunst, auch nicht-abstrakte, sakrale Bauten bereichern kann.
Fenster im Chor der Kathedrale von Reims von Marc Chagall aus dem Jahr 1972. Foto: Wolf Jöckel
Das wird ja auch von den Gegnern eines Einbaus neuer Fenster in den Seitenkapellen von Notre-Dame nicht bestritten. Und vermutlich werden sich die Wogen der Empörung und der Kritik an zeitgenössischen Kreationen in Notre-Dame allmählich glätten, wenn es sie denn doch einmal geben wird. Und dann werden sie vielleicht allmählich zum integralen und selbstverständlichen Bestandteil der Kathedrale werden, so wie auch der mächtige Dachreiter oder die Chimären, auch wenn die „nur“ höchst eigenwillige Zutaten des 19. Jahrhunderts sind.
Aktualisierung 18.12.2024
Am 18.12. wurde vom Élysée bekannt gegeben, wer für die neuen Fenster von Notre-Dame ausgewählt wurde: Es sind Claire Tabouret zusammen mit dem Atelier Simon-Marq. Die Entwürfe sollen am 18.12. nachmittags vorgestellt werden. Dazu die Presseerklärung des Élysée:
„Die von Claire Tabouret und dem Atelier Simon-Marq gebildete Arbeitsgemeinschaft erhält den Zuschlag für die Gestaltung neuer Glasfenster in sechs Kapellen des südlichen Seitenschiffs des Kirchenschiffs.
Nach Abschluss der zweiten Phase der von der Kulturministerin im März 2024 eingeleiteten Konsultation zur Schaffung zeitgenössischer Glasmalereien für die Kathedrale Notre-Dame de Paris in sechs Kapellen des südlichen Seitenschiffs wurden die am 4. November von den ausgewählten Bewerbern eingereichten Entwürfe vom Kunstausschuss unter dem Vorsitz von Herrn Bernard Blistène geprüft.
Nach einer Anhörung der Kandidaten und der Unterstreichung der sehr hohen Qualität der Projekte gab das Kunstkomitee der Bewerbung der Gruppe Claire Tabouret und der Werkstätten des Glasbläsermeisters Simon-Marq den Vorzug.
Der Präsident der Republik und der Erzbischof von Paris wurden konsultiert und gaben eine positive Stellungnahme zu dieser Wahl ab. Sie waren der Ansicht, dass der Vorschlag ihren Absichten voll und ganz entsprach und den Anforderungen der Kathedrale entsprach, sowohl aufgrund der hohen künstlerischen Qualität des Vorschlags und seiner architektonischen Einfügung – insbesondere seiner Übereinstimmung mit dem Glasfenster, das den Baum Jesse (1864) darstellt und in einer der Kapellen des Seitenschiffs vorhanden ist und an seinem Platz bleibt – als auch aufgrund der Einhaltung des von der Diözese Paris gewählten Bildprogramms zum Pfingstfest. Diese Kreation stellt eine Fläche von 121 m2 der 2500 m2 Glasfenster aus dem Mittelalter bis zum 20. Jahrhundert dar, die es in der Kathedrale gibt. Diese Wahl und die Fortführung des Projekts sind ein Zeichen für die Unterstützung des Staates für das künstlerische Schaffen und das Vertrauen, das einer anerkannten Künstlerin entgegengebracht wird.
Ab der Auftragsvergabe durch die öffentliche Einrichtung Rebâtir Notre-Dame de Paris sind sechs Monate für die Planung und etwa eineinhalb Jahre für die Umsetzung vorgesehen. Das Projekt wird der Commission nationale de l’architecture et du patrimoine zur Einholung ihrer Stellungnahme im Laufe des Frühjahrs 2025 vorgelegt, sobald der Stand der Studien dies zulässt.
