Jean-Michel Folon in der Saline von Arc-et-Senans, UNESCO-Weltkulturerbe im Jura (2023)

Jean-Michel Folon in der Saline von Arc-et-Senans im Jura

Die im Jura gelegene ehemalige königliche Saline von Arc-et-Senans „vaut un détour“, lohnt also in der gängigen Reiseführer-Sprache einen Umweg. Immerhin handelt es sich um ein ganz außerordentliches, einzigartiges architektonisches Ensemble, ein vorrevolutionäres avantgardistisches Projekt des französischen Architekten Ledoux aus dem 18. Jahrhundert. Die UNESCO hat deshalb auch die Saline in ihren Fundus des Weltkulturerbes aufgenommen.

Eine Beschreibung und Würdigung der Saline von Arc-et-Senans findet sich auf diesem Blog unter:

In diesem Jahr lohnt ein Besuch der Saline zusätzlich wegen der dort präsentierten Ausstellung von Werken des belgischen Grafikers, Malers und Bildhauern Jean-Michel Folon.  Es ist die größte Folon-Ausstellung, die bisher außerhalb von Belgien präsentiert wird.[1] Geboren wurde Folon 1934 in Brüssel, wo er auch vier Jahre Architektur studierte. Aus dieser Zeit stammt sein von Mies Van der Rohe übernommener Wahlspruch: „Weniger gibt mehr“[2]. 2005 starb Folon.  Seine  in Arc-et-Senans gezeigten Werke stammen von der Folon – Stiftung im Schlosspark von La Hulpe in Belgien.

Im großen Areal der Saline sind zahlreiche Skulpturen von Folon aufgestellt.[3]

© Fondation Folon/ADAP, Paris, 2023

Die Skulpturen von Folon illustrieren das Selbstverständnis seiner künstlerischen Arbeit, das er 1862 so formulierte:

Ce n’est pas la réalité qui compte, ou la poésie. Mais le passage de l’une à l’autre, et les surprises qu’elles se font.[4] 

Hier schaut man durch ein Folon-Schiff im Koffer auf das Hauptgebäude der Saline, das Haus des Direktors. Dort ist das Zentrum der Folon-Ausstellung.

Fondation Folon/ADAP, Paris, 2023

Empfangen wird man von einer großen gesichtslosen Gestalt, die -wie ein Exhibitionist- ihren Mantel öffnet. Aber da ist nur Leere, da wird nichts zur Schau gestellt: Dafür verweist der Pfeil auf die  Welt Folons, die in mehreren Räumen des Zentralbaus präsentiert wird. Über 200 Werke Folons sind da zu sehen und geben einen Überblick seines Schaffens.

Einige Eindrücke:

Hier geht es um den Ost-West-Konflikt der Nachkriegszeit und das gegenseitige Wettrüsten von USA und UdSSR.

Ein durchgängiges Thema seines Werks ist die Fremdbestimmung des Menschen.

Dazu gibt es auch einen eindrucksvollen meterlangen Fries an drei Wänden des Aufgangs zu den Räumen der Ausstellung im ersten Stock des Direktorengebäudes.

Jacques Steinberg über Folon: „ Die kluge Verwendung von Weiß gibt seinen Werken ein erstaunliches Gewicht. Seine Personen haben kaum Leben, sie sind blicklos und ohne Freude.“[5]

Folon interessierte sich für die gesellschaftliche Stellung des Menschen:  Seine Figuren sind oft einem entmenschlichten, mechanisierten und labyrinthischen Universum ausgeliefert.

Hier steht ein -für Folon typischer- Mann mit Hut und Koffer etwas ratlos da, für welche Richtung er sich entscheiden soll:

Folon: „Ich zeichne Pfeile. In  meinen Zeichnungen gibt es weniger als in der Wirklichkeit, aber ich glaube, dass man immer versucht, aus dem Labyrinth herauszukommen.“ [6]

Für Folon war aber (jedenfalls im nachfolgenden Plakat) doch klar, welcher Weg aus dem Labyrinth herausführt:

Die Richtung unseres Kampfes

Folon arbeitete lange als Zeichner für Amnesty International

Dies ist eine Arbeit Folons zum 200-jährigen Jubiläum der Erklärung der Menschenrechte 1789. (Ausschnitt)  

Bekannt geworden ist Folon auch durch seine Olivetti-Werbung.[7] Ob sich seine Figur in dem Tastengewirr zurechtfindet? Auch als Werbegrafiker hat sich Folon jedenfalls nicht korrumpieren lassen.

Schon seit Beginn der 1980-er Jahre hat Folon sich Umweltthemen zugewandt:

… ein schöner Bezug zu dem ökologischen Projekt des „cercle immense“ in der Saline von Arc-et-Senans.[8]

Und zum Schluss noch zwei wunderschöne „poetische“ Folons mit Mond und Sternen:

In einem dunklen Raum:  Ein Mann hoch oben auf einer Leiter…  angestrahlt von den Sternen, die ihn umgeben…´

Und dann ist er auch ein Artist im Sternenzelt[9]

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Le Monde de Folon in der königlichen Saline von Arc et Senans

Täglich geöffnet von 9 – 18 Uhr bis 5. November 2023

Arc-et-Senans liegt in der Region Bourgogne-Franche-Comté, 35 Kilometer südwestlich von Besançon. Die Saline eignet sich auch als Etappenziel: Sie bietet schöne Übernachtungssmöglichkeiten, und abends hat man die Anlage mit ihren eindrucksvollen Bauten und abwechslungsreichen Gärten für sich.


[1] https://www.lavenir.net/regions/brabantwallon/la-hulpe/2023/04/14/la-plus-grande-exposition-folon-jamais-montee-a-letranger-se-tient-a-la-saline-royale-darc-et-senans-du-5-mai-au-5-novembre-2023-/

[2] Siehe: Folon, Esprit linear. FFM: Bärmeier und Nikel 1963

[3] Wenn nicht anders angegeben, stammen die Fotos von Wolf Jöckel

[4] Zit. in: https://www.fykmag.com/arc-et-senans-folon/  Dort auch das nachfolgende Bild. Voriges Bild aus: Arc-et-Senans. L’exposition sur Folon vient d’ouvrir à la Saline royale Hebdo 25

Nachfolgendes Bild: https://www.fykmag.com/arc-et-senans-folon/

[5] Zit. in: Folon, Esprit linear. FFM: Bärmeier und Nikel 1963

[6] Folon in einem Interview vom September 1974. Zit. in: Plakat-Museum Essen: Folon. Ausstellungskatalog 1976

[7] Bild aus: https://www.rossetorri.it/al-museo-garda-la-mostra-su-folon/

[8] Vorhergehendes Bild aus: Bild aus: https://www.museogardaivrea.it/olivetti-e-l-arte-jean-michel-folon

[9] Bild aus: https://www.fykmag.com/arc-et-senans-folon/

La petite Ceinture, die Pariser Ringbahntrasse.  Eine Bilderstrecke von Hermann Kollmar und Herbert Boll

2020 erschienen auf diesem Blog zwei Beiträge zur ehemaligen Pariser Ringbahntrasse, der Petite Ceinture:

Inzwischen hat die „Rückeroberung“ der stillgelegten Ringbahntrasse weitere Fortschritte gemacht.  Eine vollständige Erschließung ist allerdings kaum möglich und auch nicht geplant. Herbert Boll und Herrmann Kollmar, zwei Leser dieses Blogs, haben in diesem Jahr die zugänglichen Teilstücke der Petite Ceinture erkundet:

„Erlebt haben wir ein Stück vergangener Eisenbahngeschichte. Entdeckt haben wir Orte, die mit viel Kreativität und Engagement neugestaltet wurden. Gleichzeitig wurde ihr ursprünglicher Charakter erhalten. Sehr gerne hält man sich dort auf. Wir erlebten eine grüne Oase mit viel Ruhe inmitten einer Millionenstadt. Wir sind Menschen begegnet, die sich dort Spazieren gehen, joggen, Sport oder Yoga betreiben… Wir standen aber auch immer wieder vor verschlossenen Gittern, zu den Abschnitten der Petite Ceinture, die nicht öffentlich zugänglich sind. Begonnen haben wir im 18é Arrondissement bei La Récyclerie und sind dann der Petite Ceinture quasi gegen den Uhrzeigersinn gefolgt.“

Hier eine von den beiden Wanderern erstellte Karte mit den Zugängen zur Petite Ceinture:

Sehr informativ und hilfreich ist der folgende von der Association Sauvegarde Petite Ceinture erstellte Link mit zahlreichen Informationen rund um die Petite Ceinture:

https://petiteceinture.org/acceder-a-la-petite-ceinture/

Dort sind nicht nur alle Zugänge mit den jeweiligen Adressen aufgeführt, sondern auch die noch erhaltenen und nun öffentlich zugänglichen ehemaligen Bahnhöfe mit ihren Angeboten (z.B.Bar, Café, Restaurant, Kultur). Es gibt auch kostenpflichtige Angebote von Führungen in französischer Sprache mit einem conférencier der Association.

Die Zeiten, zu denen die Petite Ceinture zugänglich ist, entsprechen denen der öffentlichen Parks in den jeweiligen Arrondissements.

Nachfolgend eine fotografische Einladung zu einem „Rundgang“ auf der Petite Ceinture.

© aller Fotos:  Hermann Kollmar und Dr. Herbert Boll

Die Petite Ceinture im 18. Arrondissement

La Récyclerie  83 Bd Ornano  (Ökozentrum mit Reparatur- und Recyclingwerkstatt, Café)

Der Zugang zur Petite Ceinture ist hier nur während der Öffnungszeiten der Récyclerie möglich.

Le Hasard Ludique. 128 Av. de Saint-Ouen, 18. Arrondissement  (Kulturzentrum, Bistro mit Bar)

https://www.lehasardludique.paris/

Der Zugang zur Petite Ceinture beim Hasard Ludique ist nur während der Öffnungszeiten des Lokals möglich!

