Im ersten Blog-Beitrag zur Corrèze ging es um die allgegenwärtige Erinnerung an die Zeit von 1940-1944, also die Zeit zwischen der französischen Niederlage von 1940 und der Befreiung von 1944. Die Corrèze hat damals als ein Zentrum der Résistance auch bezogen auf den nationalen Rahmen Frankreichs eine ganz herausragende Rolle gespielt.
Es wäre aber bedauerlich, die Corrèze nur aus diesem begrenzten Blickwinkel zu sehen, ist sie doch eine äußerst interessante, vielfältige und reizvolle Gegend. Das soll anhand einiger Fotos wenigstens ansatzweise gezeigt werden. Und vielleicht macht das auch Lust und weckt die Neugierde, dieses Gebiet etwas zu erkunden, das zwar nicht zu den ersten touristischen Destinationen Frankreichs gehört, dessen Besuch sich aber unbedingt lohnt.
Bei der Vorstellung der Corrèze möchte ich mich auf zwei unterschiedliche Landschaften konzentrieren, die wir besonders schön finden : Die Dordogne im Süden des Départements und das Hügelland Millevaches im Nordosten. Nicht, dass es auch andernorts in der Corrèze schöne Orte und Landschaften gäbe, aber es ist ja hier nicht darum, nach dem Motto: „Alles über die Corrèze“ einen Reiseführer zu ersetzen.
Das Plateau des Millevaches und die Monédières
Das Millevaches-Plateau liegt im Zentrum der Corrèze. Der Name hat nichts mit „vaches“, also Kühen zu tun, sondern mit dem okzitanischen „vacca“, also Quellen. Und die gibt es dort reichlich. Zum Beispiel die Quelle der Vienne….
…. und die Quelle der Vézère. Ideale Ziele für schöne Wanderungen.
Auf der Hochebene….
weiden Schafe…
… aber auch die berühmten Limousin-Rinder….
die nicht in Fleischfabriken produziert, sondern in freier Natur leben. Und der Nachwuchs ist, entsprechend dem schönen Marketing-Slogan, „élevé sous sa mère“ – wächst also unter bzw zusammen mit der Mutter auf.
Das Fleisch ist dann auch entsprechend schmackhaft.
In den weiter südlich gelegenen Monédières gibt es wunderschöne Hochmoore, schöne Wälder, die charakteristischen Granit-Findlinge und viel Heidekraut. Auch ein Wanderparadies.
Bekannt sind die Monédières auch für ihre Heidelbeeren
An ganz vielen Stellen des plateau de Millesvaches und der Monédière findet man am Wegesrand, manchmal auch mitten im Wald Kreuze aus Granit. Zeichen der traditionellen Frömmigkeit der Menschen dieser Gegenden.
In der ganzen Corrèze hat man insgesamt 174 solcher Kreuze gezählt.
Hier abgebildet sind das Croix du Pey und das Croix de Combe-Longue (Lestards)
In den kleinen Orten der GeCgend findet man auch ganz viele mittelalterliche Kirchen- immer aus dem heimischen Granit errichtet und immer mit der für die ganze Corrrèze typischen Turmform – einer vor den Eingang gesetzten Scheibe mit meist zwei oder drei Bogenöffnungen oben für die Glocken und oft einem sehr kunstvoll verzierten Portal.
Kapitell in der Kirche in Meymac
Hölle, Himmel und Heil waren hier immer präsent: Durch diese Gegend führten früher Pilgerwege nach Santiago de Compostella hindurch,wie die in eine Hauswand in St Merd eingebaute Muschel zeigt. Vermutlich handelt es sich um ein Fragment aus einer Pilgerkirche: eine der vielen Entdeckungen, die man in dieser Gegend machen kann.
Am Südhang des Plateau de Millevaches, in Sarran, gibt es noch eine besondere Attraktion, das Musée Jacques Chirac. Chirac war lange Jahre Bürgermeister von Paris, dann auch Staatspräsident, aber er war und blieb immer ein Mann der Corrèze. Seine Frau Bernadette ist übrigens noch bis heute lokalpolitisch (und darüber hinaus) engagiert.