Die Buntglasfenster sollen Ende 2026 eingebaut werden. Sie werden etwa 5% der Fläche der über 120 Glasfenster ausmachen, die in der Kathedrale vorhanden sind und aus dem 12. bis 20. Jahrhundert stammen.“ (Übersetzt mit DeepL.com (kostenlose Version)
Claire Tabouret. Links der Entwurf für eines der Fenster von Notre-Dame
Auf der Pressekonferenz präsentierte Claire Tabouret einige maßstabsgetreue Skizzen von 2 m Höhe, um einen Einblick in das Projekt zu geben. „Es wird sich um ein figuratives Kunstwerk handeln, damit es ohne Erklärung von Menschen aus verschiedenen Kulturen verstanden werden kann“, fügte die Künstlerin hinzu. In der Kapelle Saint-Joseph wird Claire Tabouret zum Beispiel Figuren darstellen, die in einem Gebetskreis angeordnet sind, um die physische und spirituelle Dimension des Begriffs „Innenraum“ zu verdeutlichen. Außerdem wird sie die Grisaille-Motive der Kirchenfenster von Viollet-le-Duc aufgreifen, um sich in die Geschichte von Notre-Dame einzufügen. [22]
Die Kritik ließ aber auch nicht lange auf sich warten. Selbstverständlich war es wieder Didier Rykner, der sich als einer der ersten in seiner tribune de l’art zu Wort meldete. Präsident Macron habe zwar nicht gewagt, Daniel Buren, seinen Favoriten, durchzusetzen, aber Buren oder Tabouret mache sowieso keinen Unterschied: „Lors de la présentation, Claire Tabouret a affirmé vouloir « faire dans ses vitraux un hommage à Viollet-le-Duc ». Soit c’est de l’ironie, soit ça y ressemble. Celle qui accepte de remplacer ces vitraux, les condamnant à l’obscurité des caisses, prétend vouloir leur rendre hommage. On croit rêver.“ Rykner führt außerdem die großen Kosten für die Entfernung der alten Fenster Viollet-le-Ducs und die Herstellung und den Einbau der neuen Fenster ins Feld. Außerdem sei das von Macron versprochene Notre-Dame Museum nicht in Sicht. „Bref, le président de la République persiste dans sa volonté de vandaliser Notre-Dame, mais hésite à créer le musée qu’elle mérite.“ Rykners Kritik ist und bleibt damit grundsätzlicher Natur, auf das konkrete Projekt Tabourets geht er nicht ein. [23]
Fenster von Viollet-le-Duc in Notre-Dame. Foto: Le Monde 18.12.2024
Anders der Kunsthistoriker Pierre Tecqui, der in der Zeitschrift La Vie vom 19.12. das hohe Lied der Künstlerin Claire Tabourets singt. Sie sei eine großartige Künstlerin („une grande artiste“) und habe einen wesentlichen Beitrag geleistet, der gegenständlichen Malerei wieder Raum und Anerkennung zu verschaffen. Es sei Aufgabe der Kirche, sich für die moderne Kunst zu öffnen und zeitgenössischen Künstlern und Künstlerinnen wie Claire Tabouret Aufträge zu verschaffen. Ihr Projekt für Notre-Dame könne durchaus „hervorragend“ sein, aber -und hier folgt Tecqui der Argumentation Rykners- die Entscheidung für die moderne Kunst dürfe niemals auf Kosten der alten gehen. Das sei aber bei Notre-Dame der Fall. Also lehne er aus ethischen Gründen die Entfernung der alten Fenster Viollet-le-Ducs und den neuer Fenster grundsätzlich ab.
Aber das sind jetzt eher Nachhutgefechte. La querelle des vitraux mag weitergehen, die bataille des vitraux ist entschieden und beendet. Daran werden auch die von Rykner avisierten rechtlichen Schritte kaum etwas ändern…
[7] Im zweiten Teil der Serie über den „roman de Notre-Dame“ geht es unter anderem auch um den aktuellen Fensterstreit. Laurent Carpentier, Notre-Dame des polémiques. Le Monde vom 4. 12. 2024
[8] Der Wettbewerb soll offenbar auch dazu dienen, den französischen Ateliers einen prestigeträchtigen Auftrag zukommen zu lassen und sie damit gegen das Vordringen der deutschen Konkurrenz zu stärken. Die von Pierre Soulages für Conques entworfenen Fenster wurden z.B. von einem deutschen Atelier hergestellt. Übrigens wurden auch nach dem Brand 4 Fenster von Notre-Dame in Köln restauriert.
Zu Rykner siehe:Marc Zitzmann, „La Tribune de l’Art“ im Netz:Die „Kampfartikel“ sind das Beste. FAZ vom 15.4.2023
[15a]Nos élites politiques et médiatiques actuelles n’ont visiblement pas eu connaissance de la réévaluation de Viollet-le-Duc par l’histoire de l’art et de l’architecture. Maryvonne de Saint-Pulgent dans son livre La Gloire de Notre-Dame : la foi et le pouvoir (Paris: Gallimard 2023)
[17]Buren war 2021 von Präsident Macron eingeladen worden, für zwei Jahre die Fenster des Wintergartens im Élysée-Palast mit farbigen Folien umzugestalten. Buren wählte dafür die Farben der Tricolore. Bekannt ist Buren vor allem durch die Säulen im Ehrenhof des Palais Royal.