Die Petite Ceinture im 17. Arrondissement

Länge: 0,7 km

Zugang:  Ecke Rue de Tocqueville und Boulevard Péreire

Die Petite Ceinture im 16. Arrondissement

Länge: 1,2 km

Zugänge:

gegenüber 27 Boulevard de Beauséjour (barrierefreier Zugang)

Ecke Rue du Ranelagh und Boulevard de Beauséjour (barrierefreier Zugang) –

gegenüber 77 Boulevard de Montmorency

Im Bereich des Teilstücks der Petite Ceinture im noblen 16. Arrondissements gibt es gleich drei ehemalige Bahnhöfe, die jetzt zu entsprechend noblen Restaurants umgewandelt wurden:

Die Petite Ceinture im 15. Arrondissement

Länge: 1,3 km

Zugänge:

99 rue Olivier de Serres (barrierefreier Zugang)

Place Balard (barrierefreier Zugang)

397ter-399 rue de Vaugirard (barrierefreier Zugang)

 –

82 rue Desnouettes (barrierefreier Zugang) –

Platz R. Guillemard (barrierefreier Zugang)

Ehemaliger Bahnhof Vaugirard, jetzt Coworking und Café: https://www.voie15.paris/

Die Petite Ceinture im 14. Arrondissement

Länge: 0,75 km

-124 Avenue du General Leclerc (hinter dem Poinçon) – Gegenüber 96bis rue Didot

Ehemaliger  Bahnhof Montrouge-Ceinture: Café, Restaurant Poinçon

Über der Brücke das Restaurant/Café Poinçon

Die Petite Ceinture im 13. Arrondissement

Länge: 0,43 km

 9 rue Augustin Mouchot (barrierefreier Zugang) – 26 rue de l’Interne Loeb (barrierefreier Zugang) – Über den Jardin de la Porte des Peupliers (barrierefreier Zugang)

Die Petite Ceinture im 12. Arrondissement

Länge: 1,67 km

Zugänge: Villa du Bel Air (barrierefreier Zugang) – Via Square Charles Péguy (barrierefreier Zugang) – Rue des Meuniers (barrierefreier Zugang) – Rue Claude Decaen – Rue du Sahel an der Coulée Vert

Die Petite Ceinture im 20. Arrondissement

Länge: 0,2 km

11 rue de la Mare (barrierefreier Zugang) – 79 rue de Menilmontant

Ehemaliger Bahnhof Charonne: Kultur und Poltik  https://flechedor.org/

Die Petite Ceinture im 19. Arrondissement

 1. Spaziergang : 30 rue de Thionville – 2bis rue de l’Ourcq  Länge: 0,23 km

2. Spaziergang : 177 Flanders Avenue – 95 rue Curial  Länge: 0,59 km

Brücke über den Canal de l‘Ourcq

Rechts und links der Petite Ceinture gibt es viele sehr sehenswerte und manchmal eher unbekannte Orte wie zum Beispiel die villa des tulipes im 18. Arrondissement, eine 3 Meter breite und 200 Meter lange (bzw. kurze) entzückende kleine Straße voller Blumen… 

Aber für weitere Abstecher dieser Art hätten wir noch mehr Zeit gebraucht….

Die Petite Ceinture als Teil des Rundwanderwegs GR 75 um Paris:

Um Paris verläuft auch ein Rundwanderweg von 50 km, der GR 75. Dieser Rundweg nutzt auch Teile der Petite Ceinture:

Le tour de Paris à pied. 50 km sur le GR 75. FFRandonée. Topo Guides 2022

Dort wird der Rundweg in 13 Etappen eingeteilt und beschrieben.

Das Pantheon der großen (und weniger großen) Männer und der wenigen großen Frauen (2): Der Kult der „grands hommes“

Thema eines Blog-Beitrags aus dem Jahr 2018 waren die wenigen großen Frauen, die im Pantheon von Paris ihre „republikanische Heiligsprechung“ erhielten:

https://paris-blog.org/2018/04/01/das-pantheon-der-grossen-und-der-weniger-grossen-maenner-und-der-wenigen-grossen-frauen-1-das-pantheon-der-frauen/

Zunächst und vor allem war und ist das Pantheon allerdings eine Ruhmeshalle großer Männer, auch wenn in den letzten Jahren die Präsidenten Hollande und Macron Wert darauf gelegt haben, bei den von ihnen vorgenommenen Pantheonisierungen auch endlich Frauen ihren gebührenden Anteil zukommen zu lassen: zuletzt durch die Aufnahme von Simone Veil und Josephine Baker ins Pantheon.

Es waren aber vor allem drei „große Männer“, die in der Entwicklung der Kirche Saint Geneviève zur Ruhmeshalle Frankreichs eine entscheidende Rolle spielten: Voltaire, Rousseau und Victor Hugo. Sie werden deshalb im Zentrum des nachfolgenden Beitrags stehen.

Einleitend geht es um die wechselhafte Geschichte des Pantheons zwischen Kirche und republikanischem Tempel und um die Entstehung des Kults der großen Männer in Frankreich; abschließend um die heutige Funktion und die Perspektiven des Pantheons für die französische Identität. Ganz zum Schluss dann noch einige Bemerkungen zu der kürzlich für 2024 angekündigten Pantheonisierung der Widerstandskämpfer Missak et Mélinée Manouchian

Es handelt sich damit um ein breit angelegtes Vorhaben, das ich aber nicht noch einmal weiter aufteilen wollte. Der Beitrag ist deshalb allerdings entsprechend umfangreich geworden, wofür ich um Verständnis bitte….

Von der Kirche zum republikanischen Tempel

Das Pantheon von Paris ist ein grandioses Bauwerk. Es geht zurück auf ein Gelübde Ludwigs XV. und auf seinen Wunsch, sein Prestige durch außerordentliche Bauten zu festigen. Diesem Wunsch entsprach der Architekt Germain Sufflot, dessen seit 1755 vorgelegte Entwürfe nicht nur der Erhabenheit der griechischen Architektur entsprechen, sondern auch mit Sankt Peter in Rom und Sankt Paul in London  rivalisieren sollten. Bestimmt war der Bau als Kirche der Pariser Schutzheiligen Sainte Geneviève. 1790,  10 Jahre nach dem Tod Soufflots und am  Beginn der Französischen Revolution war der Bau weitgehend fertig gestellt, allerdings fehlte noch die vorgesehene Ausmalung.   Aber  1791 beschloss die Nationalversammlung, den Bau zu einem Tempel der Nation umzuwidmen. Das entsprechende Dekret  beginnt so: „Das neue Gebäude der Sainte-Geneviève erhält die Bestimmung, die sterblichen Reste großer Männer ab der Zeit der französischen Freiheit zu bergen.“[1] Alle religiösen Symbole wurden entfernt, dafür wurden  im Giebel über dem Eingangsportal –als sichtbares Zeichen der Umwandlung in ein Pantheon- die berühmten Worte eingraviert: Aux grands hommes la patrie reconnaissante. (Den großen Männern das dankbare Vaterland).

Der Name Pantheon[2], der für die neue Funktion des Baus gewählt wurde, stellt einen Bezug her  zu den römischen Tugenden, die in der Französischen Revolution ein wichtiges Leitbild waren, und zu der griechisch-römischen Götterwelt. Und die Architektur lehnte sich ebenfalls an antike Vorbilder an.

Die korinthischen Kapitelle im Säulenumgang der Kuppel. Foto: Wolf Jöckel

Wie das  Pantheon in Rom war das französische Pantheon ein Tempel, aber einer für die von der Nation verehrten und gewissermaßen heilig gesprochenen „großen Männer“.  Damit wurde das Bauwerk zum Gegenstück der königlichen Grablege in Saint Denis: Die hier begrabenen „großen Männer“ verdankten ihren Status nicht mehr der Geburt, sondern ihren Verdiensten für das Vaterland.[3]

In seiner Monumentalität war das Bauwerk Ausdruck einer in der Revolution angestrebten republikanischen Gegen-Religion. Es thronte auf dem Montagne Saint -Genevieve und war bis zum Bau des Eiffelturms das schon von weitem sichtbare höchste und markanteste Gebäude der Stadt.[4]

Die große Kuppel ist ein architektonisches Meisterwerk und ermöglichte und ermöglicht einen Rundblick über die ganze Stadt.

Links Eiffelturm und Invalidendom, rechts Saint Sulpice und die Hochhäuser von La Défense. Foto: Wolf Jöckel

Und es besaß/und besitzt eine außerordentlich große Krypta, die die gesamte Fläche des Baus einnimmt. Der Hügel der heiligen Genoveva war nämlich mit zahlreichen zur Tongewinnung angelegten Schächten durchzogen, sodass –gerade auch angesichts der Größe des geplanten Baus- die Fundamente sehr tief in den Boden getrieben werden mussten. Zwischen deren Pfeilern  war damit der Raum für die Krypta geschaffen, die mit der Monumentalität des Raums darüber  korrespondiert.

Allerdings wechselte der Bau –den politischen Umbrüchen folgend- mehrfach seine Bestimmung:

  • Von 1806 bis 1815 durften aufgrund eines kaiserlichen Dekrets Napoleons die oberen Partien wieder für kirchliche Zwecke genutzt werden. Die Krypta allerdings blieb als Grabstätte der „großen Männer“ erhalten, und von Napoleon geradezu inflationär als Grablegung eine neuen imperialen Elite genutzt: Die Mehrheit der im Pantheon bestatteten „großen Männer“ kommt aus diesen Jahren – meistens sind es Personen, deren Name heute fast niemand mehr kennt.
  • Nach dem Sturz Napoleons und der Wiederherstellung des bourbonischen Königtums wurde der Bau vollständig zur Kirche umfunktioniert. Die bestehenden revolutionären und imperialen Grabstätten wurden verschlossen. Karl X. wünschte keine Fortsetzung des Kults der „großen Männer“. Einzige Ausnahme war die Bestattung von Soufflot im Jahr 1829.
  • Im Gefolge der Julirevolution von 1830 wurde die Kirche Sainte Geneviève wieder zum Pantheon und zum Symbol der revolutionären Ideale. Zur  Ambivalenz der Julimonarchie Louis Philippes passt allerdings, dass sie zwar bei David d’Angers ein großartiges Giebelrelief mit Allegorien und Hagiographien in Auftrag gab, dass man danach aber keinen einzigen Toten in das Grabmal überführte. Das Pantheon blieb also weiter auf der Wartespur.[5]
  • Eine erneute Wendung brachte der Staatsstreich von Louis- Napoléon Bonaparte, der sich dann auch als Napoleon III. zum Kaiser ausrufen ließ.  Der Bau wurde zur „basilique nationale“ und blieb es auch nach seinem Sturz 1870 unter der zunächst noch konservativ-monarchistisch ausgerichteten 3. Republik.
  • Der Wendepunkt kam dann 1885 mit dem Tod und der Pantheonisierung Victor Hugos. Ein Dekret bestimmte damals, dass das Pantheon seiner ersten und rechtmäßigen Bestimmung zurückgegeben werden solle: „Die sterblichen Überreste großer Männer werden dort beigesetzt, die nationale Anerkennung verdient haben.“ [6] Und dies ist seitdem gültig….

Entsprechend oft wie der Wechsel zwischen Kirche und nationalem Mausoleum war auch der der Inschriften über dem Portal: Zunächst galt sie der Heiligen Genoveva und König Ludwig XV, wurde aber 1791 ersetzt durch die Widmung für die „Großen Männer“.  Die wurde 1822 – in Zeiten der Restauration- wieder entfernt und machte einer erneuten kirchlichen Inschrift Platz, die jetzt auch Ludwig XVIII. einbezog, der den ursprünglichen Zustand wiederhergestellt habe (restituit). Als aber zu Zeiten der Julimonarchie David d’Angers den Giebel neu gestaltete, wurde auch die Inschrift für die „Großen Männer“ wieder angebracht, allerdings 1851 unter Napoleon III.  erneut entfernt. 1885 waren dann wieder die „Großen Männer“ und „das dankbare Vaterland“ an der Reihe, die seitdem mit goldenen Lettern über dem Portal prangen.