Natürlich wird da auch reichlich Personenkult betrieben, aber der Besuch des Museums lohnt sich auf jeden Fall. Vor allem wegen der Ausstellung von Geschenken, die Chirac bei seinen Staatsbesuchen erhielt. Gezeigt wird eine kleine globale Auswahl: Manches Schöne und Kostbare, viel Kurioses.
Diejenigen, die diese Geschenke überreicht haben, möchten ihre Länder ja in einer ganz spezifischen Weise repräsentieren. Dieser Blickwinkel macht die Ausstellung zusätzlich interessant. Bei unserem Besuch war Deutschland leider nicht mit einem Staatsgeschenk vertreten. Interessant wäre aber bestimmt, einmal zu sehen, welche Staatsgeschenke die deutsche Seite gemacht hat und wie sich das im Laufe der Jahre –und im Wechsel der politischen Repräsentanten- vielleicht verändert…
Die Dordogne zwischen dem Pont du Chambon und Beaulieu
Der Abschnitt der Dordogne zwischen dem Pont du Chambon und Beaulieu, der die südliche Grenze der Corrèze markiert, ist sicherlich nicht so spektakulär wie der stromabwärts anschließende im Périgord. Aber er ist sehr abwechslungsreich und in vielfacher Hinsicht attraktiv . Bis Argentat ist die Dordogne eingezwängt in eine Schlucht, die Georges de la Dordogne, an deren unzugänglichen Abhängen sich im 2. Weltkrieg Widerstandskämpfer einen Unterschlupf gesucht hatten. (siehe Teil 1). Es gibt dort aber auch schöne Spazierwege durch Eichen- und Esskastanienwälder.
Die Esskastanien wurden gesammelt, in speziellen Hütten getrocknet, so dass man daraus Mehl herstellen konnte: in einer Gegend ohne Getreideanbau eine wenn auch mühsame Alternative.
Dach einer alten Trockenhütte für Esskastanien an den Abhängen der Dordogne. Die Schieferabdeckung ist typisch für die gesamte Corrèze.
Bei diesen Spaziergängen hat man oft wunderbare Ausblicke auf die Dordogne, z.B. vom „fauteuil de dieu“ aus.[1]
Früher war die Dordogne hier ein ganz gefährlicher Fluss, der nur schwer für Schiffe passierbar war. Heute ist er durch mehrere Dämme gestaut und gezähmt, so dass er sich manchmal geradezu wie ein ruhiger See ausmacht.
Ab Argentat weitet sich das Tal der Dordogne aus. Hier gab es einmal den wichtigsten Hafen an der Dordogne.
Vor allem das für den Weinanbau und die Fassproduktion wichtige Eichen- und Kastanienholz wurden hier gesammelt und auf eigens dafür gebauten Schiffen mit geringem Tiefgang verladen. Das waren die sogenannten „gabares“. Am Ankunftsort Libourne (vor Bordeaux) wurden sie zerlegt, das Holz verkauft und die Schiffer wanderten die Dordogne hoch zurück nach Argentat, um eine neue Ladung zu übernehmen.
Blicke von der Brücke von Argentat
Ein Fischer und ein Badender in der Dordogne zwischen Argentat und Beaulieu
In Beaulieu gibt es einen malerischen Badeplatz an der Büßerkapelle. Hier ist das Wasser etwas angestaut, sodass man in der Dordogne auch schwimmen kann. Das Wasser ist allerdings auch im Hochsommer ziemlich frisch….
Unbedingt ansehen sollte man sich in Beaulieu die Abteikirche Saint-Pierre. Das Südportal ist „ein Meisterwerk romanischer Skulptur“. Besonders ins Auge fallen die zu Füßen Jesu dargestellten Kräfte des Bösen, das siebenköpfige Ungeheuer aus der Apokalypse und diverse menschenverschlingende Monster.
Im nördllchen Querschiff ist der Kirchenschatz ausgestellt, darunter ein emaillierter Reliquienschrein, eine Madonna mit Kind und diverse Reliquienbehälter.