[18] Siehe: Éditions Beaux Arts, Notre-Dame de Paris. La querelle des vitraux 1935-1965. Cité du Vitrail 2024
[19] Zu ihnen gehört auch das Titelbild dieses Blog-Beitrags: Es stellt den Heiligen François de Sales dar, gestaltet von Paul Louzier (um 1937)
[20] Bild aus: Polémique sur les vitrauxx contemporains de Notre-Dame-de Paris, une histoire qui se répète. In: Le Monde vom 16.4.2024
[21] Marie-Hélène Didier, Nous comprenons désormais les critiques de 1935. In: Beaux Arts, Notre-Dame de Paris, S. 4
Als damals Präsident Macron etwas vollmundig verkündete, die Kirche werde in fünf Jahren wieder aufgebaut und für die Öffentlichkeit zugänglich sein, erschien diese Vorhersage arg gewagt und kaum fundiert. Denn man kannte damals noch gar nicht genau das große Ausmaß der Schäden, zum Beispiel die großen Probleme mit dem geschmolzenen Blei, die die Arbeiten erheblich verzögerten. Und dann kam ja auch noch die Covid-Pandemie hinzu…
Aber trotz alledem: Jetzt ist es so weit: Ein erfolgreiches französisches „Wir schaffen das!“, „une fierté française“, ein französischer Stolz, wie es Macron mit entsprechend stolz geschwellter Brust bei dem Empfang der Bauleute in der wiederaufgebauten Kirche formulierte.[1] Er nannte sie „ceux de Notre-Dame“, in Anlehnung an die berühmte Bezeichnung „ceux de 14“ für die heroisierten französischen Soldaten des Ersten Weltkriegs…. Und es war ja auch ein General, dem Macron die Oberaufsicht über den Wiederaufbau von Notre-Dame übertrug, ein Auftrag, den, wie Le Monde schrieb, der General mit „eiserner Hand“ und lautstarken soldatischen Eruptionen ausführte.[2]
Natürlich hofft der schwer angeschlagene Präsident, dessen Rücktritt von einer Mehrheit der Franzosen gewünscht wird, dass in diesen äußerst schwierigen Zeiten der Krisen und Kriege etwas von dem Glanz der Kathedrale auch auf ihn abfällt. Und man kann oder muss ihm immerhin zugestehen, dass er sofort die zentrale symbolische Bedeutung von Notre-Dame erkannte und sich dafür engagierte, den Wiederaufbau zu einem das Land verbindenden gemeinsamen Projekt zu machen.
Seit Tagen jedenfalls sind die Medien -Fernsehen, Rundfunk, Zeitungen und Zeitschriften- voll mit ausführlichen Berichten über Notre-Dame, ihre Geschichte und den Wiederaufbau.
Und natürlich lassen sich „edle Spender“ nicht die Gelegenheit entgehen, werbewirksam auf den neuen Glanz von Notre-Dame und den eigenen Beitrag zum Wiederaufbau hinzuweisen.
Dies ist eine ganzseitige Anzeige der Baufirma Loxam (Le Monde vom 5. Dezember 2024) mit einem dezenten Hinweis auf ihr „Mäzenatentum“. Das Bild stammt ganz offensichtlich noch aus der Zeit vor dem Brand.