Die Verehrung der „Großen Männer“ in der französischen Aufklärung

Der Kult der Großen Männer war im Frankreich der Aufklärung höchst populär. „Das 18. Jahrhundert war von der Idee geradezu besessen, durch feierliche Verehrung der Großen Männer ein neues kollektives Gedächtnis zu schaffen.“[7]  

Drei  Beispiele:

Im Park von Ermenonville, einem Landschaftspark aus der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts,  in dem auch Rousseau bestattet wurde,  steht der „Tempel der modernen Philosophie“:

Jede seiner Säulen trägt den Namen eines der großen Philosophen oder Wissenschaftlers mit einer jeweils für ihn charakteristischen Devise. Es waren für den Schlossherren, René-Louis  de  Girardin,  gewissermaßen die Säulen aufklärerischen Denkens und Wissens: Rousseau natürlich, Descartes, Voltaire, Montesquieu, Penn und Newton: ein kleines  Pantheon im Geiste der Zeit.[8]

Hier die Säule Montesquieus mit der lateinischen Devise iustitiam/Gerechtigkeit. Foto: Wolf Jöckel

Ein bildhauerisches  Pantheon der Aufklärung hat Jean-Antoine Houdon geschaffen, den man auch als den „sculptor of the Enlightement“ bezeichnet hat.[9] Houdon hat Portraits von herausragenden Aufklärern wie Diderot, Rousseau, d’Alembert  und Voltaire geschaffen, dazu auch Portraits von  George Washington, Benjamin Franklin, Thomas Jefferson, Lafayette. Houdons nach der Totenmaske angefertigtes Portrait Rousseaus wurde an anderer Stelle dieses Blogs schon vorgestellt[10], Abbildungen von zwei Statuen Voltaires werden später folgen.

Und in Bordeaux gibt einen Platz der großen Männer- geschaffen 1791, also gleichzeitig mit dem Pantheon von Paris. Es ist, nach der Erläuterung auf dem Schild,  „ein Pantheon unter freiem Himmel“ gewidmet Montaigne, Montesquieu, Rousseau und Voltaire, damit ihre Ideen weiterleben und sich die Menschen an ihnen ein Vorbild nehmen können.

Foto: Wolf Jöckel

Der Kult der Großen Männer in Frankreich hat gewissermaßen ein „Geburtstatum“, nämlich das Jahr 1758: Damals bestimmte die Akadémie française  den Lobpreis großer Männer der Nation zum Thema ihres jährlichen Redewettstreits. Und im Gefolge des Elogen-Wettstreits der Akademie entstand auf Initiative Ludwigs XVI. das Projekt der Grands Hommes de la France: Alle zwei Jahre wurden zu diesem Zweck vier Statuen und acht bis zehn Gemälde in Auftrag gegeben, die zuerst 1777 im Salon carré des Louvre ausgestellt wurden.  So entstanden allmählich ein „Panthéon de papier“ und ein Pantheon aus Marmor,  bevor die Revolution dem Kult der Großen Männer das Pantheon aus Stein widmete.[11] 

Der Begriff des „Großen Mannes“ war im Verständnis  der Aufklärung das Gegenteil eines Helden.[12] Der Held war danach vor allem ein Mann des Krieges, der gewonnenen Schlachten – wie etwa Alexander. Ein „großer Mann“ hat, wie Voltaire in einem Brief vom 15. Juli 1735 schrieb, andere Qualitäten: Ein Kanal zwischen zwei Meeren, ein besonderes Bild oder Theaterstück oder eine entdeckte Wahrheit seien 1000mal bedeutsamer als ein Dienst am Hofe oder ein Feldzug. „Grands Hommes“ nenne er all diejenigen, die sich im Nützlichen oder Angenehmen ausgezeichnet hätten.[13] Damit  konnten Herrscher im Grunde keine „Großen Männer“ sein. Sie konnten/sollten sich allerdings von großen Männern umgeben, wollten sie selbst nicht nur als Helden in die Geschichte eingehen: Bezeichnend in diesem Zusammenhang ist der von der Königlichen Akademie der Architektur preisgekrönte Entwurf für einen Cenotaph des „guten Königs“ Henri Quatre:  Der leere Sarg ist umgeben von Galerien bedeutender Männer.  Aber anders als die Könige haben die „Großen Männer“ ihren Status nicht ererbt, sondern durch Begabung und Verdienste erworben –  auch wenn die Zeitgenossen diese bisweilen nur widerwillig anerkannt haben.  Insofern vermitteln die „Großen Männer“  eine pädagogische und eine demokratische Lektion, und man versteht, dass die Französische Revolution sich ihrer bemächtigt hat.[14] Begünstigt wurde die Kult der Großen Männer in der Französischen Revolution auch durch deren universalen Anspruch: So wie die Revolution ja nicht auf die Nation beschränkt bleiben sollte – die am 26. August 1789 von der französischen Nationalversammlung proklamierten Rechte waren nicht nur Bürger- sondern auch Menschenrechte- so gehörte auch zum Bild des Großen Mannes die universelle Ausstrahlung. Und schließlich diente der revolutionäre Kult großer Männer auch dem Bemühen um „Ausformung einer säkularen Religion“ (Ozouf)  mit ihren verehrten Göttern oder Heiligen und mit feierlichen Liturgien, wie sie anlässlich der Pantheonisierung eines „großen Mannes“ (bzw. inzwischen auch:einer großen Frau)  bis heute zelebriert werden.  

Drei „Schlüsselfiguren“ des Pantheons: Voltaire,  Rousseau und Victor Hugo

Anlass für den  Beschluss der Nationalversammlung zur Umwandlung der Kirche Sainte-Geneviève in eine Begräbnisstätte „Großer Männer“ vom 4. April 1791 war der Tod Mirabeaus.  Er wird in dem Beschluss ausdrücklich als der erste genannt, der würdig sei, im Pantheon bestattet zu werden. Mirabeau, der  „französische Demosthenes“, Wortführer des Dritten Standes und  Vorsitzenden der Nationalversammlung, wurde allerdings  schon 1793 wieder aus dem Pantheon verbannt, als seine Verbindungen zum Königshaus bekannt wurden.

Gewissermaßen ersetzt wurde er von  Marat, der durch seine Ermordung zum „Märtyrer der Revolution“ wurde. Allerdings war Marats Aufenthaltsdauer im Pantheon noch kürzer als die Mirabeaus, denn nach dem Ende der Jacobinerherrschaft, für deren Terror Marat verantwortlich gemacht wurde, war auch für ihn kein Platz mehr im Kreis der „Großen Männer.“  Deshalb beschloss der Nationalkonvent im Februar 1795, dass erst 10 Jahre nach dem Tod eines „Großen Mannes“ dessen Pantheonisierung erlaubt sein sollte.

Ausdrücklich war in dem Beschluss von 1791 festgelegt, dass das Pantheon nur die Asche solcher großer Männer aufnehmen dürfe, die in „der Epoche unserer Freiheit“ gestorben seien. Es könnten aber Ausnahmen für einige vor der Revolution gestorbene große Männer wie Descartes, Voltaire und Rousseau gemacht werden.

Der Dank der Revolution: Voltaire ins Pantheon

Der erste nach dieser Sonderregel Aufgenommene war Voltaire, und sein Tod bereitete gewissermaßen den Weg zur Umwandlung der Kirche Sainte Geneviève in ein französisches Pantheon vor.  Voltaire starb am 30. Mai 1778 in Paris, im Haus seines Freundes, des Marquis de Villette.

Erinnerungsplakette am Haus Quai Voltaire Nummer 27. Foto: Wolf Jöckel

„Zuständig“ für sein Begräbnis wäre die nahe gelegene Kirche Saint Sulpice gewesen. Aufgrund der radikal aufklärerischen und  antiklerikalen Positionen Voltaires  (Schlachtruf: „écrasez l’infâme…“ ) weigerte sich allerdings  die lokale Geistlichkeit, Voltaire  zu bestatten.  Sein Leichnam drohte also wie der eines Verbrechers in einem anonymen Grab verscharrt zu werden. Voltaire hatte allerdings einen mutigen und findigen Neffen, der Abt des Klosters Sellières in der Nähe von Romilly-sur-Seine war. Der setzte den gepuderten und mit Perücke versehenen und festgezurrten Leichnam in eine Kutsche und ließ ihn in sein Kloster bringen, wo er im Chor der Kirche  heimlich bestattet wurde.  

Der Grabstein Voltaires in Sellières: Die ineinander verschränkten Buchstaben A (für Arouet, den eigentlichen Namen des Philosophen) und V (für Voltaire)[16]

1789 wurde aber die Abtei wie andere geistliche Güter verstaatlicht, was die Anhänger Voltaires um die Zukunft seines Grabes fürchten ließ. Der Marquis de Vilette wandte sich deshalb an die Nationalversammlung: Der Körper Voltaires gehöre der Nation. Die Vorstellung sei unerträglich, dass er im Besitz einer Privatperson sei und wie ein herrschaftliches oder geistliches Gut verkauft werden könne. Notwendig sei ein würdiger Ort, an dem die Nation die Erinnerung an ihn und die „Großen Männer“ feiern könne. Der dafür geeignete Ort sei die Kirche Sainte-Geneviève.  Nach dem Vorbild der Griechen und Römer solle sie zu dem PANTHÉON FRANÇAISE werden. In ihr sollten die Statuen „unserer großen Männer“ aufgestellt und deren Asche in den unterirdischen Gewölben aufbewahrt werden.  Es dauerte dann allerdings noch bis zum Tod Mirabeaus, bis auf Beschluss der Nationalversammlung „der Tempel der Religion“ zum „Temple des Vaterlandes“ umgewidmet und damit auch der von dem Marquis de Villette vorgeschlagene Ort die für seinen Onkel zugedachte Bestimmung erhielt.

Im Juli 1791 war es dann so weit, dass die sterblichen Überreste Voltaires in einer zweitätigen grandiosen Zeremonie ins Pantheon überführt wurden.  Paris war auf den Beinen, als am 10. Juli der Sarkophag von Sallières auf einem blumengeschmückten Wagen nach Paris gebracht wurde. Nachdem er das revolutionäre Handwerkerviertel Faubourg St. Antoine passiert hatte,  wurde der Leichnam auf den Ruinen der Bastille aufgebahrt, wo Voltaire einmal gefangen war. Dort war jetzt eine Inschrift angebracht: „Empfange, Voltaire,  an dieser Stelle, wo dich der Despotismus eingekerkert hat, die Ehren des Vaterlandes“.[17] Am nächsten Tag wurde der Sarkophag dann in einem mehrstündigen Triumphzug durch Paris ins Pantheon geleitet: „Es schien, als habe man einen Gott empfangen“,  wie es in einer zeitgeschichtlichen Quelle heißt.[18]

Triomphe de Voltaire : le 11 juillet 1791. Kupferstich von Pierre-Gabriel Berthault nach einer Zeichnung von Jean-Louis Prieur, 1802 . Aus dem musée de la Révolution française in Vizille.  Foto von Jean-Louis Prieur und Christophe Müller[19]

Bei  diesem Triumphzug durfte natürlich auch die Musik nicht fehlen: An der damals am Boulevard Saint-Martin gelegenen Oper (Académie de musique), präsentierten ein Chor und ein Orchester mit Pauken und Trompeten ein Stück aus der Oper Samson von Rameau, dessen Textbuch Voltaire geschrieben hatte: „Volk, wach auf, brich deine Ketten!“  („Peuple, éveille-toi, romps tes fers!“). Und vor dem hôtel de la Villette, dem Todesort Voltaires, wurde die  Hymne sur la translation du corps de Voltaire au Panthéon von François-Joseph Gossec angestimmt. [20]

Einige Tage später besuchte der deutsche Republikaner Karl Gottlob Küttner Paris und berichtete:

 „Überall spricht man noch von der großen Prozession, die einige Tage vor meiner Ankunft gehalten worden war. Der Leichnam des Voltaire, den man von der Bourgogne hierher gebracht hatte, wurde auf den Ruinen der Bastille niedergelegt, wo man ihn dann auf einen prächtigen Wagen legte, der von 12 Pferden der Königin gezogen wurde. Über den Leichnam selbst errichtete man ein Prachtbette, auf welchem Voltaire im Bildnisse lag. Dieses Prachtbette steht gegenwärtig mitten in der Kirche … und ist mit Inschriften und einer Menge Tafeln umgeben, auf denen die Titel aller seiner vorzüglichsten Werke stehen. Die Prozession fing bei der Bastille an, ging um die Boulevards, dauerte mehrere Stunden, und endigte sich in der Kirche der heiligen Genovefa.“[21] Dass  es sich nicht mehr um die Kirche der heiligen Genovefa, sondern um das Pantheon handelte, hatte Küttner offenbar noch nicht mitbekommen….