Etwa nordwestlich von Beaulieu liegt das zu den schönsten Dörfern Frankreichs zählende Curemonte. Es liegt malerisch auf einem Hügel- wenn man vom Tal aus den Ort erreicht und die Straße noch etwas weiter hoch fährt, erreicht man einen Platz mit Park- und Picknickmöglichkeit, von dem aus man einen schönen Blick auf den Ort hat. Auffällig sind die beiden direkt nebeneinanderliegenden burgartigen Schlösser Saint-Hilaire und de Plas.
Die Schriftstellerin Colette hat 1940 – im Jahr der Niederlage in den beiden –damals halb verfallenen- Burgen gewohnt, die ihrer Tochter Colette de Jouvenel gehörten. Sie hat darüber in ihrem Tagebuch berichtet:
„Danger…. Défense de visiter les ruines, défense de laisser les enfants jouer au pied des ruines. Mais libre à nous, qui habitons au sein du chaos, de cueillir la grande marguerite et la mauve dans la salle des gardes, tendre une ficelle dans un appartement d’honneur et y mettre le linge à sécher, quand il ne pleut pas. Tout les poutres des planchers sont tombées.Là gît notre dépôt de bois de chauffage, qui durera plus longtemps que la paix elle-même. … Quel motif amena les seigneurs de Plas et ceux de Saint-Hilaire, environ au XVe siècle, à construire si proches l’un de l’autre leurs deux châteaux que sépare, dans un étroit enclos au sommet du village, un espace de six ou sept mètres?
Saint Hilaire commença, Plas le suivit. Celui-ci aima le cylindre, et celui-là le cube. Nous ne savons rien sur eux et avons bien autre chose en tête, car la radio est muette, sourd le télégraphe, nous n’avons pas de beurre depuis trois semaines, ni de journal, ni d’essence“[2]
Die wunderbare Veränderung der Grange von Marcillac-la-Croisille
Dass wir das Plateau de Millevaches und die Dordogne für die Vorstellung der Corrèze ausgewählt haben, hängt vor allem damit zusammen, dass sie für uns gut und schnell zugänglich sind, wenn wir in der Corrèze sind. Da wohnen wir nämlich in Marcillac-la-Croisille bei unserer Freundin Marie-Christine, und zwar in der inzwischen ausgebauten Scheune, die gelegentlich der Resistance als Versteck diente.
Jetzt ist dort eine sehr geschmackvolle kleine Wohnung eingerichtet, die es Marie-Christine gelegentlich erlaubt einen Wohnungstausch zu machen. [3]
Marcillac ist ein kleiner sympathischer Ort, es gibt noch die notwendigen Geschäfte (Bäcker, Metzger, eine épicerie, einen Tabac –Laden, wo man Zeitungen bekommt) und einen Wochenmarkt, wo es aus einem großen Kupferkessel frisch zubereiteten Aligot gibt. Das ist eine Art Kartoffelpüree, das mit Tomme-Käse verrührt wird. Das Gericht wurde von Priestern entwickelt, die damit die Pilger auf dem Jacobsweg durch das Zentralmassiv verköstigten. Absolut lecker. Dazu am besten die schön gewürzte Wurst „chipolata aux herbes“ des Metzgers von Marcillac.
Und einer der größten Pluspunkt des Ortes: Es gibt einen großen Stausee, in dem man -om diesem Jahr bei angenehmen Wassertemperaturen bis in den September hinein- wunderbar schwimmen kann. Ein idealer Ausgangspunkt zur Erkundung der Corrèze. Es lohnt sich!
[1] Vorschläge für Spaziergänge mit entsprechendem Kartenmaterial gibt es im Tourismus-Büro von Marcillac
[2] Colette, Journal à rebours. Zit. In: Claude Latta, Le guide de la Corrèze. Lyon 1988, S.264
[3] Wer Interesse hat, kann sich direkt mit Marie-Christine in Verbindung setzen: mchs@orange.fr