L’Oréal, weltweit größter Kosmetikkonzern, weist in dieser Anzeige darauf hin, auch zur „wiedergewonnen Schönheit“ von Notre-Dame beigetrgen zu haben. Die Familie Bettencourt, Mehrheitsaktionär des Konzerns, hatte kurz nach dem Brand 200 Millionen Euro für den Wiederaufbau gespendet. Vorausgegangen war noch in der Nacht des Brands eine Spende der Milliardärsfamilie Pinault von 100 Millionen Euro, am nächsten Tag überboten von ihrem schärfsten Konkurrenten und Intimfeind Bernard Arnault, Besitzer des Luxuskonzerns LVHM und einer der reichsten Männer der Welt. [2a] In Frankreich können übrigens 66% der Spenden steuerlich geltend gemacht werden… Zwei Drittel der „Spenden“ bezahlt also der Steuerzahler…
Derzeit befindet sich Frankreich ja in einer schweren Regierungskrise, und ein Ausweg ist kaum in Sicht. Da kommt die offizielle Eröffnungszeremonie von Notre-Dame mit 2000 eingeladenen Ehrengästen gerade recht. Zwar hat Papst Franziskus abgesagt, weil er es vorzieht, dem katholischen Korsika seine Referenz zu erweisen, aber dafür kommen etwa 50 Staats- und Regierungschefs, allen voran der gewählte amerikanische Präsident Trump, den Macron schon einmal mit einer großen Militärparade auf den Champs-Élysées beeindruckte. Und es kommt Paul McCartney, der bei dem abendlichen Eröffnungskonzert in der Kathedrale John Lennons wunderbares Imagine singen wird. Man mag sich allerdings kaum vorstellen, wie die USA und die Welt nach vier weiteren Jahren Trump aussehen werden….
Wenig ist bei alldem aber davon zu hören und zu lesen, wie es zu dem schrecklichen Brand kommen konnte. Natürlich sind die genauen Ursachen nicht bekannt (oder vielleicht auch nur nicht öffentlich gemacht), bekannt sind aber die massiven Versäumisse, die zu der schnellen und katastrophalen Ausbreitung des Brandes und dem verspäteten und unzureichenden Eingreifen der Feuerwehr geführt haben. Der Kunsthistoriker Didier Rykner hat darüber ein Buch geschrieben, in dem er die Versäumnisse detailliert beschrieben hat:
„Laut behördlichem Reglement hätten rund um die Uhr zwei Feuerwehrleute präsent sein müssen. Beim Brandausbruch war keiner da“, hat Rykner recherchiert. „Die Vertreter des Staates, dem die Kathedrale seit der Trennung von Kirche und Staat 1905 gehört, hatten als Ersatz zwei private Sicherheitsleute engagiert. Von denen war aber auch nur einer anwesend, und der war neu in Notre-Dame und an jenem Montag nach fast elf Stunden Dienst ohne Pause todmüde.“ Immerhin hörte dieser Wächter um 18.18 Uhr den Brandalarm. Ein Bildschirm nannte als Ort des Feuers „Dachstuhl/Kirchenschiff/Sakristei“. Der Wachmann deutete dies fälschlicherweise als eine Brandmeldung im Dach der Sakristei. Er ging nachschauen: nichts. Zurück auf seinem Posten vernahm der Mann einige Minuten später einen zweiten Alarm. Jetzt ging er im Dachstuhl nachschauen – und entdeckte den Brand. Er rannte die Treppen hinunter und schlug Alarm. Um 18.51 Uhr schellte es bei der Feuerwehr. „Diese halbe Stunde entschied darüber, dass das ganze Dachgebälk der Kathedrale bereits lichterloh brannte, als die Feuerwehr eintraf“, erklärt Rykner. Zudem fehlte der Pariser Feuerwehr ein Hebearm mit solch einer Reichweite, um das Feuer im Dach aus der Höhe zu bekämpfen. „Das passende Löschfahrzeug mit dem Hebearm musste aus Schloss Versailles herbeigerufen werden und sich mitten in der Rush Hour durch zwanzig Kilometer verstopfte Straßen zwängen. Sein Löscheinsatz begann erst um 20.15 Uhr.“ Fast zwei Stunden nach dem Brandalarm. [2b]
Rykner spricht deshalb von einer „Staatsaffaire“. Aber dazu wird Macron in seiner Ansprache zur Eröffnung der Kathedrale sicherlich nicht Stellung nehmen. Diese Ansprache wird Macron aber nicht in der Kirche selbst halten- das verbietet die Laizität, d.h. die in Frankreich seit 1905 verbindliche strikte Trennung von Kirche und Staat. Also wurde für den Staatsakt eine große Halle in Leichtbauweise auf dem Vorplatz der Kirche aufgebaut.
Hinter der Halle für den Staatsakt des 7.12. liegt das Gebäude des Hôtel Dieu, in dem einmal ein Notre-Dame-Museum entstehen soll. Aufgenommen am 3.12.2024 Wolf Jöckel
Die Kirche selbst wird man als normal Sterblicher in nächster Zeit wohl nur mit größter Mühe betreten können. Die Bilder allerdings, die es schon vom Inneren gibt, sind sehr eindrucksvoll und lassen für den Wiederaufbau verwendete Begriffe wie „renaissance“, „miracle“ (Wunder) oder gar „résurrection“ (Wiederauferstehung) verständlich erscheinen.