© Rémih / Wikicommons Als Dichter, Historiker, Philosoph machte er den menschlichen Geist größer und lehrte ihn, dass er frei sein soll.

Den Manen des Voltaire. Die Nationalversammlung hat am 30. Mai 1791 beschlossen, dass er die großen Männern gebührenden Ehren verdient hat. Foto: Wolf Jöckel

Zeichen der außerordentlichen Wertschätzung Voltaires – er war abgesehen von dem unrühmlichen Intermezo Mirabeau- ja der erste wahrhaft „Große Mann“ im Pantheon, ist die Tatsache, dass er – und nach ihm keiner- neben  einem Epitaph auch ein Standbild  erhielt.

Statue Voltaires im Pantheon von Jean-Antoine Houdon (Teilansicht) Foto: Wolf Jöckel

Franz Grillparzer, der 1836 Paris besuchte (und bei dieser Gelegenheit übrigens auch Heinrich Heine, äußerte sich übrigens ziemlich kritisch über Voltaires letzte Ruhestätte:

„Als hätte der eitle Mann es bestellt, sein Sarg ist vergoldet und aufgeputzt. Seine Statue blickt sarkastisch auf seine irdischen Überreste herab. Dieser ganze dunkle Winkel ist eine Ironie.  …  Das grinsende Lächeln des Philosophen von Ferney, durch Marmor verewigt, ist an dieser Stelle fast eine Blasphemie. …“[23]

Der Schatten Voltaires im Pantheon     Foto: Wolf Jöckel 

Allerdings sind die sterblichen Überreste Voltaires  nicht vollständig im Pantheon vertreten: Auf Wunsch des Marquis de la Villette wurden nämlich bei der Einbalsamierung das Gehirn und das Herz entnommen. 

Das Herz, ein auch in der aristokratischen  und kirchlichen Tradition besonders hochgeschätztes und oft separat bestattetes Organ, erhielt  in dem Schloss von Ferney einen Ehrenplatz: Dort hatte  Voltaire fast 20 Jahre seines Lebens verbracht, und der Marquis, der das Schloss aufgekauft hatte, richtete dort einen besonderen Raum des Andenkens und der Verehrung mit dem Herz Voltaires ein. 

Chambre du Coeur de Voltaire im Schloss von Ferney.  Stich aus dem Ende des 18. Jahrhunderts.   

1785 musste der Marquis das Schloss aber wieder verkaufen. Nach einigen Zwischenstationen kam dann die Voltaire’sche Reliquie  (la relique voltairienne) 1864  in den Besitz der damaligen  Bibliothèque impériale, wo sie im Sockel einer  Statue des sitzenden Voltaires von Houdon aus dem Jahr 1781 deponiert wurde.  Im Salon d’honeur der heutigen Bibliothèque nationale (Richelieu) befinden sich Statue und Herz noch heute.[24]

Das Gehirn bewahrten zunächst der mit der Einbalsamierung des Leichnams betraute Apotheker und dann Nachkommen Voltaires auf, bevor es  zu Beginn des 20. Jahrhunderts  die Comédie française kaufte. Und die deponierte das Herz im Sockel einer Kopie der Houdon’schen Statue von 1781,  die bis heute im Vestibül des Theaters ihren Platz hat.[25]

Bemerkenswert ist übrigens, dass Houdon –im Gegensatz  zu überladenen bildlichen Darstellungen aristokratischer Helden im Ancien Régime-  in beiden Standbildern Voltaires dessen Einfachheit betont: Er wird nicht in prunkvollem Ornat dargestellt, sondern ist mit einer schlichten Toga bekleidet dargestellt. Es geht nicht um äußerlichen Ruhm, sondern um innere Größe. [26] Die von Houdon für seine Darstellung gewählte römische Tracht hat auch eine politisch-programmatische Bedeutung: Denn die von Ludwig XVI. angeregten Statuen „Großer Männer“  sollten ausdrücklich in zeitgenössischem Habit dargestellt werden und gerade nicht in römischer Tracht: Gewollt war ein Bezug auf das „Grand Siècle“, aber nicht eine für die Monarchie potentiell bedrohliche Rückbesinnung auf die  Antike und ihre Tugenden.  Das führte zu einem „Kostümstreit“, in dem sich Houdon ausdrücklich positionierte und zu den Werten der Aufklärung bekannte.[27] 

Von der Pappelinsel in die Krypta: Die Aufnahme Rousseaus ins Pantheon

Die verfassungsgebende Nationalversammlung hatte schon im August 1791 Rousseau als „Gründungsvater der Verfassung“ der Pantheonisierung für würdig erachtet. Aber erst nach dem Sturz Robespierres wurde Rousseau am 11. Oktober 1794 ins Pantheon aufgenommen. Die Verzögerung hatte keine politischen Gründe: Rousseau genoss – über alle revolutionären Umbrüche hinweg- ein uneingeschränktes Ansehen vor allem als  Autor des Contrat social und des Émile,  als „Vater der Gleichheit“ und  Verteidiger der Menschenrechte.  An Rousseau entzündete sich allerdings die Frage, wem denn die sterblichen Überreste eines „Großen Mannes“ gehören und wo ihr Platz sei. Rousseau war ja seit seinem Tod 1778  im Park von Ermenonville auf der Pappelinsel bestattet: ein geradezu idealer Platz für seine Verehrer und Ziel vieler und berühmter Rousseau-Pilger.[28]

Foto: Wolf Jöckel

 Die Bürger des Ortes Montmorency, zu dem Ermenonville gehörte, hatten deshalb schon 1791 vorgeschlagen, im Falle einer Pantheonisierung Rousseaus den Leichnam an seinem Ort zu belassen und im Pantheon einen Cenotaph aufzustellen. Verständlicher Weise  weigerte sich der Marquis de Girardin, bei dem Rousseau seine letzten Lebensjahre verbracht hatte, hartnäckig, die sterblichen Überreste Rousseaus dem Grab auf der Pappelinsel zu entreißen.  Der für die Pantheonisierung zuständige Abgeordnete des Nationalkonvents, Joseph Lakanal,  war sich der Problematik durchaus bewusst: Er forderte zwar die citoyens auf, so schnell wie möglich „diesen großen Mann seinem einsamen Grab“ in Ermenonville zu entreißen, schlug aber vor, in der Umgebung des Pantheons ein von Pappeln umgebenen „bois auguste“ zu pflanzen, um „sensible Seelen“ an die Landschaft von Ermenonville zu erinnern. Bis es soweit sei, solle das neue Grab Rousseaus im Tempel der Großen Männer installiert werden. Aus diesen Plänen wurde aber nichts, und so verschwanden die sterblichen Überreste des naturliebenden Rousseau auf Dauer in der dunklen Gruft des Pantheons. (Ironische Anmerkung: Vielleicht wird ja im Zuge der allseits propagierten Pariser Stadtbegrünung demnächst doch noch das von Lakanal vorgeschlagene Rousseaus-Wäldchen gepflanzt…)

Hier ruht der Mann der Natur und der Wahrheit

Die Fackel Rousseaus leuchtet noch aus seinem Grabmal .

Postiert wurde das Grabmal genau gegenüber dem Voltaires. So waren nun die beiden Philosophen, die im Leben ja nun durchaus keine Freunde waren[29], im Pantheon vereint. Und die Revolution ehrte damit  zwei herausragende Gestalten der Aufklärung,  die beiden „pères de la  nation“ und der Revolution.

Der Genius von Voltaire und Rousseau geleitet die beiden zum „temple de la Gloire et de  l’Immortalité“. Anonymer kolorierter Stich aus dem musée Carnavalet [30]

Karl Gutzkow, einer der großen deutschen Dichter des Vormärz, berichtete 1842 über seinen Besuch im Pantheon:

„Wir stiegen in die Gewölbe hinab. Wie feucht, wie kalt ist es in der Nähe der Unsterblichkeit! Warum da unten in den trüben, dunklen Räumen! Ihr habt Voltaire und Rousseau dort hingelegt. Voltaire würde nie diese dunklen Gewölbe für seine Gebeine als Ruheort gewählt haben. Voltaire wollte Licht im Leben, er würde auch Licht im Tode gewollt haben. Rousseau hätte allerdings das Dunkel gesucht, aber das Dunkel eines verschwiegenen Parks, einen stillen, schattigen Blätterhain. Fröstelnder Gedanke, hier unsterblich zu liegen! [31]

Foto: Wolf Jöckel

Entsprechend auch Urteile von Zeitgenossen:  Mona Ozouf spricht von der „Unansehnlichkeit des Orts, die mehr als einen Großen Mann bei der Aussicht erschaudern lässt, eines Tages hier eingemauert zu sein.“ Einer dieser Großen Männer, der vor dieser Aussicht schauderte, war Jean Jaures, der 1914 ermordete Führer der französischen Sozialisten. Der ließ nämlich vorsorglich wissen, er schrecke vor dem eisigen Atem des Ortes zurück, und sprach stattdessen von den kleinen sonnigen Friedhöfen seines geliebten Südens.[32]

Hanns-Joseph Ortheil beklagt in seinem Paris-Buch, man merke dem Bau des Pantheons  „bis in jede Fuge an, dass er keine Kirche geworden, sondern in seltsam pathetischer, kühler und den Besucher auf Distanz haltender Feierlichkeit erstarrt ist. In seinen Kellern trifft man zwar auf die Gräber von Voltaire, Rousseau oder Victor Hugo, aber auch diese Grablegen lösen keinerlei Emotionen aus und tragen nichts dazu bei, die Verehrung für solche großen Philosophen und Schriftsteller an dieser Stelle noch einmal aufflammen zu lassen.“[33]

Die pathetische Feierlichkeit, von der Ortheil hier spricht, lässt sich auch auf das zu Ehren Rousseaus im großen Rundbau des Pantheons errichtete Monument aus dem Jahr 1912 beziehen. Es gehört zu dem 1889 beschlossenen Programm, den Innenraum des Pantheons mit dem Ort gemäßen Skulpturen auszustatten. Das Denkmal für Rousseau  ist eine Arbeit von Albert Bartholomé, den man als „le seul et le véritable rival de Rodin“ bezeichnet hat (Jacques de Caso), was –nach meinem unmaßgeblichen Urteil- im Pantheon allerdings nicht nachzuvollziehen ist. (Eher schon an seinem Monument des morts auf dem Friedhof Père Lachaise).

Denkmal für Rousseau: Die Allegorie der Philosophie zwischen der Natur und der Wahrheit

Zeichen der andauernden  Verehrung Rousseaus ist schließlich die 1952 errichtete Statue auf dem Platz neben dem Pantheon. Sie ersetzt eine Bronzestatue, die –wie so viele andere- während der Zeit der occupation eingeschmolzen wurde, um die von den Besatzern geforderten Rohstoffmengen liefern zu können.  Mit der Einweihung der ursprünglichen Statue wurden 1889 die 100-Jahr-Feiern der Französischen Revolution eröffnet. Rousseau ist damit der einzige „Große Mann“, der in der Krypta, im Innenraum und am Rand des Pantheons geehrt wird! …  vielleicht ein kleiner Trost, wenn er schon nicht auf seiner Pappelinsel bleiben durfte….

Statue von Rousseau auf dem Platz neben dem Pantheon. Foto: Wolf Jöckel

Die Apotheose Victor Hugos

Rousseau und Voltaire blieben dann auch die einzigen Männer, die in der Zeit der Französischen Revolution ins Pantheon aufgenommen wurden und dort auch nach wie vor bestattet sind: Descartes, der  im Gründungsbeschluss der Nationalversammlung von 1791 für eine Pantheonisierung vorgesehen war, wurde dann doch nicht aufgenommen; Mirabeau, Marat und zwei weitere Revolutionäre wurden schnell wieder aus dem Pantheon entfernt… [34]

In der Zeit des empire erlebte dann das Pantheon eine erste (Schein-)Blüte, indem Napoleon das Pantheon hemmungslos mit seinen Generälen und Granden füllte. Insgesamt 41, meist inzwischen völlig vergessene Personen  wurden damals im Pantheon bestattet und machen damit  mehr als die Hälfte aller bisher Pantheonisierten aus!

Danach folgte eine lange „Durststrecke“:  Zwischen 1815 und 1885 wurde nur ein einziger „großer Mann“ ins Pantheon überführt, nämlich Jacques-Germain Soufflot, der Architekt des Pantheons.

Der Wendepunkt war dann das Jahr 1885,  als das Pantheon wieder –und aus heutiger Sicht: endgültig- zum Gedenk- und Bestattungsort großer Männer (und Frauen) wurde. Anlass war hier der Tod Victor Hugos am 22. Mai 1885. Einen Tag später dekretierte die Regierung, dass das damals wieder als „basilique nationale“ genutzte Gebäude  seiner republikanischen Bestimmung  („sa destination républicaine“) zurückgegeben werde.

In dieser antiklerikalen und Hugo-verherrlichenden  Grafik  von L. Isoré aus dem Jahr 1885 ist dieser Vorgang thematisiert: Ein Priester mit liturgischem Gerät flieht aus dem Pantheon, in dessen Eingang der von einer Aura umgebene Victor Hugo erscheint- in einer Hand die Leier des Dichters, in der anderen das Banner der Freiheit. Der Titel Désinfec-tation  ist ein Wortspiel mit den Worten désinfection (Desinfizierung) und désaffectation (Stillegung). Der Untertitel ist eindeutig:  Die Ignoranz macht dem Genie Platz.

Voraussetzung des Umwandlungsbeschlusses von 1885  war der politische Umbruch im Frankreich der 3. Republik, der sich am 30. Januar 1879 vollzog: Damals trat Präsident Mac Mahon, Vertreter einer von monarchistischen und katholischen Abgeordneten bestimmten Politik des „Ordre moral“ zurück, die bisher den religiösen Status von Sainte-Geneviève gestützt hatte. In der nun mehrheitlich republikanischen Abgeordnetenkammer warf der Abgeordnete François-Vincent Raspail die Frage auf, wieso immer noch die Priester von Sainte-Geneviève unter der Kuppel des Pantheons psalmodierten wie zu Zeiten der Restauration und der Herrschaft des Mannes, der in Sedan geendet habe (also Napoleon III.). Es sei nun an der Zeit, das Werk der Gesetzgeber von 1791 wiederaufzunehmen.[35] 

Damit war der Boden vorbereitet für die Rückumwandlung der Kirche in das Pantheon und die Aufnahme Victor Hugos. Und über die gab es ein so großes Maß an Zustimmung, dass man bei ihm eine Ausnahme von der 1793 eingeführten 10-jährigen Karenzzeit machte, durch die  ein peinliches Hin und Her wie im Falle von Mirabeau und Marat ausgeschlossen werden sollte. Bei Hugo war dies nicht zu befürchten: Von ihm hieß es, er sei –aufgrund seiner Genialität als Schriftsteller und seines politischen Engagements-  schon als Lebender unter die Unsterblichen aufgenommen worden;  er entwickelte sich  vom Monarchisten zum Republikaner, weshalb er zu einem fast 20-jährigen Exil gezwungen war;  er kämpfte gegen die Todesstrafe und für die Trennung von Kirche und Staat; er war Bewahrer des mittelalterlichen Erbes, Anwalt der Armen und Schwachen.  Er bemühte sich- durchaus kein Freund der Commune-  die Wunden des Bürgerkriegs von 1871 zu heilen und nicht zuletzt: Er war Pazifist und träumte von den „Vereinigten Staaten Europas“. In den Augen des Volkes war er der Herold der Freiheit und die Inkarnation der Republik.[36]

Und gewissermaßen als Fußnote sei noch angefügt: Victor Hugo hat dem Pantheon den Einzug in den Kanon der französischen Dichtung verholfen.  Das geschah am ersten Jahrestag der Julirevolution von 1830. Damals wurde eine Tafel mit den Namen der bei der Revolution getöteten „Julihelden“, denen ja auch die Säule auf dem Bastille-Platz gewidmet ist, ins Pantheon gebracht. Und zu dieser Gelegenheit wurde auch die  Hymne von Victor Hugo gesungen: Die so fromm fürs Vaterland gestorben…, die in den Schulen der Dritten Republik noch lange auf dem Lehrplan stand und in der sich zwei Verse auf das  Pantheon beziehen:

“Cette curonne de colonnes / Que le soleil levant redore tour à tour.

(Diese Krone von Säulen / Die die aufgehende Sonne wieder und wieder vergoldet.“[37]

Hugo selbst hat sich sicherlich auch für einen des Pantheons würdigen großen Mann gehalten. Er bedauerte jedenfalls „den Fall der großen Männer“, der die Mittelmäßigen und Kleinen größer erscheinen ließe. Wenn die Sonne am Horizont untergeht, werfe der kleinste Kieselstein einen langen Schatten und halte sich für etwas Großes. [38]

Genug Gründe also, Victor Hugo ins Pantheon aufzunehmen. 

Titelbild der Zeitschrift Le Don Quichotte vom 5. Juni 1885 (von Charles Gilbert-Martin). Auf der Kuppel des Pantheons sitzt die Verkörperung des Renommees, die mit ihrer Trompete den Ruhm Victor Hugos verkündet. Das von einem Strahlenkranz umgebene Gesicht Hugos leuchtet wie eine Sonne, man kann darin aber auch eine Hostie sehen – Zeichen der gleichsam religiösen Verehrung Hugos.[39]

Dass bei solchen Voraussetzungen  die Beisetzungsfeierlichkeiten nicht hinter denen Voltaires zurückstehen konnten, war selbstverständlich. Allerdings hatte Hugo in seinem Testament festgelegt, er wolle wie die Armen in einem einfachen Leichenwagen zum Friedhof gebracht werden.  Daran hat man sich auch gehalten.

Der Leichenwagen Victor Hugos auf dem Weg zum Pantheon am 30.5.1885   © Wikipedia

Der sonstige Ablauf des Begräbnisses entsprach allerdings ganz und gar nicht dem, was bei armen Menschen üblich war.  Die Überführung der sterblichen Überreste Hugos ins Pantheon war ein in diesem Jahrhundert einzigartiges grandioses und  populäres Ereignis, ein markantes Datum im kollektiven Gedächtnis der Franzosen.

Es begann am 30. Mai mit der Aufbahrung eines monumentalen Sarges auf einem ebenso monumentalen Katafalk unter dem (sowieso monumentalen)  Arc de Triomphe. [40]  Dort konnten die Menschen Victor Hugo die letzte Ehre erweisen und Blumen niederlegen. Zwei Tage später zog eine mehrstündige Prozession über die Champs-Elysées zur place de la Concorde und –nach Überquerung der Seine- über den Boulevard Saint-Germain zum Pantheon. Während Voltaire vom revolutionären Osten ins Pantheon überführt wurde, verläuft Hugos Weg also  vom patriotisch-militärischen Triumphbogen zum humanistisch-bürgerlichen Tempel des Pantheon, „als wollte er die sentimentale und politische Laufbahn des Dichters nachzeichnen, der sich selbst im Laufe seines langen Lebens vom Napoleon-Kult zur Mission eines Helden und Patriarchen der Republik gewandelt hatte.“[41]

Die Massen –zwischen einer Million und zwei Millionen  Menschen –  drängten sich entlang des Zuges. „Logenplätze“ wurden für viel Geld vermietet.[42]

Um den Fürsprecher der einfachen Menschen zu ehren, wurde aus der Trauerfeier ein Volksfest: Es wurde getrunken, getanzt, geliebt – nur für die Fabrikarbeiter (und die Prostituierten) war dieser 1. Juni  1885 ein Arbeitstag. In der konservativen Presse war danach von Orgien die Rede, die sich am Rande des Zuges abgespielt hätten.[43]

Als der Zug an dem mit riesigen Kränzen geschmückten Pantheon angekommen war, wurden nicht weniger als 15 Reden gehalten[44]

…. bevor dann die sterblichen Überreste Hugos in die Krypta des Pantheons gebracht wurden., wo sie heute noch ruhen.

Geplant war neben dem schlichten Grab in der Krypta auch ein repräsentatives Monument für Victor Hugo im Innenraum des Pantheons.  Es gehörte – wie auch das Denkmal für Rousseau-  zu dem großen Skulpturenprogramm von 1889. Auguste Rodin erhielt den Auftrag für das  Denkmal, dessen erster Entwurf aber nicht den Vorstellungen der Auswahlkommission entsprach. Er wurde aber trotzdem ausgeführt und im Garten des Palais Royal aufgestellt (heute im Garten des musée Rodin in Paris). Ein zweiter Entwurf –Hugo als alternder Mann nackt und nicht idealisiert- widersprach natürlich völlig dem vorherrschenden Bild eines „großen Mannes“ und kam nicht zustande. [45]

Bilanz und Perspektiven des Pantheons   

Glücklicherweise blieb es Victor Hugo erspart, die Gruft des Pantheons fast ausschließlich mit napoleoninischen Generälen und Granden teilen zu müssen.  Danach erhielt er die Gesellschaft von großen Gestalten der Politik wie Sadi Carnot, Jean Jaurès und Léon Gambetta, von Schriftstellern wie Emile Zola, später André Malraux und Alexandre Dumas, Wissenschaftlern wie Marcellin Bertholot, Paul Painlevé, Pierre und Marie Curie und nach dem Zweiten Weltkrieg auch Männern und Frauen des Widerstands.