Die mittelalterliche Fensterrose der Westfassade. Sie wurde bei dem Brand zwar nicht beschädigt, aber danach, wie alle Glasfenster, gereinigt und restauriert. Ebenso die große Orgel darunter. Alle Orgelpfeifen wurden, ausgebaut und neu gestimmt. Dies gilt auch für die Glocken, die am 7.12. zum ersten Mal seit 5 Jahren wieder läuten werden.
Erstaunlich ist allerdings, dass als Kommentar zu der Notre-Dame- Fotostrecke, die jetzt in vielen deutschen Medien publiziert wurde und der auch die beiden vorigen Fotos entnommen wurden, festgestellt wird, von außen erinnere „nichts mehr an den fatalen Brand vom 15. April 2019“.[4]
Blick auf die Westfassade. Foto von Wolf Jöckel vom 3.12.2024
Diese Feststellung mag zutreffen, wenn man auf die Westfassade der Kathedrale blickt. Geht man allerdings etwas um sie herum, ergibt sich ein anderes Bild.
Baukräne und Gerüste an der Südseite.
Blick auf die Ostseite. Fotos von Wolf Jöckel, 3.12.2024
Blick von der Seine-Seite auf den rekonstruierten Dachreiter. Die Apostelfiguren, u.a. mit dem Abbild Viollet-le-Ducs, sind noch nicht zu sehen.
Le Monde, 3.12.2024
Der Wiederaufbau war (und ist also noch) ein Parforceritt. Le Monde hat als Überschrift für ihre Artikelserie über den „roman de Notre-Dame“ „quoi qu’il en coûte“ gewählt– egal, was es kostet- und damit Macrons Ausdruck für die staatlichen Subventionen aus Covid-Zeiten zitiert, die nicht unwesentlich dazu beigetragen haben, dass die französischen Staatsfinanzen völlig aus dem Ruder gelaufen sind.
Aber das 5-Jahresziel konnte so, wenn auch mit einer lässlichen, etwa halbjährlichen Verspätung, eingehalten werden. Dafür ist der 8. Dezember ein hoher katholischer Feiertag, nämlich das Fest der unbefleckten Empfängnis Marias, deren Name ja die Kathedrale trägt. Und an diesem Tag findet dann mit der Weihe des neuen Hauptaltars die katholische Zeremonie der Einweihung statt – und dafür werden dann (zwar nicht der Papst s.o.), aber etwa 170 Bischöfe aus aller Welt erwartet…
Nach den beiden Eröffnungstagen gibt es noch einiges zu tun:
Die äußere Restaurierung des Chors und der Sakristei, Aufbewahrungsort für den Kirchenschatz. Die Renovierung des Systems von Strebepfeilern und Strebebögen im Osten der Kirche gehörte schon zu dem Renovierungsprogramm, das 2019 im Gang war, als der Brand ausbrach. Durch ihn wurden diese für die Stabilität des Bauwerks wesentlichen Arbeiten aufgeschoben. [5]
Der höchst umstrittene geplante Einbau neuer Fenster in den südlichen Seitenkapellen – dazu in einem eigenen Beitrag demnächst mehr.
Die Umgestaltung des Vorplatzes der Kathedrale (parvis) nach den Plänen des belgischen Landschaftsarchitekten Bas Smets[6]
Unter dem begrünten Vorplatz soll anstelle des bisherigen Parkhauses ein großer, zur Seine hin geöffneter Empfangskomplex entstehen. Links im Bild das Hôtel-Dieu-Gebäude für das neue Notre-Dame-Museum.