Die Entscheidung über eine Pantheonisierung liegt seit Einführung  der V. Republik unter de Gaulle allein beim Staatspräsidenten.[46] Bedingung ist allerdings, dass die in Aussicht genommene Persönlichkeit nicht vorab eine andere Begräbnisstätte gewählt hat -wie im Falle de Gaulles- oder dass die Nachkommen nicht widersprechen -wie im Falle Camus‘ oder im Falle Rimbauds, dessen Pantheonisierung zusammen mit Verlaine gut zur aktuellen Gender-Bewegung gepasst hätte.[47] Der Staatspräsident ist davon abgesehen in seiner Entscheidungsbefugnis frei. Allerdings gibt es ein unausgesprochenes Auswahlkriterium: es muss sich um eine vorbildliche Persönlichkeit handeln, die die Ideale der Republik verkörpert: Der Komponist Hector Berlioz und der Marquis de Lafayette wurden also wegen ihrer monarchistischen Neigungen nicht ins Pantheon aufgenommen. Und dann gibt es natürlich politische Rücksichten  und die Berücksichtigung  aktueller politischer Tendenzen: So wurde der 2013 gestorbene Stéphane Hessel, ein Diplomat und Kämpfer für universelle Menschenrechte, der dem Pantheon-Ideal wie kaum ein anderer lebenslang entsprach, trotz zahlreicher entsprechender Vorschläge von prominenter Seite wohl wegen seiner Kritik an der israelischen Annexions- und Okkupationspolitik in Palästina nicht ins Pantheon aufgenommen. Die direkt nach ihrem Tod vollzogene Aufnahme von Simone Veil dagegen stieß auf allgemeine Zustimmung: Eine Überlebende der Schoah, Kämpferin für Frauenrechte, überzeugte und engagierte Europäerin: eine bessere Wahl war kaum möglich. Und als Frau war sie angesichts der notorischen und unzeitgemäßen Männerdominanz im Pantheon dort natürlich umso mehr willkommen.

Die Pantheonisierung Simone Veils war auch wegen ihrer Überparteilichkeit ein Glücksfall. Mona Ozouf spricht ja in ihrem Pantheon-Beitrag für die Erinnerungsorte Frankreichs von der fortdauernden Spaltung der französischen Geschichte, die sich auch im Pantheon spiegele- auch wenn die napoleonischen Kriegshelden und die republikanischen Intellektuellen  –allerdings in fein säuberlich voneinander getrennten Grüften-  in der Krypta versammelt sind.  Sie verweist auf Malraux und Mitterand, die anlässlich der Pantheonisierung des Widerstandskämpfers Jean Moulin ihn in eine „Ahnenreihe“ mit den schon in der Krypta des Pantheons ruhenden Victor Hugo (Das Volk der Elenden) , Jean Jaurès (der Kämpfer für Gerechtigkeit)  und den Sklavenbefreier Schoelcher gestellt hätten. Jaques Chirac dagegen habe, als er den neuen Präsidenten Mitterand im Pariser Rathaus empfing, sich auf die heilige Genoveva, die Jungfrau von Orleans, Heinrich IV. und General de Gaulle bezogen, von denen niemand im Pantheon ruht. „Auf der einen Seite die Großen Männer, auf der anderen die Heiligen und die Helden; auf der einen Seite die Republik, auf der anderen die Monarchen (republikanische inbegriffen). Die beiden Hälften des französischen Gedächtnisses haben niemals in dem Monument zueinander gefunden, das es seinen Berühmtheiten geweiht hat.“[48] Und gerade die heftigen ideologischen Debatten anlässlich der Pantheonisierung von Emile Zola und Jean Jaurès haben deutlich gemacht, dass das Pantheon von extrem konservativer Seite lange als Ausdruck von Werten wahrgenommen wurde, mit denen man sich nicht identifizieren konnte.[49] Es liegt deshalb nahe, dass in der 5. Republik  gerade solche Persönlichkeiten für eine Pantheonisierung ausgewählt wurden, die dazu beitragen sollten, die Spaltung der französischen Geschichte (und Gesellschaft) zu überwinden und das Pantheon zu einem „haut- lieu de la communion nationale“ zu machen.[50]

Deshalb der Rückgriff auf die sakrosankte Resistance durch Charles de Gaulle (Pantheonisierung von Jean Moulin 1964), durch Präident Hollande (Pantheonisierung  von Pierre Brossolette, Geneviève de Gaulle-Anthonioz, Germaine Tillion und  Jean Zay 2015) und  deshalb auch die Pantheonisierungen  von Simone Veil und Maurice Genevoix  durch Präsident Macron. Indem der Präsident mit Genevoix auch „Ceux de 14“, also die ganze Kriegsgeneration des 1. Weltkriegs symbolisch ins Pantheon aufnahm, beschwor er die union sacrée, die nationale Einheit im Krieg als Vorbild für die Gegenwart.[51]

Der Preis einer solchen möglichst konsensuellen Pantheonisierungs-Politik ist allerdings, dass wegweisende, aber umstrittene Gestalten der französischen Geschichte außen vor bleiben:

So zum Beispiel Olympe de Gouges, Revolutionärin, Schriftstellerin und Autorin der feministisch-revolutionären  Erklärung der Rechte der Frau und der Bürgerin von 1791, in der sie die Bürgerrechte auch für Frauen einforderte.  Olympe de Gouges wurde unter der Terrorherrschaft der Jacobiner zum Tode verurteilt. Ihr kämpferischer Kommentar: „Die Frau hat das Recht, das Schafott zu besteigen. Sie muss gleichermaßen das Recht haben, die Tribüne zu besteigen.“   Am 3. November 1793 wurde Olympe de Gouges auf der Place de la Concorde in Paris hingerichtet.

Außen vor muss wohl auch Louise Michel bleiben, die rote Wölfin, la louve rouge  der Pariser Commune, die viele Jahre ihres Lebens in Verbannung und im Gefängnis verbringen musste: Lehrerin, Schriftstellerin, Anarchistin, Kämpferin für die miserables, Verehrerin von Victor Hugo, der ihr 1871 das Gedicht Viro major widmete. Darin rühmte er ihre  ungezähmte Größe und bezeichnete sie als „all des unfähig (…), was nicht heroisch und voll Tugend ist (…) ein Götterlicht in einem Höllenfeuer“. Paul Verlaine besang sie in seiner  Ballade en l’honneur de Louise Michel.[52] Gerade 2021, dem 150. Jahrestag der Pariser Kommune, wäre wohl der rechte Zeitpunkt für eine solche Pantheonisierung gewesen. Vielleicht auch für die des 1871 in Belleville zum Abgeordneten der Nationalversammlung gewählten Jean-Baptiste-Millière. Dessen Erschießung am 26. Mai 1871 wurde von den siegreichen Versaillais als demütigender Akt der Rache inszeniert: Millière wurde auf die Stufen des Pantheons geführt und dort erschossen, ruft aber, bevor die Todesschüsse fallen vermehmlich „Vive la République!“ und „Vive l’humanité!“ aus. [55]

Auf den Wunschlisten von Kandidat/innen für das Pantheon, die von verschiedenen Seiten erstellt wurden, stehen Olympe de Gouges und Louise Michel ganz oben.[53] Ihre Chancen, ins Pantheon einzuziehen, sind aber wohl gering, weil sie kaum mit allgemeiner Zustimmung rechnen können. Immerhin hat die französische Post 2020 eine Olympe de Gouges-Briefmarke herausgebracht….[54]

Mona Ozouf sieht  noch ein weiteres Problem, mit dem das Pantheon heute zu kämpfen habe – sie spricht sogar von dem „Scheitern des Pantheons“, und zwar seine Abgehobenheit: Sie schreibt: „Im Pantheon sieht man zusammen mit der Erinnerung an die Revolution nur Schriftsteller und Gelehrte, ein Museum der Dritten Republik, eine weise Versammlung der Klassenbesten: kurzum, da die Rue d’Ulm mit der Elite-Universität Ecole Normale Supérieure in unmittelbarer Nähe ist, nach einem Bonmot von André Billy die ‚Höhere Schule derToten‘“.[55a]  Maurice Genevoix ist dafür ein gutes Beispiel: Er war Student eben dieser Elite-Universität und gehörte dann –wie auch seine Vorgängerin im Pantheon,  Simone Veil – als Mitglied der Académie française schon zu Lebzeiten zu den „Unsterblichen“.

Foto: Wolf Jöckel

Hier ein Portrait von André Malraux in der rue d’Ulm. Es ist Teil eines Projekts des Straßenkünstlers C 215 aus dem Jahr 2018: Bilder von 28 „illustres“ aus dem Pantheon wurden damals in der Umgebung des Pantheons ausgestellt;  ein Versuch, das Pantheon stärker in seine Umgebung zu integrieren und zum Besuch des Ortes zu motivieren, in dem diese berühmten Persönlichkeiten bestattet sind. André Malraux, Kommunist und Gaullist, Schriftsteller und Kulturminister, gehört zu ihnen und ist auch durch seine legendäre Rede zur Aufnahme von Jean Moulin mit dem Pantheon verbunden.[56]

2013 wurde der  für das Pantheon zuständige  Präsident der monuments nationaux Philippe Bélaval von dem damaligen Staatspräsidenten Hollande  beauftragt, Vorschläge zur zeitgemäßen Nutzung und Öffnung des Pantheons  unterbreiten. In seinem Bericht mit dem Titel Pour faire entrer le peuple au Panthéon wies  Bélaval darauf hin, dass im Pantheon –von einer unbedeutenden Ausnahme aus dem Empire abgesehen- kein Künstler vertreten ist, von Soufflot abgesehen auch kein Architekt, kein einziger Komponist, kein Ingenieur, kein Unternehmer. So seien –neben den Frauen- auch wesentliche Bereiche, in denen Frankreich sich ausgezeichnet habe, nicht (hinreichend) berücksichtigt.

Präsident Macron hat dieser Kritik auf sehr überraschende Weise entsprochen, indem er 2021 die Tänzerin Josephine Baker pantheonisierte: nicht nur eine Frau, sondern auch die erste femme de couleur, der diese Ehre zuteil wurde. Dazu eine populäre Variété-Tänzerin, in USA geboren, die aber Frankreich als Zufluchtsort wählte und die sich für ihre Wahlheimat in der Résistance engagierte. Ein ideales Pantheon-Profil.

Siehe dazu den Blog-Beitrag: Sie passte in kein Schema: Die republikanische Heiligsprechung Josephine Bakers.  https://paris-blog.org/2021/12/26/sie-passte-in-kein-schema-die-republikanische-heiligsprechung-josephine-bakers/

Weitere Vorschläge für eine Ausweitung und Bereicherung des Kreises der Pantheonisierten  gab und gibt es genug. Darunter (neben den schon genannten Olympe de Gouges und Louise Michel) in „bunter Mischung“:

  • der Sterne-Koch Paul Bocuse, der gewisermaßen ein Victor Hugo oder Paul Cézanne der Kochkunst sei. Bocuse gehöre schon zum Panthéon du génie gastronomique und damit wie kein anderer in das nationale Pantheon der Großen Männer.[57]    
  • Edith Piaf, die ein „Symbol Frankreichs“ sei. Sie habe Menschen aller sozialer Schichten angesprochen und die Liebe verkörpert, die heute in Zeiten der Individualisierung wichtiger denn je sei.[58]  
  • Der Radfahrer Raymond Poulidor, der „ewige Zweite“, ein unermüdlicher Kämpfer, der nie aufgegeben hat; von Franzosen zärtlich „Poupou“ genannt und schon ins Pantheon des Radsports aufgenommen.[59]
  • Die fünf beim islamistischen Terroranschlag auf Charlie Hebdo ermordeten Karikaturisten Charb, Cabu, Wolinski und Tignous sowie Bernard Maris, den ebenfalls ermordeten Mitbegründer der Satirezeitschrift.[60] 
  • Samuel Paty, der Lehrer, der am 16. Oktober 2020 von einem Islamisten enthauptet wurde, weil er –dem Lehrplan folgend- die umstrittenen Karikaturen Mohammeds aus Charly Hebdo im Unterricht zur Diskussion gestellt hatte.[61]
  • Die Widerstandskämpferin und Menschenrechtsaktivistin Lucy Aubrac[62]  
  • Die Schriftstellerin und Frauenrechtlerin Simone de Beauvoir[63]
  • Der 2017 verstorbene, in Frankreich äußerst populäre  und mit einem Staatsbegräbnis geehrte Popsänger (und  Steuerflüchtling…) Johnny Hallyday [64]
  • Coluche, der  Satiriker und Menschenfreund, der mit den von ihm gegründeten restaurants  du cœur Millionen Armer ernährt habe. Er stehe damit in der Tradition von Le Vengeur, dessen heroischer Besatzung im Pantheon schon ein Denkmal errichtet worden sei. (Das Kriegsschiff war 1794 beim Versuch, eine aus Amerika kommende Getreidelieferung für das hungernde Volk zu schützen, versenkt worden). [65]
  • Paul Verlaine und Arthur Rimbaud, weil sie zwei der bedeutendsten Dichter der französischen Sprache seien und dazu auch als „französische ‚Oscar Wildes‘  Symbole der Diversität.“[66]
  • Die Rechtsanwältin Gisèle Halimi, die sich besonders auf Seiten der algerischen Unabhängigkeitsbewegung und für Frauenrechte engagierte. [67]
  • Der aus Armenien stammende Widerstandskämpfer Manouchian, der 1944 von den Nazis hingerichtet wurde. [68]

Diese lange (und sicherlich unvollständige) Reihe von Namen bestätigt wohl die Bilanz Jean-Claude Bonnets, dass  das Pantheon als Institution des  Kults der großen Männer und Frauen nicht nur in  erstaunlicher Weise die Revolutionen und die Turbulenzen des 19. Jahrhunderts überlebt habe, sondern heute immer noch ein Teil des kulturellen Horizonts und des lebendigen Gedächtnisses Frankreichs sei.[69]  Man darf gespannt sein, wie lebendig und zeitgemäß  das Pantheon in Zukunft  dieses nationale Gedächtnis widerspiegeln wird.

Jetzt hat Präsident Macron entschieden, den Widerstandskämpfer Missak Manouchian zusammen mit seiner Frau Mélinée ins Pantheon aufzunehmen.[70] Seine unter dem Namen „affiche rouge“ bekannt gewordene Widerstandsgruppe wurde 1944 von Vichy-Kollaborateuren verhaftet, 23 Mitglieder auf dem Mont Valérien von den deutschen Besatzern erschossen. Es ist bemerkenswert, dass alle von den Präsidenten Hollande und Macron ins Pantheon aufgenommenen Frauen und Männer sich (auch) in der Résistance engagiert hatten. Die ist noch immer ein gemeinsamer Bezugspunkt der ganzen Nation. Präsident Macron hat die Pantheonisierung Manouchians an einem sehr symbolträchtigen Ort verkündet: Dem Mont-Valérien bei Paris, wo insgesamt 4500 Widerstandskämpfer und auch die Gruppe Manouchian hingerichtet wurden. Symbolträchtig ist auch das Datum der Ankündigung, nämlich der 18. Juni 2023 und damit der 83. Jahrestag von de Gaulles legendärem Aufruf zum Widerstand gegen das Dritte Reich, dessen Wehrmacht gerade in einem „Blitzkrieg“ Frankreich überrollt hatte. Manouchian war Armenier und Kommunist. Mit seiner Pantheonisierung wird die Rolle kommunistischer und ausländischer Partisanen in der Résistance gewürdigt. Dass sie – gerade deshalb, aber auch trotzdem!- offenbar breite Zustimmung erfahren hat, bestätigt die zentrale Rolle der Résistance im französischen kollektiven Geschichtsbewusstsein. [71] In einer Zeit heftiger und immer weitere Kreise ziehender Forderungen nach Abschottung der nationalen Grenzen setzt diese Pantheonisierung aber auch neue historisch-politische Akzente.

Literaturhinweise

Maurice Agulhon,  La république a-t-elle besoin de grands hommes ?  In: l’Histoire, 242, April 2000 https://www.lhistoire.fr/la-r%C3%A9publique-t-elle-besoin-de-grands-hommes

Philippe Bélaval, Pour faire entrer le peuple au Panthéon. Rapport à Monsieur le Président de la République. 2013  https://www.vie-publique.fr/sites/default/files/rapport/pdf/134000736.pdf

Jean-Claude Bonnet, Naissance du Panthéon. Essai sur le culte des grands hommes. Fayard 1998

Jean-Claude Bonnet,  Le culte des grands hommes en France au XVIIIe siècle ou la défaite de la monarchie. In:  Modern Language Notes Vol. 116, No. 4, French Issue (Sep., 2001) S . 689-704  (Hrsg. von der Johns Hopkins University Press) https://www.jstor.org/stable/3251754?read-now=1&seq=1#page_scan_tab_contents

Jean- Noël Jeanneney/Philippe Joutard,  Du bon usage des grands hommes en Europe. Paris: Plon 2003

Alexia Lebeurre, Le Panthéon. Temple de la nation. Éditions du patrimoine 2000

Maximilian Leiningen-Westerburg, Les Grands Hommes de la France. In: arthistoricum.net http://archiv.ub.uni-heidelberg.de/artdok/6817/1/Leiningen_Westerburg_Les_grands_hommes_de_la_France_2020.pdf 

Benjamin Marquart, Grand homme. In: compendium heroicum 2018. https://www.compendium-heroicum.de/lemma/grand-homme/  Dort auch eine Übersicht zum Forschungsstand und eine Literaturübersicht  zum Grand homme. 

Mona Ozouf,  Das Pantheon. Freiheit  Gleichheit Bürderlichkeit. Zwei französische Gedächtnisorte. Berlin: Klaus Wagenbach 1996  Die französische  Originalversion des Beitrags zum Pantheon ist zuerst erschienen in:  Pierre Nora (Hrsg), Les Lieux de Mémoire. Band 1. Paris: Gallimard 1984, S. 139-166

Quatremère de Quincy, Extrait du premier rapport présenté au Directoire, dans le mois de mai 1791, sur les mesures propres à transformer l‘église dite de Sainte-Geneviève, en Panthéon français, imprimerie de Ballard, 1792  https://gallica.bnf.fr/ark:/12148/bpt6k5473385z

https://fr.wikipedia.org/wiki/Panth%C3%A9on_(Paris)  (ein sehr ausführlicher und gut dokumentierter Artikel) 

Anmerkungen

[1] zit. in: Pierre Nora (Hrsg),  Erinnerungsorte Frankreichs. München: D:H.Beck 2005,  S. 642

[2] Quatremère de Quincy, Extrait du premier rapport présenté au Directoire, dans le mois de mai 1791, sur les mesures propres à transformer l’église dite de Sainte-Geneviève, en Panthéon français, imprimerie de Ballard, 1792  https://gallica.bnf.fr/ark:/12148/bpt6k5473385z

[3] https://www.franceculture.fr/emissions/les-idees-claires/pantheon-grandes-figures-du-passe-pour-epoque-desenchantee  Rundfunksendung zum Pantheon vom  26.5.2015

[4] Nachfolgende Abbildung aus: Le Nouveau conducteur dans Paris et dans les environs, indiquant tout ce qui peut intéresser l’étranger au sein de cette capitale du monde civil…  Paris 1851. https://gallica.bnf.fr/ark:/12148/bpt6k6393839z/f233.item

[5] Maurice Agulhon Paris. Durchquerung von Ost nach West. In: Erinnerungsorte Frankreichs, S. 526

[6]Les restes des grands hommes qui ont mérité la reconnaissance nationale y seront déposés.“ https://www.lemonde.fr/les-decodeurs/article/2017/07/03/entrer-au-pantheon-mode-d-emploi_5155049_4355770.html

[7] Ozouf, S. 8/9

[8] Siehe dazu: https://paris-blog.org/2020/09/01/der-park-jean-jacques-rousseau-in-ermenonville-der-erste-landschaftspark-auf-dem-europaeischen-kontinent-und-die-erste-begraebnisstaette-rousseaus/ 

[9] Anne L. Poulet, Jean-Antoine Houdon, Sculptor of the Enlightement. University of Chigaco Press 2005

[10] Siehe: https://paris-blog.org/2020/09/10/die-rousseau-sammlung-des-museums-jacquemard-andre-im-ehemaligen-koniglichen-kloster-chaalis/ 

[11] Bonnet, Naissance du Panthéon, S. 10  Bei Bonnet a.a.O.  gibt es auch eine Liste der für den Wettbewerb der Redekunst der Akademie festgelegten großen Männer 1759-1790 (Anhang I) und eine Liste der jeweils vier vom König in Auftrag gegebenen Skulpturen großer Männer 1777-1789 (Anhang III)

[12]  Der um den Jahreswechsel 1765/66 erschienene  achte Band der Encyclopédie enthielt  einen Beitrag zum héros, in dem der Autor,  Jaucourt,  das Konzept des grand homme als Gegenmodell zum Helden ausformulierte. Siehe:  https://www.compendium-heroicum.de/lemma/grand-homme/ 

[13] Jeanneney/Joutard, S. 16

[14] Ozouf, S. 10

[16] Bild aus: https://www.lest-eclair.fr/art/453162/article/2016-03-16/le-saviez-vous-voltaire-a-ete-inhume-a-romilly-avant-d-entrer-au-pantheon

[17]  « Reçois en ce lieu où t’enchaîna le despotisme, Voltaire, les honneurs que te rend la Patrie. » 

[18] Zit. Bonnet, 308

[19] Bild aus: Voltaire Panthéon, MRF, Vizille – Panthéon (Paris) — Wikipédia (wikipedia.org) 

[20] Zu hören bei: https://www.profession-spectacle.com/11-juillet-1791-voltaire-au-pantheon/ 