Prinzipiell ist jetzt aber ab dem 8. Dezember die Kathedrale wieder für die Öffentlichkeit zugänglich, und zwar zu folgenden Zeiten [7] :
Während der Eröffnungswoche:
am 8. Dezember von 17.30-22 Uhr
vom 9.-13. Dezember von 15.30 bis 22 Uhr
Samstag 14. und Sonntag 15. Dezember von 15.30 bis 20 Uhr
Ab dem 16. Dezember von 7.45 bis 19 Uhr
Internet-Reservierungen:
Ab dem 7. Dezember soll es auch das schon seit längerem angekündigte System von Internet-Reservierungen geben. Danach soll man ab zwei Tage vor dem beabsichtigen Besuch von Notre-Dame Eintrittskarten für ein bestimmtes Zeitfenster reservieren können und damit die sonst sicherlich zu erwartenden langen Warteschlangen vermeiden oder verkürzen. Näheres unter: https://www.notredamedeparis.fr/reouverture/ Auf jeden Fall aber wird der Eintritt in Notre-Dame weiterhin kostenlos sein. Die französische Kultusministerin hatte allerdings angeregt, für Touristen einen Eintrittspreis von 5 Euro zu erheben, um damit die Erhaltung anderer Kirchenbauten zu finanzieren: Da käme auch einiges Geld zusammen, denn Notre-Dame war vor dem Brand das meistbesuchte französische Bauwerk: Da besuchten jährlich 12-14 Millionen Menschen die Kirche, nach dem Brand werden es sicherlich noch mehr sein… Der Staat wäre auch durchaus berechtigt, einen Eintrittspreis zu erheben, er müsste dann aber nach dem Gesetz von 1905 den kostenlosen Zugang für Gläubige sicherstellen. Und eine solche Trennung wäre sicherlich eine große Herausforderung…. Die Kirche hat jedenfalls gegen diese Pläne erfolgreich ihr Veto eingelegt. [8]
Titelbild des Beitrags ist der Ausschnitt einer Collage von Jacques Prévert, derzeit zu sehen in einer Prévert-Ausstellung im Musée Montmartre.
[2] Le Monde vom 4. 12. 2024. Das große Lob für „ceux de Notre-Dame“ kann allerdings nicht darüber hinwegtäuschen, dass deren Entlohnung zum Teil eher bescheiden ist. Ein Zimmermann mit 10-jähriger Berufserfahrung verdient ca 28 000 Euro brutto im Jahr. In Paris jedenfalls kann man davon nicht leben… „Je suis charpentier, voici le montant de mon salaire mensuel“
[2a] Natürlich gab es auch eine Vielzahl von Einzelspenden, worauf Ulrich Schläger in seiner Zuschrift mit Recht hinweist. Aber wenn Gero von Randow in seinem sehr insgesamt hervorragenden Beitrag zur Eröffnung von Notre-Dame in der ZEIT schreibt, bei den 846 Millionen Spenden handele es sch „überwiegend … um kleine Einzelspenden“, dann trifft das nicht zu. Allein die Milliardäre Bettencourt, Pinault und Arnauld haben ja schon 500 Millionen gespendet – und das waren nicht die einzigen Großspender… s. Gero von Randow, Aus Gedanken wird Stein. DIE ZEIT, 5. Dezember 2024, S. 50/51
Didier Rykner, Notre-Dame. Une affaire d’État. Belles lettres 2023
Siehe auch: Marc Zitzmann, Sträflicher Leichtsinn. Bei der feierlichen Wiedereröffnung von Notre-Dame verschwieg Präsident Macron die Versäumnisse des Staates. In: FAZ vom 9.12.2014
[8] siehe: Jean-Marie Guénola, Notre-Dame: le veto de l’Église à l’accès payant. La proposition de Rachida Dati de taxer l’entrée des visiteurs de la cathédrale de Paris pour ’sauver toutes les églises de France‘ est impensable poir le monde catholique. In: Le Figaro vom 25. Oktober 2024
In unzähligen Anekdoten kann man viel über Shakespeare and Company und Sylvia Beach in Erfahrung bringen. In Vergessenheit geraten ist aber die eigentliche Gründerin der Geschäftsidee einer Buchhandlung mit Leihbibliothek: Adrienne Monnier.
Heute ist ihr Name kaum noch bekannt und ihre Buchhandlung ist schon lange aus der Erinnerung verschwunden. Dennoch spielte Adrienne Monnier in vielerlei Hinsicht eine wesentliche Rolle für das Quartier de l’Odéon und für die Welt der Literatur in Paris.
Am 15. Dezember 1915 eröffnete Adrienne Monnier in der Rue de l’Odéon Nummer 7 eine neuartige Buchhandlung mit Leihbücherei, „La Maison des Amis des Livres“, die zum beliebtesten Treffpunkt des literarischen Paris werden sollte. Mitten im ersten Weltkrieg bewies Adrienne Monnier Mut und Pioniergeist.
Abbildung 1: Adrienne Monnier vor ihrem Buchladen mit Leihbibliothek „La Maison des Amis des Livres“ (1915)
Monniers Buchladen wurde zu einem Lieblingsort für viele Schriftsteller und Poeten: Colette, Walter Benjamin, Louis Aragon, André Breton, Jacques Prévert, André Gide, Paul Valéry, Simone de Beauvoir, Blaise Cendrars, Nathalie Sarraute und Guillaume Apollinaire, der von der Front zurückkehrte, gehörten zu den ersten Kunden des Buchladens.
Der Buchladen, der in kurzer Zeit zu einer festen Größe für das literarische Paris geworden war, war zugleich der Geburtsort für neue Ideen: Adrienne Monnier war eine der ersten, die Zusammenkünfte von Schriftstellern und Lesern organisierte und damit das literarische Ereignis der öffentlichen Lesung, wie wir es heute kennen, begründete.
Eine weitere Innovation war ein Abonnement, das an das der heutigen Bibliotheken erinnert. Da Adrienne Monnier der Meinung war, dass es viel besser sei, ein Buch zu lesen, bevor man sich zum Kauf entschließt, verlieh sie Bücher an Leser, die ein Jahresabonnement abgeschlossen hatten. Die öffentlichen Veranstaltungen und das Ausleihsystem machten den Erfolg der Buchhandlung in der Zeit zwischen den beiden Weltkriegen aus.
Adrienne Monnier beriet ihre Freundin und spätere Weggefährtin Sylvia Beach, als diese 1919 Shakespeare and Company eröffnete. Allerdings eröffnete Sylvia Beach am 19. November 1919 Shakespeare and Company als angelsächsisches Pendant zur Buchhandlung von Adrienne Monnier zuerst in der Rue Dupuytren Nummer 8!
Abbildung 2: Wegbeschreibung zu den Buchhandlungen „La Maison des Amis des Livres“ und „Shakespeare and Company“ sowie Preisliste
Abbildung 3: James Joyce und Sylvia Beach vor Shakespare and Company in der Rue Dupuytren Nr 8
In der Gründungsbuchhandlung verkehrte auch James Joyce, bevor Sylvia Beach die Buchhandlung am 27. Juli 1921 in größere Räumlichkeiten in der Rue de l’Odéon Nummer 12 verlegte, direkt gegenüber von La Maison des Amis des Livres: Die l’Odéonie war geboren.
Zwischen den beiden gegenüberliegenden Buchhandlungen entstand in der Zeit zwischen den Kriegen ein Raum für den Austausch neuartiger Ideen und für die Verteidigung der modernen Literatur, in dem sich James Joyce, Sherwood Anderson, Thornton Wilder, John Dos Passos, André Maurois, T.S. Elliot, F. Scott Fitzgerald, Ernest Hemingway und viele andere trafen.
Fast dreißig Jahre lang bildete die l’Odéonie mit ihren Treffen, öffentlichen Lesungen, Ausstellungen und Musikabenden einen der aktivsten Brennpunkte des kulturellen Lebens der Zwischenkriegszeit. Mit der Veröffentlichung von James Joyces „Ulysses“ 1922 und der französischen Übersetzung 1929 wurden Adrienne Monnier und insbesondere Sylvia Beach über die Grenzen Frankreichs weltweit bekannt.
James Joyce gab deshalb auch der Rue de l’Odéon am linken Ufer von Paris den wertschätzenden Spitznamen „Rue de Stratford-on-Odéon“: Die Straße war endgültig zum literarischen Zentrum von Paris aufgestiegen.
Abbildung 4: Rue de l’Odéon Nummer 12 mit Gedenktafel für Sylvia Beach und Shakespeare and Company
Weil das nirgendwo so klar steht: Auch wenn Sylvia Beach in ihrer Rolle als Verlegerin berühmt geworden ist, die Wegbereiterin des literarischen Paris war Adrienne Monnier, ihr gebührt Anerkennung und Ruhm.
Anfang der 2000er Jahre schrieb Laure Murat, die Biografin von Adrienne Monnier, „Passage de l’Odéon“, ein Buch über Adrienne Monnier und ihre amerikanische Lebensgefährtin Sylvia Beach. Dabei stellte sie fest, dass zwar eine Gedenktafel die frühere Buchhandlung Shakespeare and Company ziert, dass aber nichts dergleichen für Adrienne Monnier existiert. In der Rue de l’Odéon Nummer 7 ist heute ein Friseursalon. Die Erinnerung an das Zentrum des literarischen Lebens in Paris in der Zeit zwischen den beiden Weltkriegen drohte zu verblassen.