[21] Karl Gottlob Küttner, Ruinen und neues Bauen. Leipzig 1792.  Zitiert in: Karsten Witte (Hrsg.): Paris. Deutsche Republikaner reisen. Frankfurt 1980 (Insel-Taschenbuch 389), S. 40 f

[22] Siehe: https://paris-blog.org/2017/10/02/mit-heinrich-heine-in-paris/ 

[23] Franz Grillparzer, Reisetagebuch 1836 Zitiert in: Hans von Ziegesar (Hrsg): Reise Textbuch Paris. Ein literarischer Begleiter auf den Wegen der Stadt. Dtv 3902 München 1990, S.19

[24] Zur Geschichte des Herzens Voltaires siehe: https://gallica.bnf.fr/blog/30052019/le-coeur-de-voltaire?mode=desktop  Dort auch das Bild des chambre du Cœur de Voltaire in  Fernay  Ein Bild der Statue aus der Bibliothèque nationale findet sich in: http://classes.bnf.fr/candide/grand/can_223.htm

[25] https://vivreparis.fr/le-saviez-vous-les-restes-de-voltaire-se-trouvent-un-peu-partout-dans-paris/ 

Bild aus: https://www.pariszigzag.fr/secret/histoire-insolite-paris/restes-voltaire-eparpilles-dans-paris

[26] S. Benjamin Marquart, Grand homme. (2018) https://www.compendium-heroicum.de/lemma/grand-homme/ 

[27] Zum „Kostümstreit“ siehe Leiningen-Westerburg a.a.O., S. 8 f

[28] Siehe dazu den Blog-Beitrag: https://paris-blog.org/2020/09/01/der-park-jean-jacques-rousseau-in-ermenonville-der-erste-landschaftspark-auf-dem-europaeischen-kontinent-und-die-erste-begraebnisstaette-rousseaus/ 

[29] Siehe: https://paris-blog.org/2020/09/01/der-park-jean-jacques-rousseau-in-ermenonville-der-erste-landschaftspark-auf-dem-europaeischen-kontinent-und-die-erste-begraebnisstaette-rousseaus/ 

[30] https://www.parismuseescollections.paris.fr/fr/musee-carnavalet/oeuvres/le-genie-de-voltaire-et-de-rousseau-conduisit-ces-ecrivains-celebres-au#infos-principales

[31] Karl Gutzkow, Im Pantheon. Aus: Briefe aus Paris, Leipzig 1842. Zit. In: Karsten Witte (Hrsg.): Paris. Deutsche Republikaner reisen. FFM 1980, S.138f

[32] Ozouf, Das Pantheon, S. 30

[33]  Hanns-Joseph Ortheil, Paris  links der Seine. Berlin 2017, S. 299/300

[34] Listen der im Pantheon bestatteten Männer und Frauen:

In alphabetischer Reihenfolge:  https://fr.wikipedia.org/wiki/Liste_des_personnes_transf%C3%A9r%C3%A9es_au_Panth%C3%A9on_de_Paris 

Geordnet nach Bestattungsort/caveaux:  https://fracademic.com/dic.nsf/frwiki/1055061

Nach dem Datum der Pantheonisierung geordnet, bis 2015: https://www.lesechos.fr/2013/12/les-71-personnes-inhumees-au-pantheon-a-paris-348734  

[35] Siehe dazu: Lebeurre, Le Panthéon, S. 37

[36] Siehe Katalog der Victor Hugo-Ausstellung im Pantheon: http://www.editions-du-patrimoine.fr/Librairie/Catalogues-d-exposition/Victor-Hugo.-La-liberte-au-Pantheon

[37] Erinnerungsorte, 644

[38] Siehe: https://citation-celebre.leparisien.fr/citation/grands-hommes

[39] Siehe https://www.parismuseescollections.paris.fr/en/node/633176#infos-principales

[40] Bild aus: https://www.lelivrescolaire.fr/page/6646546

[41] Erinnerungsorte, 532 und 533

[42] Bild aus: http://soli-loci.gregory-haleux.com/2016/02/15/funerailles-de-victor-hugo/ 

[43] Les sublimes funérailles de Victor Hugo (unmondelitteraire.com)

[44] Nachfolgendes Bild aus:  https://www.cnews.fr/patrimoine/2015-03-29/le-jour-ou-victor-hugo-ete-enterre-en-grande-pompe-702059

[45] http://www.musee-rodin.fr/fr/collections/sculptures/monument-victor-hugo

Siehe auch: Jane Mayo Roos, Rodin’s Monument to Victor Hugo: Art and Politics in the Third Republic. In:  The Art Bulletin  Vol. 68, No. 4 (Dec., 1986), pp. 632-656  https://www.jstor.org/stable/3051045?seq=1#metadata_info_tab_contents

[46] https://www.lemonde.fr/les-decodeurs/article/2017/07/03/entrer-au-pantheon-mode-d-emploi_5155049_4355770.html

[47] https://www.lemonde.fr/culture/article/2021/01/14/macron-rejette-l-idee-de-pantheoniser-rimbaud-respectant-le-souhait-de-la-famille-du-poete_6066280_3246.html

[48] Ozouf, S.8

[49] Zum Widerstand gegen die Pantheonisierung von Zola siehe: https://www.assemblee-nationale.fr/13/evenements/zola-pantheon/Zola%20_au_Panth%C3%A9on.pdf   Zum Widerstand gegen die Pantheonisierung von Jean Jaurès siehe: Avner Ben-Amos,  La « panthéonisation » de Jean Jaurès. Rituel et politique sous la IIIe République (1990) In:   https://journals.openedition.org/terrain/2983

[50] Siehe Philippe Bélaval, Pour faire entrer  le peuple,   S. 7

[51] Siehe den entpsrechenden Blog-Beitrag: https://paris-blog.org/2020/11/02/die-aufnahme-des-schriftstellers-maurice-genevoix-und-der-franzosischen-teilnehmer-des-1-weltkriegs-ceux-de-14-ins-pantheon/ 

[52] http://syndikalismusforschung.info/hugo.htm und  https://www.poesie-francaise.fr/paul-verlaine/poeme-ballade-en-lhonneur-de-louise-michel.php 

[53] Siehe zum Beispiel: https://www.herodote.net/Voici_a_qui_vous_faites_l_honneur_du_Pantheon-article-1434.php und https://www.madmoizelle.com/qui-doit-entrer-pantheon-donnez-votre-avis-196902

[54] https://www.laposte.fr/toutsurletimbre/rendez-vous-philateliques/tous-les-rendez-vous/en_cours/timbre-olympe-de-gouges-1748-1793

Interessant wird in diesem Zusammenhang sein, wie Präsident Macron mit dem Vorschlag zur Pantheonisierung  Gisèle Halimi umgeht. Der französische Historiker Benjamin Stora hat im Februar 2021 im Auftrag Macrons einen Bericht „sur les questions mémorielles portant sur la colonisation et la guerre d’Algérie“ vorgelegt, in dem auch dieser Vorschlag enthalten ist. Eine Pantheonisierung Halimis, die sich für die algerische Unabhängigkeitsbewegung eingesetzt hatte, solle zur Befriedung des Verhältnisses zwischen Frankreich und Algerien beitragen. Allerdings stößt dieser Vorschlag –wie auch der Bericht Storas insgesamt- auf heftige Kritik.

https://www.20minutes.fr/societe/2964251-20210128-rapport-stora-femmes-filles-harkis-opposent-pantheonisation-gisele-halimi

[55] Bild aus: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Commune_de_Paris_26_mai_Milli%C3%A8re_fusill%C3%A9.jpg   Zur Erschießung von Millière siehe z.B. Thankmar von Münchhausen, 72 Tage. München: DVA 2015, S. 380/381

[55a] Ozouf, S. 32

[56] http://www.paris-pantheon.fr/Actualites/Illustres-!-C215-autour-du-Pantheon   Ein ähnliches Projekt von C 215 gibt es auch im Marais. Siehe: https://paris-blog.org/2020/04/20/grosse-maenner-und-frauen-des-marais-eine-ortsbesichtigung-anhand-der-portraits-des-street-art-kuenstlers-c-215-teil-1-grosse-maenner/ und   https://paris-blog.org/2020/05/10/grosse-maenner-und-frauen-des-marais-eine-ortsbesichtigung-anhand-der-portraits-des-street-art-kuenstlers-c-215-teil-2-grosse-frauen/ 

[57] https://www.change.org/p/pour-un-hommage-national-%C3%A0-paul-bocuse

[58] https://www.huffingtonpost.fr/2013/05/21/video-edith-piaf-au-pantheon-la-proposition-decoiffante-de-michele-delaunay_n_3313082.html  und   https://blogs.mediapart.fr/vingtras/blog/240913/edith-piaf-au-pantheon

[59] https://www.lepoint.fr/sport/raymond-poulidor-est-decede-a-l-age-de-83-ans-13-11-2019-2346915_26.php

[60] https://www.mesopinions.com/petition/droits-homme/pantheon-cinq-charlie-hebdo/13499

[61] https://www.lexpress.fr/actualite/politique/bertrand-pecresse-ciotti-les-propositions-de-la-droite-apres-l-attaque-de-conflans_2136702.html

[62] https://www.elle.fr/Societe/News/Lucie-Aubrac-bientot-au-Pantheon-2612506

[63] https://actualitte.com/article/53589/livres-anciens/simone-de-beauvoir-partirait-favorite-pour-reposer-au-pantheon

[64] Johnny Hallyday : Bientôt au Panthéon ! – France Dimanche

[65] https://www.change.org/p/djamel-debouze-inscription-du-nom-de-coluche-au-panth%C3%A9on-grand-homme-qui-a-nourri-des-millions-de-pauvres

[66] Siehe zum Beispiel: https://www.nzz.ch/feuilleton/rimbaud-und-verlaine-die-dichter-sollen-ins-pantheon-kommen-ld.1579194 und https://www.deutschlandfunkkultur.de/kontroverse-in-frankreich-duerfen-rimbaud-und-verlaine-ins.1270.de.html?dram:article_id=484812

[67]

In seinem von Präsident Macron bestellten Gutachten, wie das Verhältnis zu Algerien verbessert werden könnte, hat Benjamin Stora schon seit längerem eine Pantheonisierung Halimis vorgeschlagen. Im März 2023 wurde zwar Halimi in einem Staatsakt geehrt, eine Pantheonisierung ist allerdings nicht in Sicht. Siehe:Hommage à Gisèle Halimi: „Nous lui sont toutes redevables.“. In: Le Monde vom 10. März 2023

[68] Robert Guédiguian : “Faire entrer Manouchian au Panthéon serait reconnaître que les premiers résistants étaient des étrangers” Télérama 22 fev 23

[69] Bonnet, Naissance du Panthéon,  S. 13

[70] Ehrung für Missak Manouchian: Ein Kommunist im Panthéon.   Süddeutsche Zeitung vom 19. Juni 2023  https://www.sueddeutsche.de/kultur/missak-manouchian-pantheon-kommunist-1.5947203

[71] https://www.lefigaro.fr/actualite-france/la-classe-politique-salue-la-decision-de-faire-entrer-manouchian-au-pantheon-20230618  Le Figaro vom 18.6.2023