Es dauerte siebzehn Jahre, bis der Pariser Stadtrat auf Antrag von Laure Murat am 17. November 2020 für die Anbringung einer Gedenktafel an der Stelle der ehemaligen Buchhandlung zu Ehren von Adrienne Monnier stimmte.
Am 10. September 2021 wurde in einer Cérémonie de dévoilement de la plaque en hommage à ADRIENNE MONNIER die Gedenktafel enthüllt. Damit wurde die Geschichte dieser mutigen Buchhändlerin, die eine wesentliche Rolle im literarischen Leben der Zwischenkriegszeit spielte, aus der Unsichtbarkeit geholt.
Abbildung 5: Enthüllung der Gedenktafel an Adrienne Monnier am 10. September 2021 in der Rue de l’Odéon Nummer 7
Abb. 6 Gedenktafel in der Rue de l’Odéon Nummer 7
Adrienne Monnier hat hier 1915 das Haus der Bücherfreunde gegründet, eine Buchhandlung und Leihbibliothek. Sie hat hier Apollinaire, die Surrealisten, Gide, Claudel, Colette und Violette Leduc empfangen. Sie hat die erste französische Übersetzung des Ulysses von James Joys herausgegeben.
Ich möchte mit Auszügen aus einem Gedicht von Jacques Prévert schließen, einer Liebeserklärung an Adrienne Monnier und ihre Buchhandlung. Prévert und seine Freunde hatten dort 1924 die neue Revue „La Révolution surréaliste“ kennengelernt und so den Surrealismus für sich entdeckt, dessen 100. „Geburtstag“ 2024 gefeiert wird.
La boutique d’Adrienne
Les Amis des Livres. Une boutique, un petit magasin, une baraque foraine, un temple, un igloo, les coulisses d’un théâtre, un musée de cire et de rêves, un salon de lecture et parfois une librairie toute simple avec des livres à vendre ou à louer et à rendre et des clients, les amis des livres, venus pour les feuilleter, les acheter, les emporter. Et les lire. (…) Adrienne, avant de fermer boutique, toute seule avec ses livres, comme on sourit aux anges, leur souriait. Les livres, comme de bons diables, lui rendaient son sourire. Elle gardait ce sourireet s’en allait. Et ce sourire éclairait toute la rue, la rue de l’Odéon, la rue d’Adrienne Monnier.
Deutsche Übersetzung: Les Amis des Livres, die Bücherfreunde. Eine Boutique, ein kleiner Laden, eine Jahrmarktsbude, ein Tempel, ein Iglu, die Kulissen eines Theaters, ein Museum aus Wachs und Träumen, ein Lesesalon und manchmal eine ganz einfache Buchhandlung mit Büchern zum Verkauf oder zum Verleih und zur Rückgabe und Kunden – die Freunde der Bücher, die gekommen sind, um in ihnen zu blättern, sie zu kaufen, sie mitzunehmen – sie zu lesen. (…) Adrienne lächelte, bevor sie den Laden schloss, ganz allein mit ihren Büchern, so wie man mit Engeln lächelt und ihnen zulächelt. Die Bücher, wie gute Teufel, erwiderten ihr Lächeln. Sie behielt dieses Lächeln und verschwand. Und dieses Lächeln erhellte die ganze Straße, die Rue de l’Odéon, die Rue d’Adrienne Monnier. (Übersetzung von Klaus Lintemeier)
Literatur:
Buchner, Carl H. (2023): Aufzeichnungen aus der Rue de l’Odéon: Schriften 1917–1953. Erinnerungen der legendären Pariser Buchhändlerin Taschenbuch. – herausgegeben von Carl H. Bugner. – Insel Verlag.
Murat, Laure (2024): Passage de l’Odéon: Sylvia Beach, Adrienne Monnier et la vie littéraire à Paris dans l’entre-deux-guerres. – Gallimard.
Inzwischen ist der Beitrag auch auf dem neuen Blog von Klaus und Ruth Lintemeier erschienen: https://www.paris-magie.de/ – ein engagiertes und professionell gemachtes Projekt zweier Menschen, die von Paris begeistert sind und andere daran teilhaben lassen. Ein Gewinn für Paris-Freundinnen und -Freunde! Viel Erfolg dabei!/bon courage! Wolf Jöckel